Energierecht bezeichnet ein Rechtsgebiet, das unter anderem das Regulierungsrecht, das Energiewirtschaftsrecht sowie das Energieumweltrecht bzw. das Recht der erneuerbaren Energien umfasst. Alle Bereiche des Energierechts unterliegen einem ständigen Wandel, angetrieben durch Entwicklungen im EU-Energierecht, technische Innovationen und nicht zuletzt die mittlerweile alle Bereiche des Energierechts beeinflussende Digitalisierung. Damit besitzt das Energierecht mittlerweile auch vielfache Bezüge zum IT-Recht und zum Datenschutzrecht.

In der Klimapolitik geht es momentan Schlag auf Schlag. Als Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Bundes-Klimaschutzgesetz, hat das Bundesumweltministerium (BMU) überraschend schnell einen Referentenentwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Klimaschutzgesetzes vorgelegt, welches bereits heute im Kabinett behandelt werden soll. Der Entwurf sieht neue und die Verschärfung alter Klimaziele vor, welche insbesondere die Energiewirtschaft und Industrie vor neue Herausforderungen stellen dürften.

Nicht einmal zwei Wochen sind vergangen, seitdem das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zum Klimaschutzgesetz veröffentlicht hat. Die Richter erklärten das Gesetz für teilweise verfassungswidrig, da es keine hinreichenden Maßgaben für Emissionsreduktionen ab dem Jahr 2031 enthalte. Dies führe zu einer Verletzung der Freiheitsrechte der jüngeren Generation, da die Gefahren des Klimawandels lediglich verschoben würden und die Einhaltung der Klimaziele dann nur noch mit sehr kurzfristigen und einschneidenen Maßnahmen erreichbar sei. Die Karlsruher Richter forderten den Gesetzgeber zur Nachbesserung auf und gaben ihm bis Ende 2022 Zeit, das Klimaschutzgesetz zu überarbeiten (RGC berichtete).

Schon in der letzten Woche zeichnete sich allerdings ab, dass die Politik offensichtlich nicht vorhat, die vom Gericht gesetzte Frist auszureizen. Wie wir bereits hier berichtet haben, hat der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Klimapolitik ordentlich aufgewirbelt. Von nahezu allen Parteien kamen Vorschläge für Nachbesserungen, welche möglichst auch noch vor dem Sommer durch den Bundestag gebracht werden sollten, denn im September ist Bundestagswahl und der Klimaschutz ist eines der Spitzenthemen im Wahlkampf.

Nun hat das Bundesumweltministerium (BMU) bereits einen Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Klimaschutzgesetzes vorgelegt. Vorgesehen sind unter anderem neue nationale Treibhausgas-Minderungsziele von 2031 bis 2040. Im Jahr 2031 sollen die Emissionen im Vergleich zu 1990 um 68 Prozent reduziert sein und im Jahr 2040 um 88 Prozent. Die daraus abzuleitenden zulässigen Jahresemissionsmengen für die einzelnen Sektoren soll die Regierung 2024 festlegen.

Die neuen zulässigen Jahresemissionsmengen für die einzelnen Sektoren bis 2030 sind in der Anlage des Entwurfes aufgeführt. Denn neben den neuen Emissionsminderungszielen sieht der Gesetzentwurf auch eine Verschärfung des bisherigen Emissionsminderungsziels 2030 von 55 Prozent auf mindestens 65 Prozent vor. Hierzu werden die einzelnen Sektoren unter Berücksichtigung der CO2-Vermeidungskosten unterschiedlich stark herangezogen.

Die Energiewirtschaft hat bei dieser neuen Berechnung die Hauptlast zu tragen. Die zulässige Emissionsmenge des Energiesektors beträgt im Jahr 2030 nur noch 108 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das ist eine Verringerung des CO2-Budgets um knapp 40 Prozent im Vergleich zu der bisher vorgesehen Emissionsmenge von 175 Millionen Tonnen. Die Energiewirtschaft muss ihre derzeitige Emissionsmenge von 221 Millionen Tonnen dementsprechend bis 2030 mehr als halbieren. Letztes Jahr konnte der Energiesektor seinen CO2-Ausstoß immerhin um 14,5 Prozent reduzieren, was wohl auf die Abschaltung der ersten Stein- und Braunkohlekraftwerke zurückzuführen war.

Auch die Industrie muss „den Gürtel enger schnallen“. Statt 140 Millionen Tonnen sollen nach dem Entwurf im Jahr 2030 nur noch 118 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zulässig sein, eine Reduktion um fast 16 Prozent.

Im Verkehr wird die zulässige Emissionsmenge im Jahr 2030 um etwa 10 Prozent von 95 auf 85 Millionen Tonnen reduziert. 2020 erreichte der Sektor bereits eine Reduktion um 11,4 Prozent, wobei insbesondere die Corona-Pandemie einen großen, aber leider nur kurzfristigen Beitrag geleistet haben dürfte. Kleinere Reduktionen sind im Landwirtschafts- und Gebäudesektor vorgesehen. Die Landwirtschaft darf 2030 nur noch 56 statt 58 Millionen Tonnen und der Gebäudesektor noch 67 statt 70 Millionen Tonnen emittieren. Im Abfallsektor wird die erlaubte Menge um eine Million Tonnen von 5 auf 4 Millionen Tonnen reduziert.

