Energierecht bezeichnet ein Rechtsgebiet, das unter anderem das Regulierungsrecht, das Energiewirtschaftsrecht sowie das Energieumweltrecht bzw. das Recht der erneuerbaren Energien umfasst. Alle Bereiche des Energierechts unterliegen einem ständigen Wandel, angetrieben durch Entwicklungen im EU-Energierecht, technische Innovationen und nicht zuletzt die mittlerweile alle Bereiche des Energierechts beeinflussende Digitalisierung. Damit besitzt das Energierecht mittlerweile auch vielfache Bezüge zum IT-Recht und zum Datenschutzrecht.

Bundesrat will Betriebsverbot für Ölheizungen ausweiten

In der letzten Sitzung des Jahres 2019 hat der Bundesrat in erster Lesung über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beraten. In den entsprechenden Fachausschüssen wurde zuvor eine „Empfehlungsdrucksache“ (BR-Drs. 584/1/19) ausgearbeitet, die über 100 Änderungs-Vorschläge enthält. Etwa die Hälfte hiervon hat der Bundesrat nun in seiner Stellungnahme (BR-Drs. 584/19) zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung (RGC berichtete) aufgegriffen. 

  • In der Stellungnahme des Bundesrats findet sich u.a. ein Vorschlag zur Ausweitung des beabsichtigten Betriebsverbots für Ölheizungen. Nach Auffassung des Bundesrates sollte das Verbot auch für Heizkessel gelten, die mit festen fossilen Brennstoffen betrieben werden, da deren Verbrennung sehr treibhausgasintensiv ist. Bisher nimmt der Entwurf sog. Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel sowie heizungstechnische Anlagen, deren Nennleistung weniger als 4 KW oder mehr als 400 KW beträgt, generell von dem Betriebsverbot aus. 
  • Zudem will der Bundesrat die Frist bis zum 30. September 2021, die der GEG-Gesetzesentwurf ebenso wie bereits die EnEV zur Nachrüstung von Heizungsanlagen mit einer zentralen Regelung vorsieht, gänzlich streichen. Stattdessen soll hierfür direkt ein Bußgeldtatbestand geschaffen werden. Hintergrund dieses Vorschlages sind zahlreiche Verwaltungsverfahren zu bereits festgestellten Mängeln, die sonst nicht ohne Weiteres fortgeführt werden könnten.
  • Darüber hinaus fordert der Bundesrat hinsichtlich vieler Stellen des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung praktikablere Regelungen. Dies betrifft u.a. die Durchführung der Energieberatung und die Angaben im Energieausweis. Verschärfungen verlangt er hingegen bei den Stichprobenprüfungen von Klimaanlagen. Hier sieht der Gesetzesentwurf bisher eine Möglichkeit für Klimaanlagenbetreiber, die mehrere kleinere Anlagen (im Leistungsbereich von 12 bis 70 KW) betreiben, vor, nach welcher eine stichprobenartige Inspektion der Anlagen zulässig sein soll.
  • Interessanterweise fordert der Bundesrat zudem einen kostenfreien Zugang zu allen im Gebäudeenergiegesetz in Bezug genommenen DIN-Normen. Da ohne deren Kenntnis der konkrete Regelungsgehalt des Gesetzes für den Normunterworfenen nicht erkennbar sei, sei ein kostenloser Zugang verfassungsrechtlich geboten, um dem Grundsatz der Öffentlichkeit von Vorschriften bzw. der Bekanntmachungspflicht gerecht zu werden. 

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde zwischenzeitlich an die Bundesregierung weitergeleitet. Sobald sich diese dazu geäußert hat, leitet sie beides zur Beratung an den Bundestag weiter. Ein gewisses Konfliktpotenzial dürfte hier aufgrund der vielen Änderungsvorschläge des Bundesrats bereits vorprogrammiert sein.

Die erste Lesung des GEG soll im Bundestag am 30. Januar 2020 erfolgen. Die 2. und 3. Lesung sowie die Beschlussfassung sind für den 13.März 2020 und den 3. April 2020 vorgesehen. Es wird erwartet, dass das GEG sodann bereits im Herbst dieses Jahres in Kraft treten könnte. 

Wir werden das Gesetzgebungsverfahren weiterhin für Sie beobachten und hier über Neuigkeiten informieren.

