Energierecht bezeichnet ein Rechtsgebiet, das unter anderem das Regulierungsrecht, das Energiewirtschaftsrecht sowie das Energieumweltrecht bzw. das Recht der erneuerbaren Energien umfasst. Alle Bereiche des Energierechts unterliegen einem ständigen Wandel, angetrieben durch Entwicklungen im EU-Energierecht, technische Innovationen und nicht zuletzt die mittlerweile alle Bereiche des Energierechts beeinflussende Digitalisierung. Damit besitzt das Energierecht mittlerweile auch vielfache Bezüge zum IT-Recht und zum Datenschutzrecht.

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat in einer Pressemitteilung unter anderem die Einführung von Gasauktionen angekündigt, die ab dem Sommer stattfinden sollen. Worum geht es?

Es gibt derzeit viele aktuelle Entwicklungen zu der Frage, wie knappe Gasmengen im Falle einer Gasmangellage verteilt werden sollen.

Bis zum 16.5.2022 hatte die Bundesnetzagentur eine Datenabfrage bei Industriekunden mit einer Erdgas-Anschlusskapazität ab 10 MW im Hinblick auf eine mögliche Gasmangellage durchgeführt (RGC berichtete). In einem Schreiben vom 17.5.2022 hatte die BNetzA sodann angekündigt, dass diese Daten ab Herbst 2022 in der sog. Sicherheitsplattform Gas auf Grundlage des EnSiG gemanagt werden sollen. Bis dahin seien lediglich pauschale Reduzierungsentscheidungen möglich. Unsere Kritik an diesem Vorgehen war bislang, dass der Start einer solchen Verteilplattform erst im Herbst bei einer früheren Gasmangelsituation zu spät kommen könnte.

In einer Pressemitteilung vom 19.6.2022 hat das BMWK nun weitere Maßnahmen, begründet mit der weiteren Zuspitzung der Gasversorgungssituation, angekündigt. Der Gasverbrauch müsse weiter gesenkt werden, um für den Winter ausreichende Gasspeicherfüllstände zu gewährleisten. Hierzu werden die folgenden Maßnahmen angekündigt:

  • Reduzierung des Gaseinsatzes zur Stromerzeugung / Ersatzkraftwerke-Bereithaltungsgesetz

Der Entwurf eines Ersatzkraftwerke-Bereithaltungsgesetzes, der aktuell im parlamentarischen Verfahren ist, soll es u.a. ermöglichen, den Verbrauch von Gas zur Stromerzeugung zu sanktionieren oder sogar zu verbieten. Stattdessen sollen als Gasersatzreserve auf Abruf Kohlekraftwerke wieder verstärkt zum Einsatz kommen. Diese Gasersatz-Reserve soll befristet bis zum 31.03.2024 eingerichtet werden. Folge hiervon ist letztlich also eine Verzögerung des Kohleausstiegs. Zudem geht das Ministerium davon aus, dass durch die Reaktivierung von Kohlekraftwerken Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt werden.

Angekündigt wurde auch eine parallele Verordnung, mit der die Gasersatzreserve aktiviert werden soll, d.h. die die konkreten Modalitäten der Regulierung bzw. Sanktionierung vorgeben soll. Bislang enthalten die geplanten Regelungen noch keine ausdrückliche Herausnahme von Industrie-Eigenversorgungskraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung, welche wir aber für dringend erforderlich halten, um nicht noch zusätzliche Risiken bezüglich der Versorgungssicherheit für die betroffenen Unternehmen zu erzeugen.

  • Einführung eines Gasauktionsmodells voraussichtlich im Sommer

Es soll ein Gasauktions-Modell an den Start gehen, welches Anreize zur Gaseinsparung für Industrieunternehmen schaffen soll, um das verfügbare Gas dann zum Einspeichern für mögliche Engpässe im Winter zu nutzen. Es sollen also diejenigen Unternehmen, die auf Gas freiwillig verzichten können, hierfür eine auf alle Verbraucher umgelegte Vergütung erhalten können. Dieser Mechanismus soll bereits im Sommer zur Verfügung stehen.

Zur genauen Ausgestaltung dieses Anreizmodells ist bislang noch wenig bekannt. Konkret soll ein Gas-Regelenergieprodukt geschaffen werden, welches an bestehende Regelenergieprodukte im Strommarkt angelehnt ist. Industriekunden sollen gemeinsam mit ihren Lieferanten auf freiwilliger Basis gegen eine rein arbeitspreisbasierte Vergütung ihren Verbrauch in Engpasssituationen reduzieren und Gas dem Markt zur Verfügung stellen können (sog. Demand-Side Management).

Wir begrüßen diesen Ansatz, denn unserer Ansicht nach sind marktbasierte Instrumente zum Umgang mit der Gasmangellage stets Zwangsmaßnahmen, wie bspw. Reduzierungsanordnungen vorzuziehen. Die Wirksamkeit wird allerdings stark von der konkreten Ausgestaltung abhängen.

  • Unterstützung der Einspeicherung durch die THE

Die THE als Haupt-Verantwortlicher nach dem novellierten EnWG für die Beschaffung von Gasmengen zur Einspeicherung soll weitere Kreditlinien zur Verfügung gestellt bekommen, um diese Aufgabe wahrnehmen zu können.

Wir werden die Entwicklungen weiter für Sie verfolgen und an dieser Stelle regelmäßig dazu berichten.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                       Yvonne Hanke

In unserem brandneuen RGC-Podcast geht es nur um eins: Klimarecht. Wir wünschen viel Spaß beim Reinhören!

Unsere Video-Interviews unter dem Titel #RGCfragtnach kennen Sie ja bereits seit einigen Jahren. Wir haben uns überlegt, diese spannenden Inhalte für Sie nun auch im Podcast-Format auf Spotify zur Verfügung zu stellen.

In unserem RGC Klimarecht Podcast wird Rechtsanwältin Dr. Franziska Lietz künftig Interviews mit Experten und Mandanten führen sowie sonstige spannende Themen aus dem Klimarecht darstellen.

Die erste Folge mit Benedikt Gerber von eQuota zur THG-Quotenanrechnung für E-Flotten- und Ladesäulenbetreiber ist jetzt online.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mal reinhören:

Der RGC Klimarecht Podcast | Podcast auf Spotify

Oder reinschauen:

Wie funktioniert die THG-Quotenanrechnung für E-Mobility? – Interview mit Benedikt Gerber von eQuota – YouTube.

Ihr

RGC-Team

Gute Nachrichten für Wasserstofferzeuger: Netzentgeltbefreiung voraussichtlich auch ohne Rückverstromung oder Netzeinspeisung

Gute Gründe für die Herstellung von (grünem) Wasserstoff gibt es viele. Gerade jetzt kommt zur Reduzierung des CO2-Foodprints der Wunsch dazu, unabhängiger von russischem Gas zu werden. Deshalb stehen viele Wasserstoffprojekte in den Startlöchern. Für den Erfolg dieser Projekte ist entscheidend, welche Privilegierungen für die Elektrolyseure genutzt werden können.

Eine wichtige Stellschraube: Die Netzentgelte.

Hier stellt sich die Frage, ob die Netzentgeltbefreiung des § 118 Abs. 6 EnWG genutzt werden kann, wenn u.a. Strom für die Wasserstoffelektrolyse aus dem Netz bezogen wird. Denn die Regelung wurde im Grundsatz für bestimmte Stromspeicher geschaffen, während der erzeugte Wasserstoff i.d.R. verbraucht und nicht wie bei einem Stromspeicher rückverstromt werden soll.

Für diese Frage können wir ein positives Signal senden:

Nachdem uns bereits einige Unternehmen berichteten, dass die Befreiung von Behörden gesehen und akzeptiert werde, haben wir selbst von einer der für diese Frage maßgeblichen Stellen eine (wenn auch unverbindliche und allgemeine) Bestätigung für die Netzentgeltbefreiung erhalten!

Wir freuen uns sehr über dieses positive Signal! Es kann jedoch keine bestätigende Rechtsprechung ersetzen und auch nicht über Unsicherheiten im Wortlaut der Regelung hinweghelfen. Deshalb sollte die Befreiung nach wie vor für den konkreten Einzelfall geprüft und geklärt werden.

Sie möchten mehr erfahren? Am 22. September 2022 veranstalten wir gemeinsam mit dem VEA die Veranstaltung: Wasserstoff als Heilsbringer der Energiewende? Einsatzmöglichkeiten, Potentiale und Rechtsrahmen für Unternehmen. Programm und Anmeldung finden Sie hier.

Autorinnen: Annerieke Walter
                       Dr. Franziska Lietz

Das Verkehrsministerium fördert H2- und E-Nutz- und Sonderfahrzeuge mit bis zu 80%.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat aktuell neue Förderaufrufe für klimafreundliche Nutz- und Sonderfahrzeuge bekannt gegeben. Diese betreffen vor allem emissionslose H2/Brennstoffzelle-, Hybrid- und Elektronutzfahrzeuge sowie entsprechende Machbarkeitsstudien. Es sind hierbei Förderungen von bis zu 80% möglich.

Basis ist die „Richtlinie zur Förderung von Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur“ (KsNI) und eine dazugehörige Änderungsrichtlinie vom 21. März 2022.

Konkret gefördert wird

die Anschaffung von Nutzfahrzeugen, Sonderfahrzeugen und umgerüsteten Dieselfahrzeugen mit Batterie und Brennstoffzelle sowie Plug-In-Hybriden und hybrider Oberleitungsantriebe,

  • die Beschaffung von Tank- und Ladeinfrastruktur,
  • die Erstellung von Machbarkeitsstudien.

Zuwendungsberechtigt sind

  • Unternehmen des privaten Rechts, kommunale Unternehmen, Körperschaften sowie Anstalten des öffentlichen Rechts und eingetragene Vereine,
  • Leasinggeber oder Fahrzeugvermieter.

Als Höhe des Zuschusses wird angegeben

  • 80 % der Investitionsmehrausgaben bei Fahrzeuganschaffungen,
  • 80 % der zuwendungsfähigen projektbezogenen Gesamtausgaben bei Tank- und Ladeinfrastrukturanschaffungen,
  • Machbarkeitsstudien werden mit 50 % bezuschusst.

Die Antragsfristen laufen jeweils vom 29.06.2022 bis 10.08.2022.

Weitere Informationen und Details finden Sie auf der Webseite des Förderaufrufes.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

Russland hat heute angekündigt, die Gaslieferungen nach Deutschland über Nord Stream 1 um 60 % zu kürzen. Laut BNetzA sind die Gasflüsse aber noch stabil.

Die Darstellung Russlands, Wartungsarbeiten seien der Grund für die aktuelle Reduzierung der Liefermenge um 40 %, wird durch die BNetzA nicht bestätigt. Auf die heutige Ankündigung Russlands, die Gasflüsse insgesamt um 60 % zu reduzieren, gab die BNetzA bekannt, die Lage zu beobachten und die Auswirkungen zu prüfen. Derzeit läge der Gasfluss aber stabil bei 59,1 % und falle nicht weiter. Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei weiter gewährleistet.

Sobald sich etwas Neues ergibt, unterrichten wir Sie an dieser Stelle.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz

Die Clearingstelle hat eine umfassende Auslegung der Vorschriften zur Förderung bei Leistungserhöhung von Wasserkraftanlagen veröffentlicht.

Wasserkraftanlagen sind oft bereits viele Jahrzehnte alt. Dies führt dazu, dass der eigentliche bzw. erste Inbetriebnahmezeitpunkt meistens weit vor dem Inkrafttreten des ersten EEG liegt.

Wann allerdings durch Umrüstung einer Wasserkraftanlage eine erneute Inbetriebnahme und damit ein erneuter Förderbeginn einer Wasserkraftanlage eintreten kann, war im EEG bislang nicht eindeutig geklärt. Die verschiedenen EEGs der letzten 20 Jahre enthielten immer wieder verschiedene Regelungen, die dem Betreiber einer Wasserkraftanlage eine verbesserte Förderung verschaffen sollten, wenn dieser als „Gegenleistung“ seine Anlage optimierte. Dies konnte bspw. durch die Installation von Fischschutz oder die Erhöhung der Leistung bzw. des Leistungsvermögens der Anlage geschehen. Eine dieser Vorschriften ist § 40 Abs. 2 EEG 2017/2021.

Eine solche Optimierung löste dann im Regelfall nicht nur die Erhöhung des Fördersatzes, sondern rechtlich gesehen auch eine Neu-Inbetriebnahme und damit die Geltung der aktuellen Vorschriften für die Förderung aus. Wer also eine Anlagenoptimierung im Jahr 2017 vornahm und den höheren Fördersatz nutzen wollte, konnte damit die Pflicht auslösen, von der festen Einspeisevergütung in die Direktvermarktung zu wechseln. Tat er dies nicht, verfiel damit auch der Förderanspruch.

Teilweise wurde jedoch auch angenommen, dass die Rechtswirkungen der Vorschrift ((Fingierte) Neu-Inbetriebnahme und deswegen Entfall der Förderung ohne Direktvermarktung) eintreten konnten, wenn der Anlagenbetreiber eine Optimierung der Förderung gar nicht beabsichtigt hatte und eventuell sogar versehentlich die Anlagenleistung erhöht hatte. Dies entwickelte sich dann teilweise dahin, dass es zur Rückforderung der als feste Einspeisevergütung gezahlten Förderung gegenüber dem Anlagenbetreiber kam, weil eine Vermarktung im System der Direktvermarktung unterblieben sei.

Dieser Auffassung hat die Clearingstelle mit dem Hinweis 2021/10-V nun eine Absage erteilt. Sechs Verbände haben während des Hinweisverfahrens entsprechend Stellung genommen.

Die Clearingstelle legt überzeugend dar, dass die Vorschrift des § 40 Abs. 2 EEG 2017 nicht ohne weiteres Zutun des Anlagenbetreibers zu dessen Nachteil eine Neu-Inbetriebnahme auslösen kann. Vielmehr müsse der Anlagenbetreiber nach einer Leistungserhöhung einen Anspruch auf erhöhte Förderung ausdrücklich geltend machen.

Diese Rechtsauffassung ist begrüßenswert, da es unseres Erachtens den Förderregelungen des EEG immanent ist, dass diese stets Anreiz- und Vorteilscharakter zugunsten der Erzeuger erneuerbarer Energien haben sollen. Nachteile „durch die Hintertür“, wenn ein Anlagenbetreiber die Voraussetzungen eines Privilegs unbeabsichtigt erfüllt, könnten demgegenüber nicht vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen sein.

Autorin: Dr. Franziska Lletz

Die EU konsultiert noch bis zum 17. Juni 2022 ihren Entwurf eines delegierten Rechtsaktes für die Kriterien für grünen Wasserstoff.

Vor über einem Jahr wurde zu der Frage, wann aus EU-Sicht Wasserstoff „grün“ ist, ein delegierter Rechtsakt auf Basis der Richtlinie Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II (EU) 2018/2001 angekündigt.

Das Warten hat jetzt ein Ende: Vor wenigen Tagen, am 20. Mai 2022, hat die EU-Kommission im Entwurf einen delegierten Rechtsakt zur Definition und Zertifizierung (nach Art. 27 (3) der RED II) für gasförmige und flüssige Kraftstoffe nicht-biogenen Ursprungs (sog. #RFNBO) vorgelegt, der u.a. die Kriterien für grünen Wasserstoff definiert.

Der Entwurf ist hier abrufbar.

Parallel wurde ein Entwurf für einen delegierten Rechtsakt zur Berechnung von Treibhausgaseinsparungen (nach Art. 28 (5) der RED II) zur Konsultation gestellt.

Die Entwürfe werden bis zum 17. Juni 2022 zur öffentlichen Konsultation gestellt.

Die kritischen Parameter, die in den vorab bekannt gewordenen Leaks enthalten waren, „Zeitgleichheit“ und „Zusätzlichkeit“ sind weiterhin enthalten.

Die Anforderung der „Zusätzlichkeit“ verlangt nach der aktuellen Fassung, dass die Stromerzeugungsanlage nicht mehr als 36 Monate älter, als die Elektrolyse ist.

Darüber hinaus dürfe die Anlage zur Stromerzeugung keine Förderung erhalten haben („the installation generating renewable electricity has not received support in the form of operating aid or investment aid, excluding support received by installations before the repowering referred to in Article 2(6) and support that does not constitute net support, such as support that is fully repaid“). Erfasst sein dürfte hiermit insbesondere eine frühere Förderzahlung nach dem EEG.

Beide Anforderungen dürften eine wirtschaftliche Wasserstofferzeugung mit ausgeförderten EE-Anlagen voraussichtlich deutlich erschweren.

Die von der EU aufgestellten Anforderungen werden zudem voraussichtlich auch für das deutsche Recht Auswirkungen haben: Die Umlagenbefreiung für grünen Wasserstoff nach dem Entwurf des EnUG sieht zwar eine eigenständige deutsche Verordnung vor, diese soll sich aber an den EU-rechtlichen Kriterien für grünen Wasserstoff orientieren, so der Gesetzgeber (BR-Drs. 162/22):


„…die Anforderungen an Grünen Wasserstoff sind bisher in § 12i EEV a.F: geregelt und sollen in § 26 EnUG überführt werden. In diesem Kontext sollen die Voraussetzungen an das Europarecht angepasst werden, […] unter Berücksichtigung der relevanten EU-rechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie (EU) 2018/2001 oder ihrer Überarbeitung nachgetragen.“

Autoren: Dr. Franziska Lietz
                 Annerieke Walter
                 Prof. Dr. Kai Gent

Im Rahmen des Green Deals wurde eine überarbeitete Fassung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie vorgestellt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Ziele und aktuell vorgesehenen Änderungen.

Im vergangenen Jahr stellte die EU-Kommission im Rahmen des Green Deal das sog. „Fit for 55“-Legislativpaket vor (RGC berichtete hier). Ziel dieses Pakets ist die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in Europa bis 2030 um 55 % gegenüber 1990, um letztlich die angestrebte Treibhausgasneutralität bis 2050 zu erreichen.

Damit rund 40 % der größte Teil des Energieverbrauchs in der Europäischen Union auf den Gebäudesektor zurückzuführen ist, bildet der Bereich des energie- und ressourcenschonenden Bauens und Renovierens einen Schwerpunkt des „Fit for 55“-Pakets. Durch die Dekarbonisierung von Gebäuden sollen bis 2030 die gebäudebezogenen THG-Emissionen um 60 % und der Energieverbrauch um 14 % gesenkt werden. Dafür möchte die EU-Kommission die jährliche Quote der energetischen Renovierungen in den nächsten 10 Jahren mindestens verdoppeln.

Einen wesentlichen Bestandteil der verfolgten Strategie stellt die Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, auch EPBD („Energy Performance of Buildings Directive“) dar. Mithilfe der überarbeiteten EPBD soll Europa bis 2050 zu einem emissionsfreien und vollständig dekarbonisierten Gebäudebestand gelangen.

Der Entwurf der neugefassten EPBD sieht unter anderem folgende wesentliche Regelungen vor:


Definitionen

Der Entwurf enthält neue bzw. geschärfte Definitionen, z.B. die der „umfassenden Renovierung“ – einem Umbau zu einem Niedrigst- bzw. Nullemissionsgebäude – zur Vermeidung nur oberflächlicher Renovierungen oder die des „Nullemissionsgebäudes“ – einem Gebäude mit einer sehr hohen Gesamtenergieeffizienz, bei dem die noch benötigte sehr geringe Energiemenge vollständig durch am Standort erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen o.ä. gedeckt wird.

Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz

Die im Jahr 2002 eingeführten und seither stetig verbesserten Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz („Energieausweise“) sollen klarer und zuverlässiger werden und künftig nicht nur bei Bau, Verkauf, Neuvermietung und öffentlichen Gebäuden mit mehr als 250 m² und Publikumsverkehr, sondern auch bei der Verlängerung eines Mietvertrags, bei allen öffentlichen Gebäuden sowie bei größeren Renovierungen verpflichtend sein. Sie sollen digital erstellt und in einer nationalen Datenbank erfasst werden. Der Entwurf enthält eine Vorlage für Energieausweise, die neben obligatorischen gemeinsamen Indikatoren für Energie und THG-Emissionen weitere freiwillige Indikatoren enthält, wie z.B. Angaben über Ladepunkte oder die Luftqualität in Innenräumen.

Der Energieausweis enthält sieben Klassen (von A bis G), wobei in Klasse G die 15 % der Gebäude eines jeden Landes eingestuft werden, die in Bezug auf die Gesamtenergieeffizienz am schlechtesten abschneiden. Emissionsfreie Gebäude („ZEB“) werden in Klasse A eingestuft; alle übrigen Gebäude werden anteilig mit gleicher Bandbreite zwischen den Klassen verteilt.


Neubau und Renovierungen

Soweit es technisch umsetzbar ist, sollen ab 2030 neue Gebäude Nullemissionsgebäude sein – öffentliche Gebäude bereits ab 2027. Zudem sollen für Neubauten ab 2030 (bei Gebäuden mit mehr als 2000 m² Nutzfläche ab 2027) Daten über die während des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes entstehenden CO2-Emissionen berechnet und offengelegt werden.

Für bestehende öffentliche und Nichtwohngebäude ist vorgesehen, dass diese sich bis 2027 mindestens auf das Gesamtenergieeffizienzniveau F und bis 2030 auf das Niveau E verbessern (für Wohngebäude gilt: mind. Klasse F bis 2030, mind. Klasse E bis 2033). Es sollen freiwillige Renovierungspässe für Eigentümer eingeführt werden, die eine stufenweise Renovierung ihres Gebäudes planen.


Weitere im Entwurf vorgesehene Änderungen

  • Vorgesehen sind Änderungen im Bereich der E-Mobilität und Ladeinfrastruktur: So sollen die Ladepunkte intelligentes Laden unterstützen. Weiterhin sollen eine Netzeinspeisung und die Nutzung der Fahrzeugbatterie als Speicheranlage möglich sein (bidirektionales Laden).
  • Neue emissionsfreie Gebäude sollen mit Mess- und Kontrollvorrichtungen zur Regelung und Überwachung der Raumluftqualität ausgerüstet werden.
  • Für mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkessel soll es ab 2027 keine finanziellen Anreize mehr geben.
  • Darüber hinaus fordert die EPBD die Mitgliedstaaten auf, für eine gezieltere Finanzierung von Investitionen im Gebäudesektor zu sorgen, enthält Anforderungen in Bezug auf Park- und Fahrradstellplätze in neuen und renovierten Gebäuden sowie in bestehenden großen Nichtwohngebäuden und sieht eine Verbesserung der Digitalisierung im Gebäudesektor vor.

Neben der Überarbeitung der EPBD sind auch hinsichtlich weiterer Instrumente Änderungen mit dem Ziel der Dekarbonisierung des Gebäudesektors vorgesehen – so gibt es bspw. entsprechende Vorschläge für Anpassungen der Energieeffizienz-Richtlinie und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Auch soll der Europäischen Emissionshandel durch einen separaten und eigenständigen „EU ETS II“ ergänzt werden, der Emissionen aus den Sektoren Gebäude und Straßenverkehr planmäßig ab 2026 erfassen soll.

Die überarbeitete EPBD soll voraussichtlich frühestens Mitte 2023 in Kraft treten. Eine Frist zur Umsetzung durch die Mitgliedstaaten wird nicht vor Mitte 2024 erwartet.

Autorin: Sandra Horn

Die Datenabfrage der Bundesnetzagentur ist beendet. Wie geht es weiter? Die BNetzA hat gestern eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie erstmals eine denkbare Rangfolge von Maßnahmen nennt.

Bis zum 16.05.2022 hatte die Bundesnetzagentur eine Datenabfrage bei Industriekunden mit einer Erdgas-Anschlusskapazität ab 10 MWh/h im Hinblick auf eine mögliche Gasmangellage durchgeführt (RGC berichtete). Diese ist nunmehr beendet.

Aber wie geht es weiter?

Es stellt sich vor allem die Frage, welche Schlüsse die BNetzA aus den Ergebnissen ziehen wird. Gestern Abend veröffentlichte die Bundesnetzagentur eine Stellungnahme, in der sie ihr weiteres Vorgehen erläutert.

Hier macht sie zunächst deutlich, dass aufgrund der Komplexität der Sachlage im Falle von Handlungsnotwendigkeiten innerhalb der nächsten Wochen Maßnahmen gegenüber Letztverbrauchern nur im Wege von Allgemeinverfügungen und nur „ratierlich“ erfolgen könnten. Möglich sei „allenfalls eine Unterscheidung nach Branchen“, Einzelverfügungen für bestimmte Letztverbraucher seien mit den derzeit verfügbaren bzw. kurzfristig erhältlichen Daten nur „in außergewöhnlichen Einzelfällen möglich“.

Je länger die Vorlaufzeit sei, umso detailliertere Abwägungsentscheidungen seien möglich. Dann könnten auch ökonomische, ökologische und soziale Folgen auf Basis der Ergebnisse der Datenabfrage berücksichtigt werden. Diese sollen künftig auf der sog. Sicherheitsplattform, die ab Oktober 2022 einsatzbereit sein soll, handhabbar gemacht werden.

In ihrer Stellungnahme macht die Bundesnetzagentur auch Ausführungen zu möglichen Maßnahmen, unterteilt in „Erhöhung des Angebots“ und „Reduktion der Nachfrage“, wie bspw. Anordnung von Substitution des Energieträgers Erdgas, Anordnungen von Exportreduktionen, Anordnung von Verbrauchsreduktionen oder Abschaltung von Netzgebieten.

Bei der Abwägung, ob und wie eine solche Anordnung stattfindet, kämen – ohne Nennung einer Wertigkeit – die folgenden sechs Kriterien zum Tragen:

  • Dringlichkeit der Maßnahme, insbesondere in Abhängigkeit der Ausprägung der Gasmangelsituation
  • Größe der Anlage und deren Gasbezug und somit die Wirkung einer Gasversorgungsreduktion
  • Vorlaufzeit zur Gasbezugsreduktion bzw. eines geordneten Herunterfahrens der Produktionsanlagen oder benötigte Vorlaufzeit zur Anpassung der Produktionsketten an einen verminderten Bezug
  • zu erwartende (volks-/betriebs-) wirtschaftliche Schäden
  • Kosten und Dauer der Wiederinbetriebnahme nach einer Gasversorgungsreduktion, sofern möglich
  • Bedeutung für die Versorgung der Allgemeinheit

Zu begrüßen ist, dass die Bundesnetzagentur ankündigt, dass man jedenfalls künftig auch die bislang nicht in die Abfrage einbezogenen Zusammenhänge von Lieferketten betrachten und bei der Abwägung heranziehen wolle. Aus unserer Sicht ist eine solche Sichtweise dringend geboten und wird für eine verhältnismäßige Abwägungsentscheidung in vielen Fällen unerlässlich sein.

Darüber hinaus nennt die BNetzA weitere Aspekte, die sie bei der Abwägungsentscheidung als relevant ansieht, wie bspw. Anlagenschäden, Gesundheitsrisiken, den Schutz kritischer Infrastrukturen oder Aspekte des Tierschutzes.

Schließlich betont die BNetzA, dass eine feste Abschaltrangfolge nicht geplant sei, vielmehr wolle man stets lageangepasst die mildesten Mittel ergreifen. Hierzu nennt sie eine mögliche Abstufung der denkbaren Maßnahmen, bezeichnet diese aber lediglich als „vorstellbar“.

Eine Möglichkeit zur Diskussion des geplanten Vorgehens dürfte unter anderem der energate Webtalk mit Klaus Müller, bei dem auch RGC-Rechtsanwältin Yvonne Hanke mitwirken wird, bieten. Hier geht es zur Anmeldung.

Auch in unserem 2. kostenfreien Mandantenbriefing am 02.06.2022 (Anmeldung hier) werden wir vertieft auf die Aussagen der Bundesnetzagentur eingehen und diese für Sie bewerten.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                       Yvonne Hanke

Energate diskutiert am 25.05.2022 mit BNetzA, RGC und Branchenvertretern im Webtalk zu drängenden Fragen rund um einen möglichen Gasmangel.

Energieintensive Verbraucher beschäftigt gerade die Frage, kommt der Gasmangel und wenn ja, was tun? Oder etwas genauer: Auf welche Maßnahmen müssen sich energieintensive Unternehmen einstellen, wenn der Gasmangel Realität wird, werden zu knappe Gasmengen dann versteigert oder zugeteilt, wann ist mit einer Ausrufung der Alarmstufe oder sogar Notfallstufe durch die Bundesregierung nach dem Notfallplan Gas zu rechnen und unter welchen Bedingungen können Gasversorger gestiegene Beschaffungspreise an ihre Kunden weiterreichen?

Energate hat unsere Kollegin Frau RAin Yvonne Hanke für den 25. Mai 2022 ab 15.30 Uhr eingeladen, um diese und andere Fragen u.a. mit Herrn Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, und weiteren Gästen im energate-Webtalk zu diskutieren.
Weitere Informationen, Hinweise zur Anmeldung und den Link zur Veranstaltung finden Sie hier.

Ihr RGC-Team