Die zulässigen Jahresemissionsmengen der Sektoren für den Zeitraum von 2041 bis 2045 sollen im Jahr 2034 festgelegt werden. Im Jahr 2045, nicht wie bisher vorgesehen im Jahr 2050, soll die Netto-Treibhausgasneutralität erreicht werden. „Netto“ bedeutet, dass natürliche Senken wie Wälder und Moore, in denen CO2 gespeichert werden kann, hinzugerechnet werden. Hierzu sind in dem Gesetzentwurf konkrete Ziele für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft vorgesehen. Bis 2045 soll mithilfe der natürlichen Senken eine Treibhausgasminderung um 40 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent erreicht werden. Wie bereits im Beitrag zum EU-Klimagesetz erläutert, wird die Einbeziehung von Kohlenstoffsenken in Klimaziele aufgrund der damit einhergehenden Unsicherheiten allerdings kritisch gesehen.

Eine ambitionierte Reduktion der Treibhausgasemissionen ist dringend notwendig, denn laut Wissenschaft darf Deutschland insgesamt nur noch 6,7 Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen, sofern das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen eingehalten werden soll. Ohne eine Reduzierung der derzeitigen Treibhausgasemissionen wären die 6,7 Milliarden Tonnen CO2 bereits im Jahr 2029 erreicht.

Vorerst bleibt abzuwarten, ob sich das Kabinett auf den Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums einigen kann und ob der öffentlichkeitswirksamen Verschärfung der Klimaziele ebenso schnell konkrete Maßnahmenpakete folgen.

Dennoch sollten Unternehmen schon jetzt handeln und eigene Maßnahmen treffen. Input werden wir Ihnen hierzu in unserem neuen Netzwerk „RGC-Praxisforum Zunft: Co2-neutrale Versorgungs- und Produktionskonzepte“ geben! Über Details hierzu berichten wir kurzfristig.

Mit der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) wird die energetische Gebäudeförderung des Bundes für den Neubau und die Sanierung von Gebäuden zusammengefasst.

Mit der BEG wurden zu Jahresbeginn die bestehenden Programme zur Förderung von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien im Gebäudebereich zusammengefasst. Dazu gehörten u.a. das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das Programm zur Heizungsoptimierung, das Anreizprogramm Energieeffizienz und das Marktanreizprogramm zur Nutzung Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt.

Die neue BEG ist in drei Teilprogrammen aufgeteilt:

  • Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM)
  • Bundesförderung für effiziente Gebäude – Wohngebäude (BEG WG)
  • Bundesförderung für effiziente Gebäude – Nichtwohngebäude (BEG NWG)

Zu den mit der BEG EM geförderten Einzelmaßnahmen gehört beispielsweise der Wechsel von Heizsystemen. Hierfür können seit Januar 2021 Zuschüsse beim BAFA beantragt werden.

Ab Juli 2021 ist der Start der Förderung im Rahmen der BEG NWG und BEG WG in der Zuschuss- und Kreditvariante sowie der BEG EM in der Kreditvariante geplant. Diese sollen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) durchgeführt werden.

Ab 2023 sollen die drei Förderprogramme wahlweise als direkter Investitionszuschuss des BAFA oder als zinsverbilligter Förderkredit mit Tilgungszuschuss der KfW erfolgen.

Die Antragsberechtigung für die Förderung besteht für Eigentümer, Pächter oder Mieter eines Grundstücks, Grundstücksteils, Gebäudes oder Gebäudeteils, auf oder in dem die Maßnahme umgesetzt werden soll, sowie für Contractoren.

Während Sturm „Eugen“ mit Windgeschwindigkeiten von 80 km/h aufwärts über Deutschland hinweg gefegt ist, wurde auch die deutsche Klimapolitik in den letzten Tagen gewaltig aufgewirbelt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz hat für eine Fülle von Forderungen und Ideen für Nachbesserungen in der Klimapolitik gesorgt. Noch in dieser Legislaturperiode könnte dieser „frische Wind“ für erhöhte Klimaziele, den Ausbau der erneuerbaren Energien und Nachschärfungen beim Emissionshandel sorgen.

Zum ersten Mal hat in der letzten Woche ein hochrangiges Gericht mit der Generationengerechtigkeit argumentiert und entschieden, dass mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz die Freiheitsrechte der jüngeren Generation verletzt werden. Man dürfe die Verantwortung nicht auf künftige Generationen abwälzen, so die Karlsruher Richter. Über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz haben wir bereits hier berichtet.

Nun werden aus allen Richtungen Vorschläge für eine Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes und darüber hinaus gemacht:

Aus Sicht der SPD müsse das neue Klimaschutzgesetz noch vor dem Sommer durch den Bundestag gebracht werden. Svenja Schulze (SPD) möchte bereits bis Ende dieser Woche einen Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz vorlegen. Das derzeitige Emissionsreduktionsziel von 55 Prozent für 2030 soll auf 62 bis 68 Prozent erhöht werden. Darüber hinaus müsse man beim Ausbau der erneuerbaren Energien nachjustieren und einen klaren Fahrplan in die Klimaneutralität vorgeben.

Auch die Grünen drängen auf ehrgeizige und konkrete Maßnahmen, ebenfalls noch vor der Bundestagswahl im Herbst. In einem Brief an die Bundesregierung forderten sie, dass noch in dieser Legislaturperiode konkrete Schritte für einen ambitionierten Klimaschutz eingeleitet werden. Die Maßnahmen müssten zudem über eine reine Reform des Klimaschutzgesetzes hinausgehen. Konkret fordern die Grünen:

  1. Die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent im Jahr 2023 (derzeit sind es noch 25 Euro). Die Einnahmen könnten für eine Pro-Kopf-Rückerstattung, eine Senkung der EEG-Umlage sowie für zielgerichtete Transformationszuschüsse für Menschen mit niedrigen Einkommen verwendet werden.
  2. Die Anhebung des Treibhausgas-Reduktionsziels 2030 auf 70 Prozent.
  3. Die Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien durch höhere Ausschreibungsmengen für Solar und Wind
  4. sowie den Abbau von klimaschädlichen Subventionen.