Für 2021 ist nun ein Einstiegspreis von 25 Euro vorgesehen

Dem Vernehmen nach soll der geplante Preis für CO2-Zertifikate im nationalen Brennstoffhandel mit einem höheren Einstiegspreis starten und danach stärker steigen als bisher geplant. Für 2021 ist ein Einstiegspreis von 25 Euro vorgesehen statt wie bisher zehn Euro. Dieser Preis soll bis 2025 dann auf 55 Euro steigen. 

Bislang waren im Brennstoffemissionshandelsgesetz (RGC berichtete) ein Einstiegspreis von 10 Euro vorgesehen, der bis 2025 auf 35 Euro steigen sollte.

Die Änderungen gehen auf die Vermittlungsverhandlungen zurück, die der Bund und die Länder eigentlich zu anderen Punkten des Klimapakets, wie Mehrwertsteuersenkung und Pendlerpauschale führen.

Die erhöhten Einnahmen aus dem CO2-Preis sollen zur Senkung der EEG-Umlage verwendet werden. Ersten Berechnungen zufolge würde das eine Verringerung der EEG-Umlage in 2021 um 5,4 Milliarden Euro bedeuten. Ob die Mechanismen der verschiedenen Gesetze eine Reduktion der EEG-Umlage schon in 2021 überhaupt erlauben, bleibt allerdings abzuwarten. 

Bis zum Frühjahr 2020 soll eine entsprechende Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes erfolgen.

Der im Februar 2019 angestoßene Prozess zu einer Nationalen Industriestrategie mündete nun in einem knapp 40-seitigen Papier

Am Freitag, den 29.11.2019 stellte Bundeswirtschaftsminister Altmaier seine Industriestrategie 2030 vor. Die finale Fassung finden Sie hier.

Die Industriestrategie sieht unterschiedliche Maßnahmen in den folgenden Bereichen vor:

  • Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern
  • Neue Technologien stärken – privates Kapital mobilisieren
  • Technologische Souveränität wahren


Ein wichtiger Baustein bezieht sich darauf, die Stromkosten wettbewerbsfähig zu halten und Carbon Leakage zu verhindern:

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) erkennt an, dass die Industrie und insbesondere der Mittelstand durch hohe Energiekosten belastet sind. Das BMWi will sich dafür einsetzen, dass diese Belange zukünftig bei allen Maßnahmen in der Energie- und Klimapolitik berücksichtigt werden. So sollen die Stromkosten über eine Entlastung bei den Netzentgelten reduziert und die Stromgroßhandelspreise berücksichtigt werden. Das BMWi bereitet derzeit die rechtlichen Grundlagen für die Umsetzung dieser Maßnahmen vor.

Das Instrumentarium zur Vermeidung von Carbon Leakage soll flexibel und im Sinne eines weltweiten Level Playing Fields weiterentwickelt werden. Um dies zu gewährleisten, setzt sich das BMWi im Rahmen der europäischen Beihilferegeln für die Umsetzung eines wirksamen Carbon-Leakage-Schutzes und für die Weiterentwicklung der Strompreiskompensation ein. 

In Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission soll perspektivisch ein sektorübergreifender Europäischer Emissionshandel geschaffen werden, der zu einem global anschlussfähigen CO2-Bepreisungssystem ausgebaut werden soll.

Weitere Informationen, Statistiken und Daten finden Sie hier.

Die vom Bundestag am 15. November beschlossenen Gesetze wurden vom Bundesrat am 29. November 2019 gebilligt

Zum Bundes-Klimaschutzgesetz:

Deutschland muss seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent verringern. Das Gesetz regelt hierzu unter anderem die folgenden Punkte:

  • Emissionsbudgets für die einzelnen Sektoren

Das Gesetz definiert, wieviel CO2 jeder Sektor bis 2030 noch ausstoßen darf. Ab 2030 sollen die zulässigen Emissionswerte dann per Rechtsverordnung festgelegt werden.

  • Datenerhebung 

Die Emissionsdaten werden durch das Bundesumweltamt ermittelt. Veröffentlicht werden sie im März des Folgejahres. Dabei begleitet ein unabhängiger Expertenrat die Erhebung.

  • Sofortprogramm sofern Ziele nicht erreicht werden

Sofern ein Sektor seine vorgegebenen Ziele nicht erreicht, muss das zuständige Bundesministerium innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen, welches vom Expertenrat geprüft wird. 

Zum nationalen Zertifikatehandel für CO2 (Brennstoffemissionshandelsgesetz):

Unternehmen, die mit Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Benzin, Kohle oder Diesel handeln, müssen für den Treibhausgas-Ausstoß ihrer Produkte ab 2021 ein Zertifikat erwerben. Das Gesetz regelt hierzu unter anderem die folgenden Punkte:

  • CO2-Preis auf Verschmutzung

Der Preis startet mit zehn Euro pro Tonne. Bis 2025 steigt der Preis stufenweise auf 35 Euro und ab 2026 müssen die Verschmutzungsrechte in einem Preiskorridor mit einem Mindestpreis von 35 Euro und einem Höchstpreis von 60 Euro ersteigert werden. 

  • Begrenzte Gesamtmenge

Die Zertifikate-Menge wird den Klimazielen entsprechend begrenzt. Entscheidend sind die Emissionen, die laut EU-Lastenteilung für die jeweiligen Sektoren in dem Jahr in Deutschland noch erlaubt sind.

  • Nationales und europäisches System stehen nebeneinander

Der nationale Zertifikatehandel und das europäische Emissionshandelssystem stehen nebeneinander, wobei Doppelbelastungen ausgeschlossen werden sollen. Es sollen Anreize für klimaschonende, energiesparende und erneuerbare Energien-Technologien gesetzt werden

Inkrafttreten

Die Gesetze sollen am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Konzertierte Aktion Mobilität setzt weiter auf E-Mobility, dazu sollen alternative Antriebe wie Wasserstoff weiterentwickelt und autonomes Fahren vorangebracht werden.

Kürzlich haben sich die Bundesregierung (BReg), Ministerpräsidenten und Vertreter von Automobilwirtschaft, Arbeitnehmern und der Nationalen Plattform Mobilität getroffen, um die Mobilität der Zukunft in Deutschland zu gestalten. Im Fokus bleibt E-Mobility, die durch gezielte Fördermaßnahmen weiter ausgebaut werden soll:

  • Der Umweltbonus, eine Kaufprämie für E-Fahrzeuge, soll abhängig vom Netto-Listenpreis des Fahrzeugs von bislang 4.000 Euro auf bis zu 6.000 Euro je Fahrzeug erhöht werden. Dazu soll der Umweltbonus bis Ende 2025 verlängert werden, bislang würde er bereits Ende 2020 auslaufen (RGC berichtete). Insgesamt soll so der Kauf von bis zu 700.000 weiteren E-Fahrzeugen gefördert werden.
  • Darüber hinaus soll die Ladeinfrastruktur massiv ausgebaut werden. Ziel ist, dass Deutschland bis 2030 über eine Million (statt bislang 21.100) öffentlich zugängliche Ladepunkte verfügt. Die Automobilbranche wird bereits bis 2022 rund 15.000 Ladepunkte beisteuern.

Neben Elektromobilität sollen alternative Antriebe weiterentwickelt und autonomes Fahren vorangebracht werden. Die BReg bereitet dafür eine umfassende Wasserstoffstrategie vor und setzt sich dafür ein, dass die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für automatisierte Fahrfunktionen verbessert werden.

Die Presseerklärung der Bundesregierung dazu finden Sie hier

Der Bundestag hat das sogenannte Klimapaket beschlossen.

