Energiepreisbremsen in Kraft getreten – mit welchen Änderungen?

Am 24. Dezember 2022 sind nach einem zügigen Gesetzgebungsverfahren das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (StromPBG) und das Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme (EWPBG) in Kraft getreten.

Gegenüber den Ausgangsentwürfen, zu denen wir hier berichteten, gab es in beiden Gesetzen einige Änderungen (zu den Beschlussfassungen gelangen Sie hier und hier). Auf einige wesentliche Änderungen gehen wir im Folgenden ein.

Begriffsbestimmungen, § 2 EWPBG / § 2 StromPBG

In beiden Gesetzen wurden diverse Begriffsbestimmungen präzisiert. So wurde bspw. im EWPBG hinsichtlich der „krisenbedingten Energiemehrkosten“, die für die Berechnung der Höchstgrenzen erforderlich sind, klargestellt, dass mit dem Förderzeitraum der Zeitraum zwischen dem 1. Februar 2022 und dem 31. Dezember 2023 gemeint ist.


Ausschluss von der Entlastung, § 3 Abs. 5 EWPBG / § 4 Abs. 5 StromPBG

Die Entwurfsfassung schloss Entnahmestellen von Unternehmen von der Entlastung aus, „sofern“ diese der Erzeugung, Umwandlung oder Verteilung von Energie dienen und das Unternehmen eine Entlastungssumme von 2 Millionen Euro übersteigt. In der Beschlussfassung wird durch Abänderung des Wortes „sofern“ in „soweit“ klargestellt, dass der Ausschluss erst ab dem Moment greifen soll, in dem die Entlastungssumme des Unternehmens eine Höhe von 2 Millionen Euro übersteigt. Dies ist vor allem relevant für Unternehmen, die KWK-Anlagen betreiben oder betreiben lassen.


Entlastungsbetrag für Wärme, § 15 EWPBG

Eine Entlastung von Wärmekunden in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro soll nur dann erfolgen, wenn die verbrauchte Wärme direkt aus Erdgas oder Strom erzeugt wurde. Diese Neuregelung dient der Umsetzung des Befristeten Krisenrahmens der Europäischen Kommission (TCF).


Höchstgrenzen, § 18 EWPBG / § 9 StromPBG

Hinsichtlich der sog. relativen Höchstgrenzen wird näher bestimmt, dass für das relevante EBITDA nicht per se auf das „Kalenderjahr“ als solches, sondern auf den „Entlastungszeitraum“ abgestellt wird (jeweils Absatz 2). Wird die Entlastung nur für einen bestimmten Zeitraum innerhalb eines Kalenderjahres in Anspruch genommen, so wird auch nur dieser Zeitraum beim Vergleich mit dem EBITDA aus den entsprechenden Monaten aus dem Kalenderjahr 2021 verglichen.

Im EWPBG neu eingeführt wurde in § 18 Abs. 7 eine Definition des EBITDA – diese war im StromPBG bereits enthalten. § 18 Abs. 8 EWPBG und § 9 Abs. 8 StromPBG enthalten weitere Vorgaben zu auf Basis anderer Regelungen gewährten Entlastungen. Hier wird klargestellt, dass auch bei Inanspruchnahme von Beihilfen, die nicht unmittelbar die gestiegenen Energiekosten betreffen, das beihilferechtliche Kumulierungsverbot greifen kann. So sind beispielsweise die unter dem Befristeten COVID-19-Rahmen geltenden Kumulierungsvorschriften einzuhalten, wenn hiernach ebenfalls eine Entlastung erfolgt ist.


Weitergabe der Entlastung in Miet- und Pachtverhältnissen bzw. bei Wohnungseigentümergemeinschaften, § 12a StromPBG

Für Vermietungs-, Verpachtungs- und WEG-Konstellationen enthält das StromPBG nun einen neuen Paragrafen. Dieser regelt beispielsweise, dass der Vermieter/Verpächter die erlangte Entlastung an seinen Mieter/Pächter im Rahmen der Abrechnung weitergeben muss.

Selbsterklärung bzgl. Höchstgrenzen, § 22 Abs. 1 EWPBG / § 30 Abs. 1 StromPBG

Übersteigt der Entlastungsbetrag an sämtlichen Entnahmestellen eines Unternehmens 150.000 Euro, so ist bis zum 31. März 2023 seitens des Unternehmens eine Mitteilung gegenüber dem Lieferanten hinsichtlich der voraussichtlich anwendbaren Höchstgrenzen abzugeben. Als Frist zur Mitteilung der tatsächlich einschlägigen Höchstgrenzen wurde im ursprünglichen Entwurf der 31. Dezember 2024 genannt. Diese Frist wurde nunmehr vorverlegt auf den 31. Mai 2024.