Die CDU hat als Reaktion auf das Klimaschutzgesetz-Urteil am Montag ein Positionspapier zur Klimaneutralität beschlossen. Noch in dieser Legislaturperiode solle das Klimaschutzgesetz weiterentwickelt werden. Das nationale Klimaziel für 2030 solle von 55 Prozent auf mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 angehoben werden. Darüber hinaus solle die Klimaneutralität „deutlich vor {der} Mitte des Jahrhunderts“ erreicht werden. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wolle man zudem durch gesetzlich verankerte Zwischenziele für die Jahre 2035 und 2040 nachkommen.

Auf der Maßnahmenseite schlägt die CDU eine Verschärfung des Anstiegspfades des CO2-Preises im Brennstoffemissionshandel vor. Zudem müsse man früher als bisher vorgesehen zu einer Preisbildung am Markt übergehen. Nach der bisherigen Regelung werden die Emissionszertifikate bis 2025 zu gesetzlich geregelten Festpreisen verkauft. Ab 2026 sollen die Emissionszertifikate versteigert werden. Im Jahr 2026 muss sich der Preis allerdings noch in einem Korridor zwischen dem Mindestpreis von 55 Euro und dem auf 65 Euro festgelegten Höchstpreis bewegen.

Mit „hoher Priorität“ solle zudem der Ausbau der erneuerbaren Energie vorangebracht werden. Unter anderem sollen Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen mit höheren Ausschreibungsmengen gefördert werden.

Und selbst die CSU hat Vorschläge gemacht. Das Ziel der Klimaneutralität solle in Bayern auf 2040 vorgezogen werden und das Emissionsreduktions-Ziel für 2030 müsse laut Markus Söder auf 65 Prozent erhöht werden. Zudem müsse man mithilfe finanzieller Anreize schneller aus der Kohlekraft aussteigen, die Ladesäuleninfrastruktur ausbauen, für schnellere Verfahren beim Streckenausbau der Bahn sorgen, den Ausbau von Photovoltaikanlagen voranbringen sowie mehr mit Ziegeln und Holz, statt mit Beton bauen.

Plötzlich soll nun also alles ganz schnell gehen. Die Parteien überbieten sich mit Forderungen und der Klimaschutz rückt noch weiter ins Zentrum des Wahlkampfes für die Bundestagswahl im September.

Marco Buschmann, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundesfraktion ist wenig optimistisch und befürchtet, dass es vor der Bundestagswahl keine Einigung bezüglich der Umsetzung des Klimaschutzgesetz-Urteils geben wird. Er geht davon aus, dass jeder Vorschlag „in den Mühlen des Wahlkampfes“ zerrieben werde.

Sollte sich im Falle einer Zerreibung der vorgeschlagenen Klimaziele allerdings ein Verantwortlicher finden, braucht sich dieser wohl keine großen Chancen mehr auf die Wählerstimmen auszumalen.

Ohne Zweifel ist, dass der erneute politische Wettbewerb um ambitioniertere Klimaziele Auswirkungen auf die Industrie haben wird. Insbesondere die mögliche Erhöhung der Preise für Emissionszertifikate könnte Unternehmen zu einem schnelleren Umstieg auf eine emissionsarme Produktion zwingen.

Wie Sie wissen, haben wir es uns zur besonderen Aufgabe gemacht, unsere Mandanten auf dem (alternativlosen) Weg in eine CO2-neutrale Zukunft bestmöglich zu unterstützen. Mit diesem Ziel wollen wir kurzfristig das Praxis- und Informationsform „RGC Zukunft: CO2-neutrale Versorgungs- und Produktionskonzepte“ ins Leben rufen. Was sich dahinter verbirgt, werden wir bald berichten. Sie können schon gespannt sein!

Das EU-Klimagesetz ist Teil des „European Green Deals“ und schreibt unter anderem das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gesetzlich fest. Letzte Woche Dienstag fand die letzte Verhandlungsrunde, der letzte sog. Trilog, statt und in den frühen Morgenstunden des Mittwochs konnte endlich eine Einigung über die zum Teil sehr strittigen Punkte des Gesetzes erzielt werden. Von vielen Seiten wird die nun getroffene Einigung allerdings scharf kritisiert.

Das EU-Klimagesetz ist das Herzstück des European Green Deals und daher von enormer Bedeutung für die europäische Klimapolitik. Der Green Deal soll nach Aussage Ursula von der Leyens zu Europas „Mann auf dem Mond-Moment“ werden. Europa möchte globaler Vorreiter beim Klimaschutz werden, einen größeren Beitrag zur Verlangsamung der Erderwärmung leisten und andere Staaten zum Mitmachen animieren. Im Rahmen der Verhandlungen zum EU-Klimagesetz musste das Europäische Parlament nun aber zu Lasten des Klimas und im Widerspruch zu den genannten Zielen weitreichende Kompromisse eingehen. Auf der anderen Seite verkündete Joe Biden beim US-Klimagipfel letzte Woche ehrgeizige Ziele, mit denen ihm das Comeback der USA in die Klimaschutzpolitik gelang.

Der erste Mann auf dem Mond war bekanntermaßen der US-amerikanische Astronaut Neil Armstrong. Könnte der derzeitige Wettlauf um einen möglichst schnellen Umbau der Wirtschaft, hin zu mehr Umwelt- und Klimaschutz, dem damaligen Wettlauf ins All am Ende möglicherweise doch ähnlicher sein, als Europa lieb ist?

Im Folgenden stellen wir Ihnen die relevanten Punkte des im Rahmen der Verhandlungen zum EU-Klimagesetz getroffenen Kompromisses dar. Am Ende gehen wir zum Vergleich noch kurz auf die von den USA festgelegten Klimaziele ein.

Im Vorfeld der nun erzielten Einigung über die konkrete Ausgestaltung des EU-Klimagesetzes wurde unter anderem in Bezug auf das Treibhausgasemissionsminderungsziel für 2030 hart verhandelt. Die Kommission forderte eine Treibhausgasemissionsminderung von 50-55 % im Vergleich zu 1990. Der Rat legte sich auf 55 % netto fest. Dem Europaparlament gingen diese Vorschläge allerdings nicht weit genug. Es forderte eine Reduktion um 60 % ohne „Rechentricks“ (dazu gleich mehr). Beschlossen wurde letztlich eine Minderung der Treibhausgasemissionen um 55 % netto. Netto (bzw. mit „Rechentricks“) bedeutet in diesem Fall, dass natürliche Senken wie z.B. Wälder und Moore, in denen CO2 gespeichert werden kann, hinzugerechnet werden. Demnach setzt sich das 55 %-Klimaziel für 2030 aus etwa 52,8 % echter Emissionsreduktion und 2,2 % CO2-Aufnahme durch Wälder und natürlichen Senken zusammen. Die Einbeziehung von Kohlenstoffsenken in das EU-Klimaziel wird zum Teil sehr kritisch gesehen. Im alten Klimaziel wurden diese Senken noch außen vorgelassen, da solche Senken etwa aufgrund von Trockenheit und Waldbrandgefahr mit Unsicherheiten behaftet sind. Zumindest konnten die Parlamentarier heraushandeln, dass die Anrechnung der Senken auf 225 Millionen Tonnen CO2 begrenzt wird.

Auch bei der Forderung, dass jeder Mitgliedstaat für sich das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen muss, zog das Europaparlament den Kürzeren. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gilt nicht für jeden Mitgliedstaat einzeln, sondern für die EU insgesamt. Das heißt, dass die EU die Klimaneutralität als Gruppe erreichen muss und einige Länder dieses Ziel später erreichen werden, als andere. Nach 2050 sollen dann „negative Emissionen“ angestrebt werden.

Darüber hinaus wird es vorerst kein rechtlich verbindliches Ziel für das Ende aller fossilen Subventionen geben. Allerdings wird die EU-Kommission die Definition fossiler Subventionen konkretisieren, was die Grundlage für die zukünftige Reduzierung/Abschaffung fossiler Subventionen bilden könnte.

Einen Erfolg konnte das Europaparlament bei der Diskussion um ein Treibhausgas-Budget erringen. Zumindest für den Zeitraum 2030 bis 2050 soll es ein solches Budget geben. Mit dem Treibhausgas-Budget soll bestimmt werden, wie viel CO2 die EU bis 2050 noch ausstoßen kann, bevor sie gegen das Pariser Klimaabkommen verstößt. Zudem soll es als Basis für ein neues Klimaziel 2040 dienen. Das Klimaziel für 2040 soll spätestens innerhalb von sechs Monaten nach der ersten globalen Bestandsaufnahme des Pariser Abkommens im Jahr 2023 vorgelegt werden.

Weniger erfreut dürfte das Parlament über die Tatsache sein, dass es sich mit seinem Wunsch nach einem Recht auf Klimaschutz nicht durchsetzen konnte. Vorerst wird es ein solches Recht des Einzelnen nicht geben.

Bei der Forderung, einen wissenschaftlichen Klimarat einzurichten, konnte sich das Europaparlament demgegenüber durchsetzen. Demnach sollen zukünftig 15 Wissenschaftler:innen die EU-Ziele bewerten und Maßnahmen zur Erreichung der Pariser Klimaziele vorschlagen.

Mit dem EU-Klimagesetz hat Europa bedeutende Klimaziele festgeschrieben und zweckdienliche Instrumente geschaffen. Im internationalen Vergleich steht die EU damit tatsächtlich weit vorn. Zum Vergleich: Die USA (328 Millionen Einwohner) möchten im Jahr 2030, ausgehend von dem nunmehr erklärten 50-Prozent-Ziel auf Basis der Emissionen im Jahr 2005, noch etwa 3,06 Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen. Die EU (448 Millionen Einwohner) will dagegen 2030 nur noch etwa zwei Milliarden Tonnen ausstoßen. Noch liegt Europa also vorn im Wettlauf um mehr Nachhaltigkeit. Dennoch sind aus Sicht der Wissenschaft weder die Ziele Europas, noch die Ziele der USA weitreichend genug, um dem Pariser Klimaabkommen gerecht zu werden und dem Klimawandel effektiv entgegenzutreten. Eine erneute Nachschärfung der Klimaziele ist in Anbetracht der derzeitigen politischen Entwicklungen nicht unwahrscheinlich.

Schon heute ist Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor geworden. Aufgrund des EU-Klimagesetzes und der darin beschlossenen Klimaziele ist auch auf nationaler Ebene mit weiteren Verschärfungen zu rechnen. Unternehmen sollten sich daher auf den Weg machen und ihre Tätigkeiten bzw. Produkte an die derzeitige Entwicklung anpassen.
 
Um das Gesetz endgültig auf den Weg zu bringen, muss noch die formale Bestätigung durch Rat und EU-Parlament erfolgen, mit der voraussichtlich im Juni zu rechnen ist.

Der Leitfaden erläutert die Überwachung und Berichterstattung von CO2-Emissionen in der Startphase des nationalen Emissionshandels 2021 und 2022.

Die DEHSt (Deutsche Emissionshandelsstelle) hatte bereits zu Beginn des Jahres einen Leitfaden zur Überwachung und Berichterstattung von CO2-Emissionen im Rahmen des nationalen Emissionshandels veröffentlicht. (RGC berichtete)

Der Leitfaden erläutert den für die Startphase geltenden Anwendungsbereich und die Berichtspflicht sowie die Emissionsermittlung und -berichterstattung für die Jahre 2021 und 2022.

Die DEHSt hat den Leitfaden nunmehr nach Sichtung eingegangener Anfragen und Rückmeldungen aktualisiert. Insbesondere das Kapitel 6.7 zum Thema „Vermeidung von Doppelbelastungen“ wurde überarbeitet. Die DEHSt veranschaulicht das Zusammenspiel zwischen BEHG-Verantwortlichen und EU-ETS-Anlagenbetreibern und benennt die Voraussetzungen für den Abzug von Emissionen im Emissionsbericht des BEHG-Verantwortlichen. Die Erläuterungen der DEHSt in diesem Kapitel gliedern sich in:

  • die privatwirtschaftliche Ebene
  • die vollzugstechnische Ebene
  • und die Inhalte der Verwendungsbestätigung des EU-ETS-Anlagenbetreibers und Verwendung dieser im Emissionsbericht des BEHG-Verantwortlichen.

Zu der überarbeiteten Version des Leitfadens gelangen Sie hier.

Wir haben in drei Fachvideos die wesentlichen Informationen zu den Grundsätzen des nationalen Emissionshandels, den Pflichten der sog. Inverkehrbringer sowie To-Do’s für die Industrie zusammengefasst. Weitere Infos erhalten Sie in unserer News. Zur Anmeldung gelangen Sie hier.

Mit einem weiteren Video aus der Serie „RGC-Fokus“ stellen wir Ihnen kompakt und verständlich die Pflichten dar, die sich aus dem neuen Gebäudeenergiegesetz ergeben und gehen dabei insbesondere auf die Änderungen und Neuerungen der neuen Rechtslage ein.

Nach dem erfolgreichen Start der Video-Serie „RGC-Fokus“ erläutern wir mit dem neuen Video den Inhalt und die Pflichten aus dem Gebäudeenergiegesetz und beantworten viele Praxisfragen, die sich unsere Mandanten seit Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes gestellt haben und. Das Video

RGC-Fokus: Gebäudeenergiegesetz – Pflichten, Änderungen und Neuerungen

steht ab sofort zu einem Preis von 99 € zzgl. MwSt. in unserer Mediathek zur Buchung bereit. Unsere Mediathek finden Sie unter „Video&Podcast“ in der RGC Manager App oder unserem RGC Manager Portal. Dort finden Sie auch die anderen Videos aus der RGC-Fokus-Serie sowie weitere Video-Tutorials.

Da das Gebäudeenergiegesetz grundsätzlich für alle Gebäude sowie die gesamte Anlagentechnik gilt und bestimmte Pflichtverstöße bußgeldbewährt sind, ist dieses Video für beinahe jedes Unternehmen relevant.

Einen kostenfreien Ausschnitt aus dem neuen Video finden Sie hier.

Viel Spaß mit dem neuen Video!

CO2-Abgabe auf bestimmte Importe ab 2023 geplant.

Das EU-Parlament hat eine Entschließung zu einem EU-CO2-Grenzausgleichsmechanimus verabschiedet. Zu der Pressemitteilung gelangen Sie hier.

Den ambitionierten Klimazielen der EU ist nicht geholfen, wenn Unternehmen angesichts der Zertifikatspreise des Europäischen Emissionshandels in das EU-Ausland abwandern (sog. Carbon Leakage) und in Drittstaaten ohne bzw. mit weniger straffen Klimazielen die Emissionen gleichermaßen freisetzen.

Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben sich daher dafür ausgesprochen, bestimmte Waren, die von außerhalb der EU importiert werden, mit einer CO2-Abgabe zu belegen, wenn diese Länder nicht mehr Ehrgeiz in Bezug auf den Klimawandel zeigen (RGC berichtete). Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus soll alle Einfuhren von Produkten und Rohstoffen erfassen, die unter den Europäischen Emissionshandel fallen. Ab 2023 sollen die Energiewirtschaft und energieintensive Industriezweige wie Zement, Stahl, Aluminium, Ölraffinerien, Papier, Glas, Chemikalien und Düngemittel erfasst werden.

Es wird erwartet, dass die Kommission im zweiten Quartal 2021 einen Gesetzesvorschlag für eine Kohlenstoffabgabe als Teil des europäischen „Green Deal“ vorlegen wird.

Auch der nationale Emissionshandel ist zum 01.01.2021 gestartet. Wir haben in drei Fachvideos die wesentlichen Informationen zu den Grundsätzen, den Pflichten der sog. Inverkehrbringer, sowie To-Do’s für die Industrie zusammengefasst. Weitere Infos erhalten Sie in unserer News, zur Anmeldung unseres Video-Tutorials „BEHG – Aktueller Stand: To-Do´s für Industrie und Inverkehrbringer“ gelangen Sie hier.