Der Bundestag hat am Freitag, den 15. November 2019, das sogenannte Klimapaket beschlossen. Alle Informationen und Drucksachen finden Sie hier.
Beschlossen wurde zunächst das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Damit müssen ab dem Jahr 2021 Unternehmen, die Diesel, Benzin, Heizöl oder Erdgas in Deutschland in Verkehr bringen, für die Treibhausgase, die daraus entstehen, CO₂ Zertifikate kaufen. RGC berichtete. Enthalten ist eine Ermächtigung für eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, um Carbon Leakage zu verhindern und die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen zu gewährleisten. Außerdem enthalten ist der Grundsatz, dass Doppelbelastungen infolge des Einsatzes von Brennstoffen in Anlagen, die bereits dem EU-Emissionshandel unterliegen, zu vermeiden sind.
Verabschiedet wurde außerdem das Klimaschutzgesetz. Dort wird für die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft festgelegt, wie viel CO₂ jeder Bereich in welchem Jahr ausstoßen darf. Falls ein Bereich die Vorgaben nicht einhält, muss der zuständige Minister ein Sofortprogramm vorlegen, um eine sofortige Nachsteuerung zu gewährleisten.
Zudem wurde die Luftverkehrsteuer für Flüge im Inland und in EU-Staaten erhöht, die Pendlerpauschale aufgestockt und u. a. die Förderung von Gebäudesanierungen beschlossen. Um die Akzeptanz für Strom aus Windkraft zu verbessern, können Gemeinden zukünftig mehr Grundsteuer verlangen und so stärker von den Windkraftanlagen profitieren.
Die Gesetze wurden zum Teil gegen den starken Widerstand aus der Opposition verabschiedet. Dies betrifft z. B. den Einstiegspreis von 10 Euro pro Tonne CO2, der zum Teil als zu niedrig bewertet wird. Auf starke Kritik ist außerdem gestoßen, dass das System erst mal ohne CO₂-Limit und Marktpreise startet. Nach Ansicht einiger Kritiker sind diese Grundpfeiler verfassungswidrig, was das gesamte System großen rechtlichen Risiken aussetzt.
Der Bundesrat soll noch in 2019 über das Gesetzespaket beraten. Zustimmungspflichtig sind allerdings nur wenige Gesetze.
Mit unserer neuen Rubrik „RGC fragt nach“ führen wir in unregelmäßigen Abständen Kurz-Interviews mit Innovatoren, Experten und anderen spannenden Persönlichkeiten, um gemeinsam über den Tellerrand zu schauen. 
Im 1. Teil unserer Interview-Reihe spricht Dr. Franziska Lietz mit Herrn Paul Hendrik Tiemann – auch Referent beim RGC Kanzleiforum 2019 – über die Studie, die aus seiner Masterarbeit „Einsatz elektrischer Energiespeicher zur Reduktion der maximalen Netzbezugsleistung: Eine großflächige Potenzialanalyse für industrielle Betriebe“ hervorgegangen ist. 

RGC: Herr Tiemann, für Ihre Masterarbeit haben Sie den Helmut-Schaefer-Preis der Forschungsstelle für Energiewirtschaft gewonnen. Dazu erst einmal herzlichen Glückwunsch! Was war Ihr Forschungsgegenstand?

Mittels eines Werkzeugs vom Institut für Elektrische Energiesysteme habe ich Lastgangdaten von über 5.300 Unternehmensstandorten ausgewertet und berechnet, mit welcher Kapazität und Leistung ein elektrischer Energiespeichereinsatz dort bereits heute wirtschaftlich sein kann.

Insgesamt wurden drei Fälle zur Netzentgeltreduktion untersucht: die Spitzenlastkappung für ein Reduzieren des allgemeinen Netzentgeltes sowie ein Erreichen eines der beiden individuellen Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV (intensive und atypische Netznutzung). Bei der Spitzenlastkappung und der intensiven Netznutzung werden die Speicher dabei für ein Begrenzen der maximalen Netzbezugslast im gesamten Kalenderjahr dimensioniert, während bei der atypischen Netznutzung lediglich Lastspitzen innerhalb der sog. Hochlastzeitfenster verringert werden.

Dabei war es eine Herausforderung, mit der sehr großen Datenmenge umzugehen. Die Zusammenhänge mussten verstanden und im Anschluss die Ergebnisse nachvollziehbar visualisiert werden.

Am Ende konnte ich nachweisen, für welche Betriebe unter Berücksichtigung der unternehmens-individuellen Leistungspreise ein Speicher bereits heute wirtschaftlich sein kann und welche Speicherkapazitäten und -leistungen dafür erforderlich sind. Außerdem habe ich die Faktoren und deren Einfluss auf die resultierende Wirtschaftlichkeit untersucht.

RGC: Können Sie auf Grundlage Ihrer Forschungsergebnisse sagen, dass es für Unternehmen interessant ist, Speicher zur Netzentgeltoptimierung einzusetzen? 

Ein Ergebnis der Arbeit war, dass ein Energiespeichereinsatz im hohen Maße wirtschaftlich sein kann. Es wurde das Potenzial für kurze Amortisationszeiten untersucht. Dabei haben sich bei beiden individuellen Netzentgelten zum Teil theoretisch mögliche Amortisationszeiten von unter drei und sogar unter einem Jahr ergeben.