Hinweis:
Die tatsächlich anwendbaren Höchstgrenzen werden aller Voraussicht nach mittels eines Antragsverfahrens festgestellt. Die Einzelheiten zu diesem Antragsverfahren sind einer Verordnung vorbehalten, die derzeit noch nicht vorliegt. Sie sollten sich dennoch zeitnah mit den Höchstgrenzen vertraut machen, da diese erheblichen Einfluss auf den Ihrem Unternehmen zustehenden Entlastungsbetrag haben können. Zudem sind hiermit teilweise kurzfristig bzw. unverzüglich zu erfüllende Meldepflichten verbunden, die auch die Mitteilung der einschlägigen Höchstgrenze zum Gegenstand haben kann.


Boni- und Dividendenverbot, § 29a EWPBG / § 37a StromPBG

Nach längerer Diskussion und aufgrund der Vorgaben des EU-Beihilferahmens (TCF) unausweichlich wurde ein Boni- und Dividendenverbot eingeführt.

Danach dürfen Unternehmen, welche insgesamt eine Entlastungssumme (Achtung: abweichende Definition!) über 25 Millionen Euro beziehen, den Mitgliedern ihrer Geschäftsführung und Mitgliedern von gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsorganen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 keine Boni, andere variable oder vergleichbare Vergütungsbestandteile gewähren, soweit diese nach dem 1. Dezember 2022 vereinbart oder beschlossen worden sind. Eingeschlossen sind etwaige Konzernbezüge oder über ein Festgehalt hinausgehende Vergütungsbestandteile i.S.d. § 87 Abs. 1 S. 1 AktG. Eine Erhöhung solcher bereits vereinbarten oder beschlossenen Vergütungen ist ebenso ausgeschlossen wie freiwillige Vergütungen oder Abfindungen, welche rechtlich nicht geboten sind.

Bei EBITDA-abhängigen variablen Vergütungen ist die gewährte Entlastungssumme dort nicht zu berücksichtigen.

Hinzu kommt, dass kein Mitglied der Geschäftsleitung eine Vergütung erhalten darf, die über die Grundvergütung dieses Mitglieds vor dem 1. Dezember 2022 hinausgeht (Inflationsausgleich ist zulässig).

Bei einer Entlastungssumme über 50 Millionen Euro dürfen bis zum 31. Dezember 2023 keine Boni, variablen oder vergleichbaren Vergütungszahlungen gewährt und zusätzlich im Jahr 2023 keine Dividenden oder sonstigen, vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldeten Gewinnausschüttungen geleistet werden.

Ein Opt-Out ist möglich: Über eine formlose Erklärung gegenüber der Prüfbehörde kann bis zum 31. März 2023 erklärt werden, dass eine Förderung nach dem StromPBG und EWPBG nicht über eine Entlastungssumme von 25. Mio. € hinaus in Anspruch genommen werden wird.


Bußgeldvorschriften, § 38 EWPBG / § 43 StromPBG

Der Verstoß gegen bestimmte Regelungen (bspw. Mitteilungspflichten nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EWPBG / § 30 Abs. 1 Nr. 2 StromPBG) stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Voraussetzungen und Rechtsfolgen werden in der Beschlussfassung näher erläutert und teilweise abgeändert. Je nach Verstoß droht nun eine Geldbuße in Höhe von bis zu 1 Mio. Euro oder von bis zu 8 Prozent des Gesamtumsatzes. Auch für den Fall der Rechtsnachfolge werden Regelungen getroffen.


Sonstiges

Daneben wurden im Vergleich zu der ursprünglichen Entwurfsfassung u.a. die Vorgaben zur Gestaltung von Erdgas- bzw. Wärmelieferverträgen (§§ 4, 12 EWPBG) und Stromlieferverträgen (§ 12 StromPBG) konkretisiert, Aufgaben der Prüfbehörde hinsichtlich der Überwachung der Abwicklung (§ 25 EWPBG) benannt, der Vorauszahlungsanspruch des Elektrizitätsversorgungsunternehmens gegen den regelzonenverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber (§ 22a StromPBG) geregelt und die Berechnung der krisenbedingten Energiemehrkosten (Anlage 1 zum EWPBG / zum StromPBG) überarbeitet.

Für weitere Informationen zu den Energiepreisbremsen sprechen Sie uns jederzeit gern an. Am 13. und 15. Februar 2023 werden wir, begleitet durch einen Wirtschaftsprüfer, in zwei Anwenderworkshops Praxishinweise zum Umgang mit den Energiepreisbremsen geben. Weitere Informationen hierzu folgen in Kürze. Daneben bieten wir individuelle Workshops für Ihr Unternehmen an – melden Sie sich bei Interesse gern bei Frau Noack (noack@ritter-gent.de).

Autorinnen: Sandra Horn
                       Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz