Energierecht bezeichnet ein Rechtsgebiet, das unter anderem das Regulierungsrecht, das Energiewirtschaftsrecht sowie das Energieumweltrecht bzw. das Recht der erneuerbaren Energien umfasst. Alle Bereiche des Energierechts unterliegen einem ständigen Wandel, angetrieben durch Entwicklungen im EU-Energierecht, technische Innovationen und nicht zuletzt die mittlerweile alle Bereiche des Energierechts beeinflussende Digitalisierung. Damit besitzt das Energierecht mittlerweile auch vielfache Bezüge zum IT-Recht und zum Datenschutzrecht.

2-Stufen-Modell mit höchst idealistischen Zielsetzungen und Voraussetzungen sowie ungeklärter Finanzierung!

Wirtschaftsminister Habeck hat am Freitag das erwartete Arbeitspapier für einen Industriestrompreis vorgelegt, das hier heruntergeladen werden kann. Das Papier soll als Grundlage für einen Austausch etwa mit dem Bündnis Zukunft Industrie, den Energie- und Wirtschaftsministerien der Länder und Parlamentsvertretern dienen.

Die Intention des Industriestrompreises ist uneingeschränkt zu befürworten: „Energieintensive Unternehmen in Deutschland sollen dauerhaft, aber auch in mittlerer Frist in unserem Land wettbewerbsfähig bleiben.“

Dies soll in einem 2-Stufen-Modell erreicht werden, und zwar über einen mittelfristigen Brückenstrompreis (begrenzt bis 2030) und einen langfristigen Transformationsstrompreis.

Einige Fakten zum Brückenstrompreis:

  • Begünstigte = Energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, und neue energieintensive Transformationsindustrie
  • Antragsverfahren = Nutzung der erprobten Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR)
  • Höhe/Erstattung =  Erstattung des Strommehrpreises > 6 ct/kWh
  • Menge = 80 % des Verbrauchs (Ziel: Sparanreiz)
  • Finanzierung = 25 bis 30 Mrd. Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (bereits ausdrücklich abgelehnt aus dem Bundesfinanzministerium)
  • Voraussetzungen: Transformationsverpflichtung (klimaneutral bis 2045), Tariftreue und Standortgarantie

Einige Fakten zum Transformationsstrompreis:

  • Ziel: Wettbewerbsfähiger erneuerbarer Industriestrompreis in Nähe der Gestehungskosten
  • Erneuerbare Energien (EE): Weitere Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus von EE mit Kapitalkostenreduzierung durch Staatsbürgschaften und Zinsverbilligungen
  • Förderung: EE-Anlagen, zuerst Off-Shore-Wind, dann On-Shore-Wind und PV, über Contracts for Difference (CfD)
  • Grünstrombezug: Industrie schließt PPAs mit EE-Anlagenbetreiber und Staatsbürgschaften sowie ggf. mit Haftungsfreistellung von kreditgebenden Banken ab
  • Mittelstand: Zugang zu PPAs soll verbessert werden
  • Netzentgelte: Reduzierung bei Grünstrombezug aus räumlicher Nähe

Eines ist sicher: Das Arbeitspapier wird die Diskussionen um einen Industriestrompreis befeuern. Leider enthält das Papier wenig tatsächlich greifbare oder konkretisierte Inhalte. Wir hätten uns gerade nach den Erfahrungen mit der schlussendlich (nach lautem Tamtam) abgesagten Gasspeicherumlage, den gesetzestechnisch missglückten Preisbremsen und der nicht abreißenden Auseinandersetzungen um die Ölheizungen eine andere Grundlage für die Befassung mit dem wichtigen Thema eines Industriestrompreises gewünscht. Strategisch besser wäre es auch, den skeptischen bis ablehnenden Bundesfinanzminister von vornherein mit einzubeziehen. Ein gemeinsames Arbeitspapier wäre ein erfreuliches Signal für den Industriestandort Deutschland gewesen!

Möchte man einzelne Punkte aus dem Arbeitspapier kritisieren, dann müssen die realitätsfremden Voraussetzungen insb. der Tariftreue und Standortgarantien, die ungenügende Berücksichtgung des Mittelstandes beim Brückenstrompreis sowie das unüberschaubare Risiko für den Staatshaushalt und die ungeklärte Finanzierung genannt werden.

Und sollte der Industriestrompreis in der angedachten Weise kommen, bleibt vom Wettbewerb auf dem Strommarkt nicht mehr viel übrig. Wir springen in eine weitgehende Regulierung. Aber dieses politische/gesetzgeberische Mittel scheint in Berlin ja immer populärer zu werden.

Autor: Prof. Dr. Kai Gent

In Folge 12 unseres RGC Klimarecht Podcast spricht Dr. Franziska Lietz mit Rechtsanwalt und Strafverteidiger Marco Succu über die Zusammenhänge von Strafrecht und Klima, aktuelle Fälle und hieß diskutierte Fragen.

Klimaprotest und Klimanotstand, genervte Autofahrer und Notwehr, kreisende Flugzeuge und besetzte Landebahn, Rechtfertigung, Green Washing, eine Menge Abkürzungen wie StGB, LkSG, HGB, CSRD, SFS, SDG, Fachbegriffe wie objektive Zurechenbarkeit, Erfolgsort und Ökozid, wie lässt sich ein Klimastrafrecht dogmatisch begründen und sind Strafverteidiger wirklich die Grobmotoriker und Cowboys des Rechts? Diese Folge ist ein bunter Mix aus spannenden Fragen rund um Strafrecht und Klima.

Hier reinhören auf Spotify: 

https://open.spotify.com/episode/6tsX5JoZfSGH97jIjwUHCb

Auf Apple Podcasts: 

https://podcasts.apple.com/de/podcast/klima-kleber-und-kausalit%C3%A4t-klimathemen-im-strafrecht/id1642467134?i=1000611419127

Oder hören und sehen auf Youtube:

https://youtu.be/HriC6gPOOgs

Ihr RGC Team 

Wer zukünftig mit PPAs plant, muss mit seinem (Rest-)Stromlieferanten ein neues, modernes Stromlieferkonzept erarbeiten und vertraglich abbilden!

Wir bekommen gerade viele (Rest-)Stromlieferverträge zur Prüfung auf den Tisch. Es handelt sich häufig um klassische Tranchen-Stromlieferträge. Diese sind unverändert für die Unternehmen tauglich, die eine Versorgung von einem Lieferanten anstreben. Ganz anders sieht es jedoch für die Unternehmen aus, die in ihr Versorgungskonzept Grünstromlieferungen über PPAs einbeziehen möchten. Kommen PPAs dazu, bedarf es eines neuen, modernen Stromlieferkonzepts. 

Dies liegt daran, dass bei der Einbindung von PPAs 

  • eine viel höhere Mengen-Flexibilität,
  • bei größeren Restmengen die Möglichkeit zum Einkauf von Börsenstandardprodukten,
  • eine klare Aufgabenverteilung beim Bilanzkreismanagement und den vorzunehmen Erzeugungs- und Verbrauchsprognosen,
  • die Absicherung von gekoppelten Lieferungen von Herkunftsnachweisen,
  • die Option zur Weitervermarktung von PPA-Mengen und Herkunftsnachweisen,
  • die Abwicklung des Redispatch,
  • der Umgang mit und die Abwicklung von Stillständen der PPA-Anlagen z. B. bei negativen Spotmarktpreisen,
  • die Vermarktung von Überschussmengen,
  • die Einbindung von Direktvermarktern (entweder personenidentisch mit dem (Rest-)Stromlieferanten oder eines dritten Dienstleisters),
  • ganz neue Dienstleistungs- und Abwicklungsentgelte,
  • etc.

zu regeln sind. All diese Dinge bilden die herkömmlichen (Tranchen-)Stromlieferverträge nicht ab. 

Wir empfehlen daher dringend, bei PPA-Plänen nicht nur mit den PPA-Anbietern zu verhandeln, sondern von vornherein den aktuellen oder zukünftigen (Rest-)Stromlieferanten in die Planungen mit einzubeziehen. Problematisch ist dabei, dass nach unserer Erfahrung die meisten (Rest-)Stromlieferanten auf die neuen Anforderungen einer Belieferung mit PPAs nicht vorbereitet sind. Es gibt kaum ausgearbeitete, den Bedürfnissen von PPA-Industriebezügen genügende Musterverträge. Diese müssen erst gemeinsam erarbeitet werden. In unserer umfangreichen PPA-Beratungspraxis hat sich gezeigt, dass hierfür ein Workshop mit dem (Rest-)Stromlieferanten am zielführendsten ist.

Autoren: Prof. Dr. Kai Gent
                Yvonne Hanke
                Aletta Gerst

Die Änderungen der Preisbremsengesetze (StromPBG / EWPBG) sind am 27. April 2023 in Kraft getreten.

Die Ende März im Bundestag beschlossenen Änderungen der Preisbremsengesetze betreffend die Übertragung der Aufgaben der Prüfbehörden und die Anpassung etwaiger Fristen (RGC berichtete) sind am 27. April 2023 in Kraft getreten. Im Wesentlichen:

  • Aufgaben der Prüfbehörde können ab sofort im Wege der sog. Beleihung auf eine oder mehrere juristische Personen des Privatrechts übertragen werden.
  • Die Frist zur Übermittlung der Unterlagen betreffend die Arbeitsplatzerhaltungspflicht wird vom 15. Juli 2023 auf den 31. Juli 2023 verlängert (betrifft Unternehmen, die aus den Preisbremen eine Entlastung von mehr als 2 Mio. € erhalten).

    Die Frist zur Übermittlung der Erklärung, dass keine Förderung über 25 Mio. € in Anspruch genommen wird, wird vom 31. März 2023 auf den 31. Juli 2023 verlängert – diese Frist für ein gesetzliches Opt-Out ist relevant für Unternehmen, die eine Entlastungssumme von mehr als 25 Mio. € erwarten, aber nicht von den Einschränkungen betreffend Boni und Dividenden getroffen werden möchten.

Autorinnen: Sandra Horn
                       Yvonne Hanke
                       Jacqueline Rothkopf

Am 19.04.2023 hat das Bundeskabinett die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mit einem ersten Entwurf beschlossen und will damit den Umstieg auf das Heizen mit Erneuerbaren Energien einleiten.

Kernpunkt, der zwischen den Regierungsparteien umstrittenen Neuregelungen ist, dass ab dem kommenden Jahr alle neu eingebauten Heizungen (gleich ob in Neu- oder Bestandsgebäuden) zu mindestens 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. So soll im Gebäudebereich die Wärmewende beschleunigt, der Umstieg auf die Erneuerbaren Energien beim Heizen und der Warmwasserbereitung schrittweise vollzogen und im Massemarkt ein Modernisierungsanreiz gesetzt werden – bis dann spätestens ab 2045 keine Heizungen mehr mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.

Unternehmen werden von den Gesetzesänderungen vor allem als Gebäudeeigentümer betroffen sein – genauso wie Bürgerinnen und Bürger und die öffentliche Verwaltung, da die Vorgaben für den Einbau oder das Aufstellen von neuen Heizungsanlagen für alle gelten sollen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anwendung des neuen Rechts wird bei Neubauten der Zeitpunkt der Bauantragstellung sein.

Der Gesetzesentwurf enthält eine Fülle von komplizierten Übergangsfristen und Übergangslösungen sowie Härtefallregelungen, von Regelungen zur „Heizungshavarie“ bis zur Ausnahme von einer Umrüstpflicht bei einem absehbaren Anschluss an ein Wärmenetz. Die im Vorfeld des Gesetzesvorhabens geäußerte massive Kritik, die Bundesregierung wolle künftig nur den Einbau von Wärmepumpen ermöglichen, soll mit einem Katalog von weiteren Erfüllungsoptionen beendet werden. Es ist geplant, die Einhaltung des Erneuerbaren-Anteil technologieoffen zu gestalten und neben elektrisch betriebenen Wärmepumpen und dem Anschluss an ein Wärmenetz, könnten u.a. auch solarthermische Anlagen, Hybridheizungen und „H2-Ready“ Gasheizungen eingebaut werden. Es soll zudem zulässig sein, einen rechnerischen Nachweis der Erfüllung zu erbringen.