Anträge zur Anerkennung sind binnen Frist von 9 Monaten nach Inkrafttreten der BECV zu stellen.

Wir haben hier berichtet, dass die Bundesregierung am 31. März 2021 die BECV verabschiedet hat. Die Zustimmung des Bundestages steht noch genauso aus, wie die beihilferechtliche Genehmigung der EU-KOM. Wesentliche Änderungen werden jedoch nicht mehr erwartet.

Die BECV wird von vielen Seiten kritisiert. Zur Kritik gehört, dass die Entlastung der berechtigten Unternehmen zu gering ausfällt. Das liegt unter anderem daran, dass die Zuschusszahlungen zu den nationalen CO2-Zertifikatskosten regelmäßig als Gegenleistungen Investitionen in Klimamaßnahmen voraussetzen. Die Investitionen müssen für das Abrechnungsjahr 2023 und 2024 zumindest 50 % der erhaltenen Entlastungen entsprechen.

Aber auch wenn die Entlastungen somit unter dem Strich begrenzt sind, finanziert der Staat durch dieses „Gegenleistungssystem“ – quasi durch die Hintertür – teilweise die Klimamaßnahmen von Unternehmen mit, die sie eh umsetzen müssten. Kein Unternehmen wird zukünftig ohne Investitionen in eine klimafreundlichere Ausrichtung wettbewerbsfähig sein.

Es ist daher bitter, dass sich nur recht wenige privilegierte Sektoren und Teilsektoren in den Tabellen 1 und 2 der BECV finden. Gehört die Tätigkeit eines Unternehmens hier nicht dazu, hat es keinen Anspruch auf Zuschusszahlungen, muss also dauerhaft die vollen CO2-Zertifikatskosten ohne Kompensationen entrichten. Wer prüfen möchte, ob der (Teil-)Sektor seines Unternehmens in den Tabellen aufgezählt ist, findet die BECV hier zum Download.

Besondere Wichtigkeit bekommt somit die Möglichkeit, dass (Teil-)Sektoren nachträglich in die BECV-Tabellen aufgenommen werden können. Hierfür bedarf es eines Antrages, der in einer Frist von 9 Monaten nach Inkrafttreten der BECV zu stellen ist. Bei der Antragstellung ist besondere Sorgfalt walten zu lassen, da für jeden (Teil-)Sektor nur ein Antrag gestellt werden darf. Es gibt also nur einen Versuch, der sitzen muss.

Antragsberechtigt ist u.a. ein für den jeweiligen (Teil-)Sektor tätige Interessenverband, dem Unternehmen angehören, die im dritten Jahr vor der Antragstellung mindestens 50 Prozent des in Deutschland erzielten Umsatzes dieses (Teil-)Sektors erwirtschaftet haben.

Der Antrag ist erfolgreich, wenn entweder sogenannte quantitative oder qualitative Kriterien vorliegen. Das quantitative Kriterium ist bei (Teil-)Sektoren produzierender Wirtschaftszweige erfüllt, wenn deren nationaler Carbon-Leakage-Indikator 0,2 übersteigt. Der Carbon-Leakage-Indikator ist das Produkt aus der Handelsintensität und der Emissionsintensität des (Teil-)Sektors, jeweils bezogen auf den Durchschnittswert des zweiten bis vierten Jahres vor der Antragstellung. Zu den qualitativen Kriterien zählen u.a. die Möglichkeit zur Reduzierung von CO2, Markbedingungen und die Gewinnspanne als Indikator für langfristige Investitionen zur Emissionsreduzierung.

Die wesentlichen Angaben im Antrag sind zu testieren.

Nach alldem sollten sich bisher nicht privilegierte Unternehmen zur Meidung von dauerhaften Nachteilen mit ihren Fachverbänden kurzschließen und die Möglichkeit prüfen, die Aufnahme ihres (Teil-)Sektors in die Tabellen der BECV zu beantragen.

Sofern Sie hierbei Unterstützung benötigen, melden Sie sich gern bei uns. Wir arbeiten bei diesen Anfragen auf Wunsch mit einem von uns seit vielen Jahren geschätzten Wirtschaftsprüfer zusammen.

In diesem #RGCfragtnach spricht Dr. Franziska Lietz mit Fanny Tausendteufel von Agora Verkehrswende zu ihrem kürzlich
veröffentlichten Politikpapier „Unternehmens-Ladesäulen für alle Fälle“.

Lietz: Guten Tag, mein Name ist Franziska Lietz von RGC und in diesem #RGCfragtnach spreche ich mit Fanny Tausendteufel von Agora Verkehrswende zu ihrem kürzlich veröffentlichten Politikpapier „Unternehmens-Ladesäulen für alle Fälle“ (https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/unternehmens-ladesaeulen-fuer-alle-faelle/).

Liebe Frau Tausendteufel, erstmal vielen Dank für Ihre Bereitschaft zu diesem Interview!

Zunächst würde ich gern wissen, was in Ihrem Hause der Ausgangspunkt bzw. die Veranlassung war, sich mit dem Thema „Unternehmens-Ladesäulen“ auseinanderzusetzen?

Tausendteufel:

Vielen Dank erstmal für die Einladung. Ich freue mich natürlich sehr, dass wir hier die Möglichkeit haben, das Papier vorzustellen und mit Ihnen zu diskutieren. Der Anlass war, dass der Großteil der Ladevorgänge privat stattfinden soll bzw. wird, also beim Arbeitgeber oder auch zuhause. Und entsprechend ist dieser Anwendungsbereich relativ entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität und deswegen wollten wir uns das als Agora Verkehrswende nochmal genauer angucken und sehen, was die Chancen und die Risiken in diesem Bereich sind.

Lietz:

Und welche Bedeutung hat die Ladeinfrastruktur in Unternehmen Ihrer Auffassung nach für die Mobilität der Zukunft generell?

Tausendteufel:

Aus unserer Sicht gibt es da ganz viele verschiedene Gründe, die diese Bedeutung unterstreichen. Zum einen ist es aus der kommunalen Sicht vorteilhaft vor allem Ladeinfrastruktur im privaten Bereich aufzubauen, insbesondere beim Unternehmen, weil dadurch natürlich der Bedarf an öffentlicher Infrastruktur und die Nutzung des öffentlichen Raumes reduziert wird.

Die längeren Ladezeiten beim Arbeitgeber oder zuhause geben eine Möglichkeit für die bessere Integration in das bestehende Energiesystem und letztlich auch für die Umsetzung der Energiewende. Denn umso länger ich lade, desto besser kann ich mich daran ausrichten, wann es ausreichend Netzkapazitäten gibt und nach dem Angebot erneuerbarer Energien.

Drittens gibt es durch die Ladeinfrastruktur am Unternehmensstandort natürlich auch Chancen für Unternehmen, bspw. die CO2-Emissionen des Unternehmens zu senken.

Und viertens: Das Laden zuhause wiederum ist besonders vorteilhaft um den elektrischen Fahranteil von Plug-in-Hybriden zu erhöhen. Andere Publikationen von uns zeigen, dass das relativ wichtig ist.
Das sind die Gründe, warum das ein wichtiger Anwendungsbereich ist für den Erfolg der Elektromobilität.

Lietz:
Dann kommen wir jetzt einmal zu den Schwierigkeiten, um die es ja auch in dem Papier geht. Als einen der ersten Punkte, die den Hochlauf von Elektromobilität im Unternehmenskontext schwierig machen, benennen Sie die rechtlichen Anforderungen Unternehmen. Was sind hier die spezifischen Herausforderungen, die Sie bei der Arbeit an Ihrem Politikpapier festgestellt haben? Gelten diese für alle Unternehmen gleichermaßen?

Agora:
Vor allem Industrieunternehmen sind oft privilegiert hinsichtlich der EEG-Umlage, zahlen also weniger oder auch gar keine EEG-Umlage. Und genau diese Unternehmen müssen Ihre Drittverbräuche dann messtechnisch abgrenzen. Es muss also eindeutig festgestellt werden, wieviel Strom vom Unternehmen und wieviel Strom von Dritten verbraucht wird. Das ist dann vor allem der Fall beim Laden von Mitarbeiter- oder auch Kundenfahrzeugen an Ladepunkten am Unternehmensstandort. Bisher gibt es da eben keine gängige Praxis, d.h. wenig, worauf Unternehmen zurückgreifen können und die Anwendungsfälle unterscheiden sich auch relativ stark von Unternehmen zu Unternehmen. Das heißt, Unternehmen müssen individuelle Messkonzepte entwickeln und zudem riskieren Unternehmen durch den Verlust ihres Privilegs einen relativ hohen finanziellen Schaden. In der Folge – und das sehen wir aus Sicht der Verkehrswende als relativ problematisch an – ist dann damit zu rechnen, dass Unternehmen den Zugang zu ihren Ladepunkten für Mitarbeiter und deren private Zwecke, für Kunden oder auch die Öffentlichkeit stark beschränken.

Lietz:

Ja, das sind natürlich Probleme, die wir auch aus der anwaltlichen Beratung nur zu gut kennen. Da freuen wir uns natürlich auch sehr, dass diese im politischen Kontext angekommen sind. Dann natürlich gleich die Anschlussfrage: Welche Maßnahmen halten Sie für geboten, um diese Hemmnisse zu reduzieren?

Agora:
Wir denken, dass man die Schätzmöglichkeiten für die Abgrenzung von Ladestrom erweitern sollte. Es gibt ja bereits Schätzmöglichkeiten im Zusammenhang mit der EEG-Umlage, aber vor allem eben in anderen Anwendungsbereichen. Wir denken, dass hier explizit auch die Ladestrommengenabgrenzung berücksichtigt werden sollte, also bspw. dass es nicht erforderlich ist, mess- und eichrechtskonforme Geräte zu verwenden oder dass man typische Standardwerte verwenden kann. Das sind alles Erleichterungen, von denen wir glauben, dass sie sehr hilfreich wären in diesem Zusammenhang.

Lietz:
In diesem Kontext dieser ganzen Probleme der Unternehmen weisen Sie auch auf einen möglichen Mangel an Know-How in den Unternehmen hin. Wie könnte dem entgegengewirkt werden?

Agora:

Es gibt ja eigentlich bereit relativ viele regionale Beratungsangebote. Allerdings ist unser Eindruck gewesen bei der Erarbeitung des Papiers, dass diese regionalen Angebote noch nicht bundesweit vernetzt sind und dass dadurch ein deutlicher Mehrwert realisiert werden könnte. So könnten z.B. Best Practices besser ausgetauscht werden usw. Und vor allem glauben wir, dass es auch wichtig wäre, eine gezielte Förderberatung zu Ladeinfrastruktur anzubieten. Denn es gibt zwar ganz viele Förderprogramme, was natürlich gut ist, aber die Förderbedingungen unterscheiden sich sehr stark, gerade zwischen Förderprogrammen auf Länder- und auf Bundesebene. Und wir haben bei unseren Gesprächen mit Unternehmen festgestellt, dass das teilweise doch ein bisschen überfordernd sein kann. Deswegen ist es aus unserer Sicht wichtig, dass man da eine stärkere bundesweite Koordination umsetzt.

Lietz:

Ja, soviel zum Thema Unternehmen. Was Sie ja auch noch angesprochen haben, sind die Mitarbeiter, die dann in ihren Privathaushalten laden. Auch hier haben Sie in Ihrem Papier Problemstellungen angesprochen. Welche sind das denn und welche Lösungsmöglichkeiten haben Sie dafür in Ihrem Papier erarbeitet?

Agora:

Ähnlich zu Industrieunternehmen können auch Privathaushalte privilegiert sein bei der EEG-Umlage bspw. wenn sie eine PV-Anlage auf dem Dach haben und dadurch Eigenversorger sind. Auch hier müssen dann private und betriebliche Strommengen eindeutig voneinander abgegrenzt werden. Im Gegensatz zu Industrieunternehmen ist es aber bei Privathaushalten so, dass man eigentlich davon ausgehen kann, dass in der Regel der Mehraufwand die Vorteile durch die EEG-Privilegierung deutlich übersteigen würde. Aus diesem Grund denken wir, dass wir hier noch einen Schritt weiter als bei Industrieunternehmen gehen sollten in der Vereinfachung, und dass es Pauschalen geben sollte für die Abgrenzung von Ladestrom in Privathaushalten, bspw. orientiert an der Leistung des Ladepunktes.

Lietz:
Ja, das wäre dann wie in der Ladesäulenverordnung, das sind ja auch die kleinen Wallboxen außen vor. Das sind wirklich spannende Ansätze. Ich würde mir ebenfalls wünschen, dass in den eben diskutierten Fragen sowohl für Unternehmen als auch für Privathaushalte künftig Vereinfachungen gibt.
Daher meine letzte Frage: Wie schätzen Sie dies für die Zukunft ein? Werden sich diese Vereinfachungen realisieren lassen oder liegt hier noch ein langer Weg vor uns?

Agora:
Das Politikpapier, was wir hier veröffentlicht haben, ist vor allem darauf ausgelegt, kurzfristige Lösungsvorschläge zu beschreiben. Das heißt, die Erweiterung der Schätzmöglichkeiten für die Abgrenzung von Ladestrommengen, die Einführung von Pauschalen, das sind alles Sachen, die sehr schnell umsetzbar wären. Mittelfristig denken wir, dass sowieso, aus ganz vielen verschiedenen Gründen es wichtig ist, die Abgaben-Entgelte-Umlagen-Struktur zu reformieren für Strom. Aber wir wollen ja möglichst zeitnah vorankommen mit der Elektromobilität und deswegen ist bei diesem Politikpapier der Fokus auf kurzfristige Lösungen gelegt.

Lietz:

Ja, das ist durchaus wünschenswert, genau. Wir werden sehen was die Zukunft und vor allem die nahe Zukunft bringt. Ich danke Ihnen ganz herzlich für das Interview. Dankeschön!

Die Bundesnetzagentur hat kürzlich ein Änderungsverlangen für den Netzentwicklungsplan Gas 2020 – 2030 an die Gasnetzbetreiber gerichtet. Dabei geht es u.a. auch um den Ausbau von Wasserstoffinfrastruktur.

Nachdem die Gasnetzbetreiber ihr Konsultationsergebnis zum Netzentwicklungsplan Gas 2020 – 2030 („NEP Gas“) veröffentlicht haben, hat die BNetzA Ende März ein Änderungsverlangen an die Gasnetzbetreiber gerichtet (Details dazu finden Sie hier).

Indem sie 175 Maßnahmen mit einem Investitionsvolumen von rund 7,83 Mrd. € absegnet, bestätigt sie den ganz überwiegenden Teil der vorgeschlagenen Maßnahmen der Gasnetzbetreiber. Die bestätigten Maßnahmen umfassen insgesamt einen Leitungsausbau von 1.620 km und einen Verdichterausbau in Summe von 405 MW. Bei diesen Maßnahmen geht es unter anderem um geplante LNG-Anlagen, erforderliche Ausbaumaßnahmen für grüne Gase (Grüngasvariante), die Versorgung in Baden-Württemberg und die Versorgungssicherheit in den Niederlanden, der Schweiz und Italien.

Ein Diskussionspunkt war hingegen der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur. Zwar begrüßt die BNetzA, dass Wasserstoffprojekte im Rahmen der Netzentwicklungsplanung erstmalig betrachtet und ermittelt wurden. Bestätigt hat sie dabei jedoch nur 10 Projekte, die der Vorbereitung einer Wasserstoffinfrastruktur dienen und unmittelbar das Gasnetz berühren. Konkret soll dabei ermöglicht werden, dass 24 Gasleitungen bzw. Anlagen aus dem Erdgasnetz herausgenommen werden dürfen, um diese im zweiten Schritt für die Durchleitung von Wasserstoff zu nutzen.

Andere Vorhaben, die dem unmittelbaren Ausbau von Wasserstoffinfrastruktur dienen, hat die BNetzA im NEP Gas hingegen nicht berücksichtigt. Denn sie ist der Auffassung, dass diese Projekte kein unmittelbarer Bestandteil des NEP Gas sein können, weil der Ausbau von Wasserstoffinfrastruktur nicht in den Anwendungsbereich von § 15a EnWG fällt.  

Die Pressemitteilung der BNetzA zu ihrem Änderungsverlangen zum NEP Gas 2020 – 2030 finden Sie hier.