Green Deal/Fit for 55: Neue Vorschläge für den Wasserstoffmarkt
Die Europäische Kommission veröffentlichte am 15. Dezember 2021 im Rahmen der Ausgestaltung des Green Deals neue Vorschläge unter anderem für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft.
Das sog. Gaspaket ist Teil des zweiten Vorschlagspakets des im Rahmen des Green Deals vorgestellten „Fit for 55“-Legislativpakets (RGC berichtete zum ersten Teil hier). Dieser zweite Teil beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Themengebieten Gas und Gebäude und mit der Frage, wie das Ziel der Reduzierung der Treibhausgase um 55 % bis 2030 auch unter Berücksichtigung dieser Bereiche erreicht werden kann.
Das neue Gaspaket verfolgt unter anderem das Ziel, die Nutzung erneuerbarer und CO2-armer Gase wie Wasserstoff zu erleichtern und so den Gasmarkt in der EU zu dekarbonisieren. Dafür sollen vor allem fossiles Erdgas durch Wasserstoff und andere erneuerbare, kohlenstoffarme Gase ersetzt werden. Zu diesem Zweck sollen die bestehenden Gasmarkt-Vorschriften, die bisher die Nutzung von Erdgas fokussierten, neugestaltet werden und nun auch erneuerbare und CO2-arme Gase wie Wasserstoff abdecken. Im Entwurfsstadium und bislang lediglich in englischer Sprache wurden Neufassungen einer Verordnung und einer Richtlinie vorgelegt, beide betreffend die Gasmärkte und Wasserstoff.
Die vorgelegten Dokumente umfassen mit Blick auf den Wasserstoffmarkt unter anderem folgende Vorschläge:
- Fossiles Erdgas soll schrittweise abgeschafft werden. Dabei sieht die Kommission im Brennstoff Erdgas allerdings zunächst noch eine Übergangsrolle und legt gleichzeitig eine Obergrenze für langfristige Gasverträge fest, um eine Bindung an den fossilen Träger zu verhindern: Nach dem Vorschlag der Kommission soll eine Verlängerung von Gasverträgen über das Jahr 2049 hinaus nicht möglich sein.
- Zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen und der Vermeidung der Verlagerung von CO2-Emissionen (sog. Carbon Leakage) werden Zertifizierungsvorschriften für erneuerbare, kohlenstoffarme Gase einschließlich Wasserstoff und deren Derivate vorgeschlagen. Die Zertifizierungsvorschriften sollen für importierte als auch für einheimische Erzeugnisse gelten.
- Einspeisetarife haben sich bislang als erhebliches Hindernis für die Einspeisung erneuerbarer und CO2-armer Gase in das System gezeigt. Die EU-Kommission schlägt daher vor, Nachlässe in Höhe von 75% auf diese Einspeisetarife zu gewähren und grenzüberschreitende Tarife für erneuerbare und CO2-arme Gase abzuschaffen. So soll der Eintritt von Wasserstoff und anderen erneuerbaren, CO2-armen Gasen in das Gasnetz erleichtert werden.
- Für den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur sehen die Entwürfe unter anderem vor, dass bestehende Erdgasnetze teilweise für den Wasserstofftransport umgewidmet werden. Hierdurch sollen die Kosten, die neue Infrastrukturen mit sich bringen würden, eingespart werden.
- Vorgesehen ist zudem eine Entflechtung: Die Wasserstofferzeugung auf der einen und Transporttätigkeiten auf der anderen Seite sollen getrennt werden.
- Das Gaspaket legt einen Fokus auf den Schutz und die Stärkung der Rechte der Endverbrauchenden. Diese sollen niedrigschwellig ihren Versorger wechseln und zudem Preise wirksam und unkompliziert vergleichen können. Außerdem sollen sie eine transparente und faire Abrechnung und einen besseren Zugang zu Daten und intelligenten Technologien erhalten. All diese Mechanismen sollen dazu führen, dass die Endverbrauchenden eine informierte Entscheidung hinsichtlich der Wahl ihres Versorgers treffen können. Es soll eine Angleichung der Rechte und Bestimmungen für den Endkundenmarkt an die Anforderungen im Strommarkt erfolgen.
- Darüber hinaus sieht das Gaspaket vor, dass ein europäisches Netz der Wasserstoffnetzbetreiber eingerichtet werden soll (European Network of Network Operators for Hydrogen, ENNOH). Dieses soll insbesondere den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur sowie den Bau von Verbindungsleitungen fördern.
- Überdies enthalten die Entwürfe Vorschriften zur Resilienz des Gassystems, zum Handel mit Drittländern, zu Berichterstattungspflichten von Gasnetzbetreibern und zu nationalen Netzentwicklungsplänen, die auf einem gemeinsamen Szenario für Strom, Gas und Wasserstoff beruhen sollen.
Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
Sandra Horn