Auf Unternehmen, die Eigentümer von Nichtwohngebäuden mit Heizungs- und Klimaanlagen oder kombinierten Klima- und Lüftungsanlagen ab einer Nennleistung von 290 kW sind, kommt Aufwand zu mit neuen Regelungen zur „Gebäudeautomation“ (§ 71a GEG-E). Es sind die Ausstattung mit digitaler Energieüberwachungstechnik und mit Systemen für die Gebäudeautomatisierung vorgesehen, zudem sollen Gebäude-Energiemanager benannt werden. 

Zur Abfederung der auf die Gebäudeeigentümer zukommenden Investitionskosten ist eine Anpassung der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) geplant. Bürgerinnen und Bürger sollen eine neue Grundförderung und weitere Zuschüsse (Klimaboni) erhalten können. Diese Förderung ist aber nur für Wohngebäude vorgesehen. Für Nichtwohngebäude soll es bei den bestehenden Fördermöglichkeiten bleiben, d.h. die Programme für Unternehmen als Kredit mit Tilgungszuschuss oder als BAFA-Zuschuss bei Einzelmaßnahmen.

Geplant ist, die Novelle des GEG noch vor der Sommerpause vom Bundestag und Bundesrat zu verabschieden. Angesichts der vielen kritischen Stimmen zu diesem ersten Entwurf des neuen GEG, ist mit weiteren Anpassungen zu rechnen. Wir halten Sie dazu weiter auf dem Laufenden.

Autorin: Aletta Gerst

Fünf Schüler waren am 27.04.2023 in der Anwaltskanzlei bei Ritter Gent Collegen und bekamen einen Einblick in das Berufsleben eines Anwalts aus dem Themengebiet Energierecht.

Die Schüler waren bei einer Videokonferenz dabei und bekamen so Einblicke in den Alltag eines Energieanwalts. Im Anschluss gab es Erklärungen zu Erneuerbaren Energien, insbesondere Wasserstoff.


Außerdem bekamen sie Infos zur Studienzeit der Anwälte und lernten danach etwas zu fossilen Brennstoffen. Zum Schluss eines spaßigen und Informationsreichen Tags gab es noch Pizza.

Vielen Dank an die Kanzlei für die vielen Einblicke.

Kjell, Jonathan, Jakob, Theo und Moritz

Beim Mieterstrom waren bislang vielfach teure und komplizierte Messkonzepte ein wesentliches Hemmnis. Jetzt wurde eine Änderung des MsbG auf den Weg gebracht, die Vereinfachungen bringen soll.

Die Lieferung von Mieterstrom, gleich ob als EEG-geförderter und oder geförderter Mieterstrom, sollte die Wohnungswirtschaft mehr in die Erreichung der Energiewende-Ziele involvieren. Trotz verschiedener Versuche, Mieterstrom attraktiver zu machen, wie bspw. die Erhöhung der Förderung und den Degressionsstopp im EEG 2023, wird das Konzept in Deutschland bislang noch nicht sehr oft umgesetzt.

Mit der Novelle des MsbG, die am 20.4.23 vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde, aber noch den Bundesrat passieren muss, ergeben sich künftig Erleichterungen für das erforderliche Messkonzept bei Mehrparteienliegenschaften mit eigener Stromerzeugung, (teilweisem) Verbrauch sowie ggf. Überschusseinspeisung.

In diesen Fällen ging man bislang davon aus (Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel), dass eine korrekte Messung und Abrechnung der vor Ort verbrauchten und in das Netz eingespeisten Elektrizität durch einen physischen Summenzähler am Netzverknüpfungspunkt erfolgen musste. Grundsätzlich kann es aber sehr teuer werden, derartige Messeinrichtungen für jeden Verbraucher/jede Wohnung in großer Zahl anzuschaffen.