Interessant ist dabei für Unternehmen, dass der Speicher ihren Energiebezug verändert, ohne dass in Produktionsprozesse eingegriffen werden muss. 

RGC: Für welche Unternehmen ist diese Art des Speichereinsatzes besonders attraktiv?

Die heißesten Kandidaten für eine Investition in einen Energiespeicher mit kurzer Amortisationszeit sind solche Unternehmen, die durch herkömmliche Maßnahmen zur Spitzenlastbegrenzung, wie z.B. einer Leistungssteuerung, die Anforderungen für ein individuelles Netzentgelt mit nicht allzu großem Abstand verfehlen. Ein vergleichsweise kleiner Speicher könnte hier eingesetzt werden und das Netzentgelt erheblich verringern. Darüber hinaus begünstigt selbstverständlich ein hoher Leistungspreis die Wirtschaftlichkeit, ist aber als alleiniges Kriterium ungeeignet, um diese zu bewerten. Zu guter Letzt kommt es einer Investition in einen Speicher entgegen, wenn mit den zu reduzierenden Leistungsspitzen nicht übermäßig viel Energiebezug zeitlich verschoben werden muss. Um diese Energie aufzunehmen, müsste nämlich die Speicherkapazität größer dimensioniert werden. Da diese zusätzliche Kapazität keinen Beitrag zur Leistungs- und damit zur weiteren Entgeltreduktion liefert, verschlechtert sie die Wirtschaftlichkeit. In diesem Zusammenhang ist auch die spezifische Kapazität der einzusetzenden Speichertechnologie zu beachten. Sie ist ein Maß dafür, in welcher Zeit ein leerer Speicher geladen oder ein voller Speicher entladen werden kann.

RGC: Wie sollten Unternehmen vorgehen, wenn sie in die Planung von Speichern zur Netzentgeltoptimierung einsteigen möchten? 

Am Anfang eines Energiespeicherprojekts steht immer eine Entscheidung, welche(r) von den drei genannten Ansätzen zur Netzentgeltreduktion verfolgt werden soll. Für diese(n) sollte eine Speicherdimensionierung inklusive einer Wirtschaftlichkeitsberechnung durchgeführt werden. Dabei ist ein Berücksichtigen der individuellen Lastgangdaten unbedingt zu empfehlen. Das Ganze kann dabei im Rahmen einer Beratung durch das Institut für Elektrische Energiesysteme, Fachgebiet Energiespeicher, und alternativ durch Unterstützung des VEA erfolgen. Firmen, die am Markt Energiespeicher verkaufen, bieten diese Leistung ebenfalls an.

Ferner ist es zu empfehlen, sich vor der Investition in einen Speicher mit den mit einem Betrieb verbundenen regulatorischen Pflichten auseinanderzusetzen.

RGC: Welche Risiken bestehen bei derartigen Projekten?

Die wissenschaftlichen Untersuchungen der Studie unterliegen einigen Annahmen, die in einem tatsächlich umzusetzenden Speicherprojekt nicht gelten müssen. Zur Dimensionierung der Energiespeicher sind wir von einer perfekten Prognose der gemessenen Leistungswerte ausgegangen. Damit wurde der kleinste sinnvolle Speicher ermittelt. Für die reale Umsetzung sollten Sicherheitsaufschläge einkalkuliert werden, was ggf. die Wirtschaftlichkeit reduziert. 

Daneben ist die rechtliche Situation der individuellen Netzentgelte in den letzten Jahren immer wieder z.B. von der Bundesnetzagentur angegriffen worden. Bisher gelten die Regelungen allerdings noch. Für langfristige Investitionen in diesem Bereich ergibt sich jedoch ein gewisses Risiko, dass sich der regulatorische Rahmen ändert.

Außerdem sind Energiespeicher nach aktuellem Recht häufig als Eigenerzeugungsanlagen zu verstehen – mit allen damit verbundenen Pflichten und Risiken. Welche Änderung hier das im Eckpunktepapier zum Klimaschutzgesetz angekündigte Vorhaben, Energiespeicher nur noch als Letztverbraucher zu verstehen, haben wird, wird zu sehen sein.

RGC: Und zuletzt ein Blick in die Glaskugel: Handelt es sich um ein zukunftsfähiges Konzept mit einem breiten Anwendungsspektrum oder wird die Netzentgeltreduktion mittels Speicher eine Nischenanwendung bleiben? 

Die Technik wird im Feld bereits eingesetzt. Bisher höre ich grundsätzlich positive Rückmeldungen von Firmenvertretern, bei denen Energiespeicher bereits im Einsatz sind. Zwar kann es sein, dass die individuellen Netzentgelte vom Gesetzgeber gekippt werden oder sich die Netzentgeltsystematik generell ändert. In jedem Fall wird aber in einem elektrischen Energiesystem mit einer hohen Durchdringung von dezentralen Erzeugungsanlagen die Flexibilität gebraucht, die ein Energiespeicher von sich aus mitbringt. Daher bin ich mir sicher, dass es weiterhin Anreize geben wird, die einen Speicher refinanzieren – sei es innerhalb einer neuen Netzentgeltsystematik oder z.B. durch dezentrale Flexibilitätsmärkte.

Lieber Herr Tiemann, herzlichen Dank für das Interview!

Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen Höhe der EEG-Umlage für 2020

Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW haben Dienstag auf ihrer gemeinsamen Informationsplattform die Höhe der EEG-Umlage für das Jahr 2020 bekannt gegeben. Nachdem die EEG-Umlage im Vorjahr um 5,7 % auf 6,405 Cent/kWh gesunken war, steigt sie nunmehr für das Jahr 2020 wieder um 5,5 % auf 6,756 Cent/kWh an. Trotz des erneuten Anstieges, liegt sie damit aber immer noch unterhalb des EEG-Umlage-Betrages in den Jahren 2017 und 2018. 

Als Grund für die Erhöhung führen die Übertragungsnetzbetreiber die Entwicklung des sog. EEG-Kontos an. Zwar habe dieses zum Stichtag am 30. September 2019 ein Guthaben in Höhe von 2.190 Millionen € ausgewiesen. Da der Kontostand aber rund 40 % niedriger sei als im Vorjahr, führe dies zu einem Anstieg der EEG-Umlage für das Jahr 2020.

BMU legt Referentenentwurf vor

Die Bundesregierung hatte in ihrem Klimapaket aus September bereits angekündigt, schnell in die Gesetzgebung einsteigen zu wollen (RGC berichtete). Nun hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit den Referentenentwurf für ein Klimaschutzgesetz (KSG) vorgelegt.

Wir werten den Entwurf gerade aus und werden Sie an dieser Stelle unterrichtet halten. Bereits jetzt ist aber erkennbar, dass nicht jeder im Klimapaket beschlossene Punkt eine Umsetzung im Referentenentwurf gefunden hat.

Am 20. September 2019 präsentierte die Bundesregierung die Eckpunkte für eine CO2 Emissionsminderung

Am 20. September 2019 stellte die Bundesregierung ihr Klimapaket vor. Die Eckpunkte zum Paket finden Sie hier

Die folgenden Elemente liegen dem Gesamtkonstrukt zu Grunde: 

  • Bepreisung von CO2 durch ein Zertifikate-System;
  • Alle zusätzlichen Einnahmen sollen entweder in Klimaschutzfördermaßnahmen fließen oder in Form einer Entlastung (Senkung des Strompreises) zurückgegeben werden;
  • Förderprogramme und Anreize zur CO2 Einsparung, wobei diese als Anschubfinanzierungen bis 2030 befristet werden sollen;
  • Regulatorische Maßnahmen, die verstärkt erst ab 2030 greifen sollen.

CO2 Bepreisung

Ab 2021 wird eine CO2 Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme über einen Zertifikatehandel eingeführt. Dieses Zertifikate-System soll nur für Bereiche gelten, die noch nicht vom Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) erfasst sind. Das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) soll die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle, Benzin, Diesel etc. erfassen. 

Verpflichtet zum Kauf von Zertifikaten werden die Lieferanten, die Brenn- und Kraftstoffe in den Verkehr bringen. Im Jahr 2021 soll der Zertifikate-Handel mit einem Festpreis von 10 Euro pro Tonne CO2 beginnen und bis zum Jahr 2025 auf einen Preis von 35 Euro pro Tonne steigen. 

Ab dem Jahr 2026 wird eine maximale Emissionsmenge festgelegt, die sich dann von Jahr zu Jahr verringern soll. Ebenfalls ab dem Jahr 2026 werden die Zertifikate in einem Preis-Korridor zwischen 35 Euro und 60 Euro pro Tonne verkauft. Ob ein solcher Preis-Korridor längerfristig sinnvoll ist, soll noch entschieden werden.

Langfristig soll das nationale Emissionshandelssystem in den EU-ETS überführt werden.

Entlastung

Die Erlöse aus dem Zertifikate-Handel sollen zunächst für eine Senkung des Strompreises verwendet werden. Konkret sollen damit Teile der EEG-Umlage und andere stattliche Strompreisbestandteile bezahlt werden. In 2021 soll so zunächst eine Senkung der EEG-Umlage um 0,25 Cent/kWh erreicht werden. Die Einzahlungen auf das EEG-Konto sollen dann schrittweise steigen, um eine weitergehende Senkung der EEG-Umlage zu erzielen. Außerdem sollen konkrete Fördermaßnahmen zur Minderung von Emissionen und Entlastungsmaßnahmen angeschoben werden, wie die Erhöhung der Pendlerpauschale oder des Wohngeldes.

Sektorale Maßnahmen

Das Paket sieht zahlreiche sektorale Maßnahmen für die Industrie, die Energiewirtschaft, den Gebäudesektor, den Verkehrssektor und die Land- und Forstwirtschaft vor. Diese Maßnahmen bestehen meist aus einem Mix zwischen Förderung und Regulierung. 

Im Industriesektor sollen Maßnahmen gefördert werden, die auf eine Optimierung von Produktionsprozessen ausgerichtet sind. Förderprogramme zur Steigerung der Energieeffizienz sollen wettbewerblich ausgeschrieben werden. Außerdem wird eine Selbstverpflichtung der Industrie zur Umsetzung empfohlener Maßnahmen aus dem Energieaudit oder dem EMS angestoßen. Die Automobilindustrie soll bei der Ansiedlung von Batteriezellfabriken unterstützt werden.

Für die Energiewirtschaft werden als zentrale Maßnahmen die schrittweise Rückführung der Kohleverstromung bis spätestens 2038 und die Steigerung von Energieeffizienz genannt. Zudem soll der Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 65 Prozent gesteigert werden. Bei der Offshore-Windkraft soll der Förderdeckel von 15.000 auf 20.000 MW steigen, bei der Solarenergie entfällt die geltende Deckelung auf 52.000 MW. Außerdem sollen Stromspeicher zukünftig als Letztverbraucher gelten und so von Abgaben und Umlagen befreit sein. Die Kraft-Wärme-Kopplung soll weiter entwickelt werden und die KWK-Förderung bis 2030 verlängert.

Zur gesetzlichen Umsetzung 

Noch in 2019 sollen die gesetzlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Klimapakets verabschiedet werden. Ob dieses ambitionierte Ziel gehalten werden kann, bleibt allerdings abzuwarten.

Rechtliche Bewertung

Eine detaillierte Bewertung kann sicher erst abgegeben werden, wenn klare gesetzliche Regeln stehen, die das Maßnahmenpaket konkret umsetzen. Es wurde aber bereits aus verschiedenen Richtungen die Frage laut, ob das Zertifikate-System, wie von der Bundesregierung präsentiert, rechtssicher wäre. Problematisch ist das deshalb, weil es zunächst einen Festpreis geben soll, der letztlich eher wie eine Steuer wirken würde, ohne dass es hierfür einen verfassungsrechtlich zulässigen Steuertypus gäbe.

Ähnlich verhält es sich mit dem Umstand, dass ab dem Jahr 2026 zwar eine maximale Emissionsmenge festgelegt wird, zugleich aber ein Preis-Korridor gelten soll, der letztlich einen Höchstpreis beinhaltet. Ein Gutachten des Öko-Instituts und Prof. Klinski der  Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin beschäftigt sich genau mit dieser Fragestellung. Das Gutachten kommt unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass ein Zertifikatehandel, bei dem den Zertifikaten ein Festpreis gegeben wird, hohen finanzverfassungsrechtlichen Risiken unterliegt.

Den Fortgang zur CO2 Bepreisung werden wir eng begleiten und Sie dazu auf dem Laufenden halten.