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Mit der nationalen Wasserstoffstrategie zur Klimaneutralität bis 2050?

Das Bundeskabinett beschließt Wasserstoffstrategie für Deutschland.

Das Klimaschutzgesetz legt für Deutschland als langfristiges Ziel eine Treibhausgasneutralität bis 2050 fest. Der Schlüssel zu diesem ambitionierten Ziel könnte in Wasserstoff als Energieträger und Energiespeicher liegen. Um dies auf den Weg zu bringen, hat das Bundeskabinett gestern die nationale Wasserstoffstrategie (NWS) für Deutschland beschlossen. Das ganze Dokument „Die Nationale Wasserstoffstrategie“ finden Sie unter diesem Link.

Dabei wurde die Wasserstoffstrategie für Deutschland mit einem halben Jahr Verspätung beschlossen. Hintergrund der Verzögerung war u. a. die Frage mit „welchem“ Wasserstoff Deutschland seine Klimaschutzstrategie bestreiten will. Denn Wasserstoff ist nicht gleich Wasserstoff – und nicht jedes Herstellungsverfahren führt zur Klimaneutralität.

Kleine Wasserstoff-Fibel:

  • Grüner Wasserstoff entsteht durch Elektrolyse mittels Strom aus erneuerbaren Energien – und damit CO2-neutral.
  • Als blau wird der Wasserstoff bezeichnet, bei dessen Herstellung durch Dampfreformierung CO2 zwar entsteht, jedoch gespeichert wird und nicht in die Atmosphäre gelangt.
  • Türkiser Wasserstoff wird durch Methanpyrolyse aus Methan gewonnen. Anstelle von CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff.
  • Grauer Wasserstoff entsteht durch Dampfreformierung unter Freisetzung von CO2.

Nach einigem Hin und Her bei der Frage welchen Wasserstoff Deutschland bei der Wasserstoffstrategie verfolgen soll, formuliert die Bundesregierung nun, dass nur „Wasserstoff, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wurde (= „grüner Wasserstoff“) auf Dauer nachhaltig [ist]. Daher ist es Ziel der Bundesregierung grünen Wasserstoff zu nutzen (…).“ Zukünftig wird jedoch so viel Wasserstoff benötigt, dass Deutschland den Bedarf nicht alleine abdecken kann, da die Kapazitäten für erneuerbare Energien innerhalb Deutschlands begrenzt sind, sodass ein Import erforderlich wird. Auf diesem mittelbaren Weg wird dann letztlich doch auch nicht-grüner Wasserstoff genutzt – wobei sich der europäische und globale Wasserstoffmarkt auf „blauen“ und „türkisen“ Wasserstoff beschränken soll.

Wasserstoff als Energieträger soll zunächst primär dort eingesetzt werden, wo der Einsatz von Wasserstoff nahe an der Wirtschaftlichkeit ist oder wo es derzeit keine Alternativen für den Verzicht auf fossile Brennstoffe gibt z. B. in der Stahlproduktion, der Chemieindustrie sowie der Luftfahrt. Die Umstellung von industriellen Verfahren und Prozessen rückt somit näher.

Schätzungen gehen in der Industrie von einem zusätzlichen Bedarf von Wasserstoff i. H. v. 10 TWh aus. Um diesen Bedarf zu decken, müssen die Erzeugungskapazitäten für Strom aus erneuerbaren Energien (insb. Wind und Photovoltaik) entsprechend erhöht werden.
 
Die insgesamt 37 Maßnahmen umfassende NWS sieht bei den Ziffern 14-17 explizite Maßnahmen für die Industrie vor. Die Maßnahmen umfassen in Stichpunkten:

  • Maßnahme 14: Die Bundesregierung fördert durch verschiedene Programme die Umstellung von konventionellen fossilen Technologien mit prozessbedingten Emissionen auf treibhausgasarme oder treibhausgasneutrale Verfahren.
  • Maßnahme 15: Es werden Unterstützung und Investitionszuschüsse für den Betrieb von Elektrolyseanlagen zugesichert.
  • Maßnahme 16: Es soll eine Stärkung der Nachfrage nach Industrieprodukten, die mittels emissionsarmer Prozesse und der Nutzung von Wasserstoff hergestellt wurden durch z. B. Nachfragequoten oder ein entsprechendes Labelling der klimafreundlicheren Produkte erreicht werden.
  • Maßnahme 17: Es sollen branchenspezifische langfristige Dekarbonisierungsstrategien auf der Basis von Wasserstoff entwickelt werden.

Die NWS sieht zudem, dass die beihilferechtlichen Rahmenbedingungen mit Blick auf den Einsatz von Wasserstoff verbunden mit höheren Betriebskosten einer Weiterentwicklung bedürfen. So soll auch der Frage nachgegangen werden, ob zur Herstellung von grünem Wasserstoff verwendeter Strom weitgehend von Steuern, Abgaben und Umlagen befreit werden kann. Dabei wird die Befreiung von der EEG-Umlage bei der Produktion von grünem Wasserstoff angestrebt – ohne dass die EEG-Umlage allgemein ansteigt.

Über die Entwicklung halten wir Sie auf dem Laufenden und Wasserstoff ist natürlich auch ein wichtiges Thema in unserem laufenden VEA/RGC Online-Kongress für Energie und Klima. So berichtet Martin Ahlert von der BP Gelsenkirchen von dem GET H2-Projekt. Es geht um die Errichtung des ersten öffentlich zugänglichem (grünen) Wasserstoffnetzes in Deutschland. Sein Fachvideo wird in der nächsten Woche für die Kongressteilnehmer freigeschaltet.