Mit der Neuregelung in § 20 Abs. 1d S. 3 i.V.m. § 34 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 und § 60 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 MsbG schafft der Gesetzgeber nun die Möglichkeit, anstelle eines solchen physischen Summenzählers einen so genannten virtuellen Summenzähler (oft auch als virtueller Zählpunkt bezeichnet) über intelligente Messsysteme zu bilden. In den Neuregelungen wird zu diesem Zweck der virtuelle Summenzähler dem bisherigen Summenzähler gleichgestellt. Dies gilt allerdings nur unter der Bedingung, dass intelligente Messsysteme vorhanden sind. Die Zählpunkte müssten zudem stets hinter demselben Netzanschlusspunkt liegen, also über eine sogenannte galvanische Verbindung verfügen. Das MsbG soll künftig außerdem regeln, dass die Anschlussnehmer und Anlagenbetreiber dies vom Messstellenbetreiber binnen einer Frist von vier Monaten verlangen können. Das MsbG regelt außerdem zusätzliche Anforderungen an den Datenaustausch für diesen Fall.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

Die Diskussion in der Ampelkoalition um das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) zeigt sich lebhaft. Nachdem Ende März im Koalitionsausschluss die Novellierung des KSG beschlossen wurde, wollen die Grünen diese unter Umständen im Bundestag blockieren.

Mit dem KSG wurden ambitionierte Klimaschutzziele gesetzlich festgeschrieben und klare Einsparziele für die kommenden Jahre für die einzelnen Sektoren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft, Verkehr, Abfallwirtschaft) vereinbart. Gerade die Emissionsbudgets der einzelnen Wirtschaftssektoren sollten für eine genaue Zuordnung der Verantwortlichkeiten zur Treibhausgasminderung in Deutschland sorgen.

Das Umweltbundesamt veröffentlich dafür jedes Jahr die Entwicklung der Treibhausgasemissionen für die jeweiligen Sektoren. Für 2022 zeigt sich: während die Industrie die im Klimaschutzgesetz festgelegte Höchstmenge unterschritten hat, lagen insbesondere zwei Sektoren deutlich über der Höchstmenge der Jahresemissionen. Der Sektor Gebäude verursachte 14 Mio. Tonnen Co²-Äquivalente mehr, als für die Jahresemissionsmenge 2022 nach dem KSG zulässig ist. Bei dem Sektor Verkehr waren es rund 9 Mio. Tonnen Co²-Äquivalente.

Das aktuelle KSG sieht eindeutige Konsequenzen für eine solche Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge vor. Das jeweils für den Sektor zuständige Bundesministerium muss ein Klimaschutz-Sofortprogramm vorlegen, um die Einhaltung der Werte für die Folgejahre sicherzustellen.

Dieser Mechanismus könnte mit der Novellierung des KSG nun abgeschwächt bis ausgehebelt werden. Der Beschluss des Koalitionsausschlusses tendiert dazu, die bisherige Einzelbetrachtung der Sektoren zu einer Gesamtbilanzierung zu ändern. Damit könnten die Zielverfehlungen in einzelnen Sektoren durch die Übererfüllung in anderen Sektoren ausgeglichen werden. Die Konsequenz des Sofortprogramms für einzelne Sektoren entfällt damit. Stattdessen ist von einer aggregierten Betrachtung aller Sektoren in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Rede, mit der eine Gesamtverantwortung aller Sektoren entstehen würde.

Diese Änderung dürfte im Interesse gerade der Sektoren liegen, denen mit Überschreitung der zulässigen Höchstmenge der Jahresemissionen ein Sofortprogramm droht. Insbesondere die Grünen werfen Kritik an diesen geplanten Änderungen auf. Neben der Frage, wie klimaschutzfördernd die Änderung am „Druckmittel“ Sofortprogramm ist, stellt sich die Frage, wie das Bundesverfassungsgericht eine solche Änderung bewerten würde, hat es doch mit seinem Klimaschutzbeschluss 2021 deutlich gemacht, dass unzureichende Vorgaben der Co² Reduktion verfassungswidrig sein können.

Wie die Änderungen im KSG genau aussehen werden, steht allerdings noch nicht fest. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen gern hier auf dem Laufenden.

Autorin: Jacqueline Rothkopf

Die Bundesregierung hat einen neuen Entwurf einer Änderungsnovelle für die Energiepreisbremsengesetze (StromPBG und EWPBG) verabschiedet. Der Entwurf sieht vor allem Änderungen im Bereich der Gewährung von Boni und Dividenden, der Arbeitsplatzerhaltungspflicht und dem Verfahren zur Feststellung der Höchstgrenzen vor. Daneben ist die Einführung eines Korrekturmechanismus bei atypischen Minderverbräuchen in 2021 – aufgrund der Corona-Pandemie oder der Flutkatastrophe – geplant.

Nachdem das erste Änderungsgesetz, das Ende März Bundestag und Bundesrat passiert hat, neben kleineren Änderungen wie Fristanpassungen lediglich bestimmt, dass die Aufgaben der Prüfbehörde auf eine juristische Person des Privatrechts übertragen werden können (RGC berichtete hier), stehen nun weitergehende Änderungen auf dem Plan der Bundesregierung.

Die Änderungsnovelle sieht neben redaktionellen Korrekturen insbesondere Anpassungen und Ergänzungen hinsichtlich folgender Punkte vor:

Anspruchsberechtigung „großer“ SLP-Gasentnahmestellen:

Als „große“ Erdgas-Letztverbraucher sollen (vorbehaltlicher etwaiger verbrauchsunabhängiger Sonderzuweisungen) Entnahmestellen gelten, die einen Jahresverbrauch von mehr als 1,5 GWh haben – unabhängig davon, ob es sich um eine RLM- oder SLP-Entnahmestelle handelt. Bislang bezog sich der entsprechende § 6 EWPBG nach seinem Wortlaut lediglich auf Entnahmestellen mit registrierender Leistungsmessung, sodass Entnahmestellen mit einem Standardlastprofil auch bei einem Verbrauch über 1,5 GWh nicht erfasst waren. Dieses Versehen will der Gesetzgeber nun reparieren.


Boni und Dividenden:

Es soll klargestellt werden, dass sich das Verbot zur Auszahlung von Boni und Dividenden ab einer Entlastungssumme von 50 Mio. € lediglich auf Boni und Dividenden für das Kalenderjahr 2023 bezieht. Das bedeutet: Für vorhergehende Kalenderjahre gewährte, vor dem 1. Dezember 2022 vereinbarte und nur in 2023 – z.B. für das Kalenderjahr 2022 – zur Auszahlung anstehende Boni und Dividenden sind nicht betroffen.

Als „Unternehmen“ im Sinne der Boni- und Dividendenregelung sollen auch verbundene Unternehmen gelten. Übersteigt die im Konzern erhaltene Entlastungssumme 25 Mio. € bzw. 50 Mio. €, so soll die Einschränkung also bereits greifen.


Korrekturmechanismus bei Minderverbräuchen infolge der Flutkatastrophe oder der Corona-Pandemie:

Für bestimmte Strom- und Gasletztverbraucher sowie Wärmekunden wird ein neuer Teil 3a (EWPBG) bzw. 2a (StromPBG) mit dem Titel „Entlastung für atypische Minderverbräuche“ vorgeschlagen:

Letztverbraucher, die im Jahr 2021 stark von der Corona-Pandemie oder der Flutkatastrophe betroffen waren und hierdurch in 2021 Verbräuche hatten, die 50 Prozent geringer waren als im Kalenderjahr 2019, können unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung eines zusätzlichen Entlastungsbetrages beantragen. Dies gilt jedoch nur, wenn im Verbund die absolute Höchstgrenze von 2 Mio. € inkl. des zusätzlichen Entlastungsbetrages nicht überschritten wird.

Die Beantragung des zusätzlichen Entlastungsbetrages soll zwischen dem 1. September 2023 und dem 30. September 2023 bei der Prüfbehörde möglich sein.

Höchstgrenzen:

Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die absolute oder relative Höchstgrenze im Unternehmen oder Unternehmensverbund überschritten wurde, so kann die Prüfbehörde auch ohne Antrag ein Verfahren zur Feststellung der einschlägigen Höchstgrenze einleiten und Informationen und Unterlagen anfordern.


Weitere Anpassungen:

  • Es wird klargestellt, wie der Differenzbetrag für die Erdgaspreisbremse bei Spotmarktverträgen (zeitvariable Tarife) zu ermitteln ist. Wie bereits im StromPBG geregelt, soll fortan auch im Rahmen des EWPBG auf den Vormonat abgestellt werden, wenn der Arbeitspreis zum 1. eines Kalendermonats noch nicht feststeht. Sowohl für die Erdgas- als auch für die Strompreisbremse wird gleichzeitig klargestellt, dass in den Fällen, in denen eine Abrechnung erst nach Ablauf des Monats erfolgt, stattdessen auf den gewichteten durchschnittlichen Arbeitspreis des Liefermonats abzustellen ist. Dies ermöglicht eine Entlastung anhand der tatsächlichen Arbeitspreise des abgerechneten Monats und soll Manipulationen vorbeugen.
  • Die Frist zur Mitteilung von in einer KWK-Anlage erzeugten Strom- und Wärmemengen für Dritte (1. März) soll auf den 31. Mai verlängert werden. Wird die Meldung nach Ablauf der Frist abgegeben, so wird diese lediglich für die verbleibenden Monate berücksichtigt; eine Korrektur der Werte der vergangenen Monate findet nicht statt. Zur Erinnerung: Wer die Mengen nicht meldet, läuft Gefahr, dass das gesamte Entlastungskontingent für die KWK-Anlage auf Null reduziert wird.
  • „Kleine“-Stromentnahmestellen (> 30.000 kWh / Jahr), die ausschließlich zum Betrieb von Wärmepumpen oder Stromheizungen genutzt werden, profitieren von einem abweichenden Referenzpreis: Statt 40 ct/kWh soll der Preisdeckel in diesem Fall bei 28 ct/kWh liegen.

Eine Pressemitteilung des BMWK zu dem Vorschlag finden Sie hier. Wir halten Sie über das weitere Gesetzgebungsverfahren wie gewohnt auf dem Laufenden.

Veranstaltungshinweis:

Zu den neuen Erkenntnissen, die sich in den vergangenen Wochen zu den Preisbremsen ergeben haben – insb. durch neue FAQ, neue Verordnungen/Gesetze etc. – sowie zu häufig aufgetretenen Problemfällen veranstalten wir am 26.04.2023 ein „Preisbremsen-Update“. Alle Informationen zu der Veranstaltung finden Sie hier.

Autorinnen: Sandra Horn
                       Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz

ÜNB stellen Berechnungstool zur Verfügung

Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) haben auf ihrer gemeinsamen Internetseite Tools zur monatsweisen Berechnung der Überschusserlöse nach StromPBG zur Verfügung gestellt. Sie ermöglichen Betreibern von Stromerzeugungsanlagen, welche der Überschusserlösabschöpfung unterliegen, erstmals eine Vorab-Ermittlung der Abschöpfungsbeträge im (voraussichtlich) für die Datenmeldung zu verwendenden Format.

Zum Berechnungstool der ÜNB gelangen Sie hier.

Dort findet sich zudem die Ankündigung, dass die ÜNB „ab“ April auf die Anlagenbetreiber zugehen und diese auffordern, sich im jeweiligen ÜNB-Portal zu registrieren bzw. erforderliche Klärungen mit den Verteilnetzbetreibern zu veranlassen. Die Datenmeldungen selbst sollen dagegen voraussichtlich erst ab Juni 2023 möglich sein.

Per Gesetz müssen die Datenmeldungen gegenüber dem regelverantwortlichen ÜNB für den ersten Abschöpfungszeitraum (01.12.2022 – 31.03.2023) bis zum 31. Juli 2023 erfolgt sein, erforderliche Zahlungen an den Anschlussnetzbetreiber bis zum 15. August 2023.

Details des Abschöpfungsprozesses und der für die Abwicklung gegenüber den ÜNB und Anschlussnetzbetreibern maßgeblichen Meldevorgänge, -formvorgaben und -fristen beschreiben die ÜNB auf ihrer gemeinsamen Internetseite hier.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz