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In diesem #RGCfragtnach stellt Dr. Franziska Lietz 5 Fragen an Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Martin Gehlen von der auf Sanierung, Restrukturierung und Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei WILLMERKÖSTER. Es geht um den Umgang mit drohenden Liefer- bzw. Zahlungsschwierigkeiten bei produzierenden Unternehmen und welche Handlungsweisen in diesen Fällen zu empfehlen sind.

RGC: Im Moment hören wir von vielen Mandanten, dass diese entweder ihren Gasliefervertrag durch Insolvenz des Lieferanten oder Lieferstopp verloren haben und auf die Möglichkeit verwiesen sind, Gas zu sehr hohen Preisen am Spotmarkt einzukaufen. Die Folge ist häufig, dass es sich nicht mehr rentiert, das Produkt herzustellen, weil es zu den erhöhten Produktionskosten am Markt nicht mehr abgenommen wird. Eine andere Variante ist auch, dass der Mandant bei seinen Abnehmern Preisbindungen unterliegt, die bei den hohen Produktionskosten es nicht mehr zulassen, wirtschaftlich zu produzieren. Viele Mandanten erwägen daher aktuell einen „Habeckschen Produktionsstopp“. Wie sind diese Situationen insolvenzrechtlich einzuordnen?


Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Martin Gehlen, Kanzlei WILLMERKÖSTER

Gehlen:
Für Unternehmen bestehen mit der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung zwei sogenannte Insolvenzeröffnungsgründe, die jedenfalls juristische Personen, wie eine GmbH, eine GmbH & Co. KG oder eine AG, dazu verpflichten, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn 10% oder mehr der aktuell fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können.

Überschuldung liegt vor, wenn für das Unternehmen keine Fortführungsperspektive mehr besteht und die Schulden von dem Vermögen des Unternehmens nicht mehr gedeckt sind.

Ab dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist der Geschäftsführer bzw. Vorstand dazu verpflichtet, innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird ein Insolvenzantrag erst nach Ablauf dieser drei Wochen gestellt, ist dies nicht mehr „rechtzeitig“.


RGC: Welche Risiken ergeben sich aus dieser Situation für das Unternehmen und welche Neuerungen plant die Politik im Hinblick auf die Eigenverwaltung?


Gehlen:

Trotz der aktuell massiven Probleme für Unternehmen, insbesondere aufgrund von steigenden Energie- und Personalkosten sowie der Lieferkettenproblematik, hat sich die Bundesregierung bislang gegen eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht entschieden. Wer also zahlungsunfähig oder überschuldet ist, ist also weiterhin verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen.

In ihrem Maßnahmenpaket geht es der Regierung darum, „unnötige Insolvenzen aus Unsicherheit“ zu vermeiden. So soll beim Insolvenzgrund der Überschuldung übergangsweise gelten, dass der Fortbestand des Unternehmens (Fortführungsprognose) nicht mehr über 12, sondern nur noch über vier Monate hinweg überwiegend wahrscheinlich ist.

Zudem plant das Bundesjustizministerium Erleichterungen bei der Eigenverwaltung. Voraussetzung für die Anordnung der Eigenverwaltung war bisher die Einreichung eines Planes, aus dem sich ergibt, dass die Fortführung des Unternehmens für einen Zeitraum von sechs Monaten gesichert ist. Dieser Zeitraum soll von sechs auf vier Monate herabgesetzt werden.

RGC: Welche Vorteile bietet es, wenn das Unternehmen in die Eigenverwaltung geht im Gegensatz zu einer „klassischen Insolvenz“?


Gehlen:

Die Sanierung im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens oder einer Eigenverwaltung bietet gegenüber einem Regelinsolvenzverfahren zahlreiche Vorteile. Letztlich führt das Regelinsolvenzverfahren zur Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters und damit zu einem Kontrollverlust für die Geschäftsführung, da im Ergebnis der (vorläufige) Insolvenzverwalter über das Schicksal des Unternehmens entscheidet. Die Vorteile bei einer (vorläufigen) Eigenverwaltung und einem Schutzschirmverfahren bestehen darin, dass die Geschäftsleitung im Amt bleibt und diese von einem Sanierungsberater unterstützt wird, der das Unternehmen wie ein Lotse durch das Verfahren führt. Diesen Sanierungsberater kann sich das Unternehmen selbst aussuchen, indem es ihm ein Mandat erteilt. Zusätzlich wird bei der Eigenverwaltung vom Gericht ein (vorläufiger) Sachwalter eingesetzt, der als verlängerter Arm des Gerichts lediglich eine Kontroll- und Überwachungsfunktion ausübt, jedoch nicht operativ in das Unternehmen eingreift. Zudem werden weder die Anordnung der Eigenverwaltung, noch des Schutzschirmverfahrens veröffentlicht, so dass Dritte davon, jedenfalls bis zur Eröffnung des Verfahrens, keine Kenntnis erlangen. Die Dauer eines solchen Verfahrens, insbesondere in Verbindung mit der Erstellung eines Insolvenzplanes, kann in der Regel auf sechs bis neun Monate verkürzt werden, was sich ebenfalls meist positiv auf Vertragsbeziehungen des Unternehmens auswirkt. Schließlich bieten sowohl die Eigenverwaltung, als auch das Schutzschirmverfahren Unternehmen die Möglichkeit, durch die Inanspruchnahme von Insolvenzgeld für bis drei Monate Liquidität zu generieren, da die Personalkosten für diesen Zeitraum vom Staat übernommen werden.

Durch die Möglichkeit, ein solches Verfahren mit einem Insolvenzplan zu verbinden, besteht ferner die Möglichkeit, das Unternehmen als solches zu erhalten, was insbesondere für die Gesellschafter attraktiv ist, da sie weiterhin die Anteile an dem Unternehmen halten.


RGC: Darüber hinaus können den Leitungsorganen von Unternehmen auch persönlich erhebliche Risiken drohen, wenn das Unternehmen in Schieflage geraten ist und bestimmte Schritte zu spät ergriffen werden. Welche sind das?

Gehlen:
Liegt entweder eine Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung vor, ist die Geschäftsleitung verpflichtet, innerhalb von drei bzw. sechs Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Macht sie dies nicht rechtzeitig, führt dies zum einen zu einer strafbaren Insolvenzverschleppung und zum anderen drohen Schadensersatzansprüche, für die sie mit ihrem Privatvermögen haftet.


RGC: Welche ersten Schritte kannst Du Unternehmen bzw. ihren Geschäftsführern oder Vorständen, bei denen es wirtschaftlich aktuell „knapp“ ist, aktuell raten?

Gehlen:
Die Situation ist für Unternehmen derzeit äußerst schwierig, insbesondere bei einem vom Versorger gekündigten Energielieferungsvertrag. Wird ein (neuer) Energielieferungsvertrag zu deutlich höheren Konditionen unterschrieben, sind diese höheren Kosten in der Liquiditätsplanung des Unternehmens zu berücksichtigen, was kurz- oder auch mittelfristig zu einer Zahlungsunfähigkeit oder auch Überschuldung führen kann. Wird ein solchen Vertrag hingegen nicht unterschrieben, ist die Fortführung des Betriebes nicht gesichert und die zu erstellende Führungsperspektive negativ, was bei gleichzeitig bestehender Überschuldung ebenfalls zu einer Insolvenzantragspflicht führen kann.

Bei der Abwägung der (überschaubaren) Kosten für eine Beratung auf der einen Seite und der persönlichen Haftungsrisiken für Geschäftsführer und Vorstände auf der anderen Seite sollten Unternehmen ihren aktuellen Status einer möglicherweise drohenden oder bereits bestehenden Insolvenzantragspflicht rechtzeitig von Spezialisten überprüfen lassen.

RGC: Ich danke Dir ganz herzlich für das Interview!

Die BNetzA hat diese Woche (14.09.22) eine online-Veranstaltung zur Sicherheitsplattform Gas abgehalten.

Das Video können Sie hier herunterladen:

Bundesnetzagentur – Infoveranstaltung zur Sicherheitsplattform Gas

Dort stellt die BNetzA im Detail den aktuellen Stand der Sicherheitsplattform Gas dar. Sie äußert sich aber auch erstmals konkret zu möglichen Anordnungen von Gasverbrauchsreduktionen als Bundeslastverteiler – u.a. auch zum möglichen Referenzwert einer solchen Anordnung.

Wir halten Sie an dieser Stelle informiert.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz

Am letzten Freitag hat unser 17. RGC-Kanzleiforum endlich wieder in Präsenz stattgefunden. Nach den vergangenen Jahren, die vor allem von virtuellen Meetings geprägt waren, hat es uns riesig gefreut, dass wir unsere rund 200 Teilnehmer endlich wieder bei uns in Hannover begrüßen durften. Hochkarätige Vorträge, der persönliche Kontakt, reger Austausch und Ihr tolles Feedback haben gezeigt: Das RGC-Kanzleiforum bleibt (die schönste) Pflichtveranstaltung für die energieintensive Industrie.

Das 17. RGC-Kanzleiforum wurde am Donnerstagabend in gewohnt entspannter Atmosphäre mit dem traditionellen Come-Together im Acht & Siebzig bei leckerem Essen, einem guten Glas Wein, dem ein oder anderen Pils und musikalischer Begleitung von Robin Gierschik, einem aufstrebenden Singer und Songwriter, sowie dem bekannten DJ Michael Gürth eröffnet.

Der Kongress am Freitag unter dem Titel „Gas in der Krise“ begann nach kurzer Begrüßung durch das Moderatoren-Team und die Namensgeber der Kanzlei.

Mit dem ersten Fachvortrag wurde das Kanzleiforum von Lars Bobzien vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung eröffnet. Im Vortrag wurden die Chancen, aber auch die Grenzen der politischen und regulatorischen Maßnahmen in Bezug auf die Energiepreise, die Verteilung von Energie im Ernstfall sowie die geplanten Entlastungen aufgezeigt. Wir danken Herrn Bobzien für diesen gelungenen Auftakt und seine Bereitschaft, sich den durchaus auch kritischen Stimmen aus der Industrie zu stellen!

Im nachfolgenden Vortrag gaben Nadja Kampf und Jürgen Nordlohne von der Pöppelmann GmbH & Co. KG Kunststoff-Werkzeugbau sowie unsere RGC-Kollegin Aletta Gerst im Teamplay Praxistipps zur Elektrifizierung mit erneuerbaren Energien. Ausgangspunkt des Vortrages waren die konkreten Wind- und PV-Projekte, die Pöppelmann mit energierechtlicher Unterstützung von RGC an seinem Standort umsetzt. Derzeit befasst sich nahezu jedes Unternehmen mit ähnlichen Vorhaben – so traf auch dieser Vortrag den Puls der Zeit.

Es folgte die Vorstellung des Fuel Switches von Erdgas auf LPG durch Holger Schmidt von der John Deere GmbH & Co. KG. Holger Schmidt zeigte in seinem Beitrag eindrucksvoll, wie sich die John Deere auf die Gas(-preis)krise eingestellt und nach sorgfältiger Prüfung der alternativ zu Erdgas in Betracht kommenden Optionen für LPG entschieden hat. Das treffende Fazit: Es braucht Resilienz und Flexibilität, um Herr der Lage zu bleiben. Flankiert wurde auch dieser Praxisvortrag durch energierechtlichen Input der RGC-Kolleginnen Dr. Franziska Lietz und Annika Rott, die geplante Neuregelungen aus dem Immissionsschutzrecht aufgezeigt sowie einen Überblick über Fuel-Switch-Optionen aus energierechtlicher Sicht gegeben haben.

Anschließend befassten sich Eva Schreiner, Leiterin des Hauptstadtbüros des Bundesverbandes der Energieabnehmer (VEA) und Herr Prof. Dr.- Ing. Richard Hanke-Rauschenbach von der Leibniz Universität Hannover mit der Dekarbonisierung von industrieller Prozesswärme. Eva Schreiner stellte in diesem Zusammenhang die VEA-Initiative vor und verwies auf die politischen und rechtlichen Herausforderungen bei der Umsetzung, während Herr Prof. Richard Hanke-Rauschenbach das Publikum technisch hervorragend und anschaulich abholte.

Im abschließenden Block 3 der Veranstaltung lieferte das RGC-Team unter der Führung von Yvonne Hanke in Teamarbeit mit Pia Weber und Sandra Horn Antworten auf die Frage, wie man den derzeitigen Energiepreisen die Stirn bietet. Was dringend bei Preisanpassungsbegehren zu beachten ist, warum die neuen Gasumlagen nur unter Vorbehalt gezahlt werden sollten und welche Entlastungsoptionen für die energieintensive Industrie bestehen, waren die Kernpunkte, die jetzt jedes Unternehmen auf dem Schirm haben muss.

Ein wichtiges Highlight folgte zum Abschluss: Der Handlungsleitfaden für den Ernstfall im bewährten Teamplay von Industrievertretern und RGC. Herr Carsten Herber von der K+S AG zeigte eindrucksvoll auf, welche Gefahren und Risiken ein Gasmangel für Unternehmen und deren Mitarbeiter bergen kann und wie wichtig es ist, eine Strategie für den Ernstfall aufzusetzen. Yvonne Hanke gab den Teilnehmern eine Checkliste an die Hand, damit Gefahrenabwehr, Betriebssicherung am Standort, Absicherung der Lieferketten und Rechtsschutzmöglichkeiten im Ernstfall vorbereitet sind.

Unser 17. RGC-Kanzleiforum endete mit einem Schlusswort unserer Moderatoren. Unser Fazit: Das RGC-Kanzleiforum bleibt als eines der größten Branchentreffen die für uns schönste Pflichtveranstaltung der energieintensiven Industrie. Und manche Termine funktionieren zwar auch virtuell, machen persönlich aber einfach viel mehr Spaß!

Zum Abschluss: Ein herzliches Dankeschön an die ausgezeichneten Referenten und das bemerkenswerte Feedback der Teilnehmenden!

Ihr RGC-Team

Die Trading Hub Europe GmbH (THE) hat in einer Pressemitteilung nähere Informationen zum Gas-Auktionsmodell sowie eine Produktbeschreibung und Präqualifikationsregeln veröffentlicht.

Das neue Regelenergieprodukt trägt den Namen „Load Reduction“ (LRD) und zielt auf die Aktivierung von Abschaltpotenzialen von Industrieverbrauchern ab.

Industrielle Verbraucher können ihre Abschaltpotenziale über den Bilanzkreisverantwortlichen bei freier Wahl des Preismodells (Preis in Euro je MWh oder in Euro je abgerufenem Gastag) für jeweils maximal sieben dem betrachteten Gastag nachfolgende Gastag zur Verfügung stellen. Bei entsprechendem Regelenergiebedarf erfolgt dann ein Abruf dieser Potenziale durch die THE zum Ausgleich fehlender Gasmengen im Marktgebiet.

Die Angebotsabgabe soll ab Mitte September 2022 starten, ein Abruf kann ab dem 1. Oktober 2022 erfolgen.

Die Pressemitteilung sowie die Produktbeschreibung und weitere Unterlagen finden Sie hier.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz
                       Sandra Horn

Das Kabinett soll sich bereits am 14. September mit Änderungen der Gaspreisanpassungsverordnung (GasPrAnpV) befassen.

Der politische Druck hatte den Bundeswirtschaftsminister Habeck bereits veranlasst, eine Überarbeitung der Gasbeschaffungsumlage anzukündigen (RGC berichtete). Die Änderungen werden derzeit durch das BMWK entworfen. Die Umlage selbst soll aber zunächst erhalten bleiben.

Den aktuellen Stand finden Sie hier. Über die Änderung der Gaspreisanpassungsverordnung (in ihr ist die Gasbeschaffungsumlage geregelt) soll hiernach voraussichtlich am 14. September im Kabinett beschlossen werden.

Auch vor diesem Hintergrund gilt: Zahlungen auf die neue Umlage sollten lediglich unter Vorbehalt erfolgen. Sprechen Sie uns gern an, wenn wir Sie bei Fragen hierzu unterstützen können.

Ergänzender Hinweis: Bei der Gasbeschaffungsumlage handelt es sich um die sog. „saldierte Preisanpassung“ nach § 26 EnSiG i.V.m. der GasPrAnpV, nicht um die individuelle Preisanpassung über die Lieferkette nach § 24 EnSiG. Der Gesetzgeber hat den Weg einer (der EEG-Umlage vergleichbaren) Umlage auf den Gasverbrauch gewählt. Daneben ist § 24 EnSiG nicht anwendbar.

Und selbstverständlich gehört auch der Umgang mit den neuen Umlagen und gestiegenen Energiepreisen zu den Themen, die wir mit Ihnen auf unserem 17. Kanzleiforum zum Thema „Gas in der Krise“ (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier) diskutieren wollen.

Autorin: Yvonne Hanke

Anmeldung noch bis morgen Abend offen!

Es ist so weit! Am Donnerstag startet unser 17. RGC-Kanzleiforum um 18 Uhr mit unserem traditionellen Come-Together, auf das wir uns nach zwei Jahren der Corona-Pause ganz besonders freuen. Endlich mal wieder ein persönliches Treffen bei uns in Hannover mit Musik, Getränken und Snacks.

Am Freitag wird es dann fachlich. Es geht um das alles beherrschende Thema, die Gaskrise, die inzwischen auch auf den Strommarkt überschlägt. Ihr RGC-Team gibt Ihnen mit einer Vielzahl von weiteren Referenten aus Unternehmen, Politik und Verbänden das hierzu benötigte Praxiswissen an die Hand.

Das dürfen Sie sich nicht entgehen lassen! Bis morgen Abend haben Sie die „last chance“, sich noch zu der wahrscheinlich größten deutschen Energierechtsveranstaltung der energieintensiven Industrie anzumelden.

Die Onlineanmeldung mit Programm finden Sie hier. Oder treten Sie mit Maria Drefs (drefs@ritter-gent.de) in Kontakt.

Ihr RGC-Team

Angesichts der angespannten und sich verschärfenden Situation auf den Energiemärkten haben die deutschen wie die europäischen Entscheidungsträger verschiedene Maßnahmenpakete angekündigt, welche die Auswirkungen der zuletzt dramatisch gestiegenen und teilweise stark schwankenden Börsenpreise auf die Strom- und Gasverbraucher begrenzen sollen. Hier berichten wir über den Stand der Überlegungen auf EU-Ebene.


EU kündigt Sofort-Maßnahmen und Überarbeitung Strommarktdesign an.

Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigte in der letzten Woche ein Notfallpaket und eine Strukturreform des Strommarktes auf europäischer Ebene an. Die EU-Kommission hat hierfür erste Maßnahmenvorschläge in einem informellen Non-paper formuliert:

Einführung Preiskappungssystem: Im Fokus steht die europaweite Ermöglichung einer Preisgrenze für Stromverkäufe am Day-ahead-Markt (nicht langfristig eingekaufte Energiemengen) für alle Energien, die günstigere Grenzpreise als Gaskraftwerke haben. Hintergrund ist insbesondere das an den europäischen Strommärkten geltende Merit-Order-Prinzip. Nach diesem Prinzip bestimmt der zuletzt „eingekaufte“ – und damit der am teuersten produzierte Strom den Preis. Das ist derzeit der aus Erdgas erzeugte Strom. Dies hatte zuletzt zu extremen Preissprüngen am Strommarkt gesorgt.

Hierüber erzielte „Zufallsgewinne“ von Energieunternehmen, die günstiger Strom produzieren (also nicht aus Gas, sondern z.B. aus erneuerbaren Energien, Kohle oder Kernkraft) sollen „abgeschöpft“ werden und dann den Verbrauchern zufließen. Auf welchem Weg dieser Rückfluss erfolgen soll (es werden verschiedene Ansätze diskutiert), ist noch genauso offen, wie die Frage, inwieweit hier eine europaweite Lösung erreichbar ist. Deutschland hat bereits angekündigt, diesen Weg anderenfalls auch allein zu beschreiten (RGC berichtete).

Eher zurückhaltend wird aktuell die von einigen Mitgliedstaaten vorgeschlagene Senkung der Strompreise durch Entkopplung von den Gaspreisen über eine Abschaffung des Merit-Order-Prinzips von der Kommission bewertet. Das gleiche gilt für eine (Quer-)Subventionierung der Energieproduzenten, weil beides den Wettbewerb zu nachhaltig beeinträchtige.

Dringend abgeraten wird seitens der Kommission von einer Aussetzung der Stromgroßhandelsmärkte, einer Übernahme der Märkte durch den Staat oder einer generellen Kappung der Strompreise im Großhandel. Dies berge eigene große Risiken für die Versorgungssicherheit, schade dem Elektrizitätsbinnenmarkt und den Dekarbonisierungs-Bemühungen.

Erste Hinweise zu weiteren Schritten der EU werden am 14. September 2022 in der Rede von Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union erwartet. Das Non-paper dürfte aber bereits am kommenden Freitag auf dem kurzfristig anberaumten Sondertreffen zu steigenden Energiepreisen am 9. September 2022 direkt unter den EU-Energieministern diskutiert werden.

Dass der Termin auf den Tag gelegt wurde, an dem auch unser 17. Kanzleiforum zum Thema „Gas in der Krise“ (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier) stattfindet, ist Zufall. Es zeigt aber die Aktualität der Themen, die wir mit Ihnen diskutieren wollen.

Autorin: Yvonne Hanke

Angesichts der angespannten und sich verschärfenden Situation auf den Energiemärkten haben die deutschen wie die europäischen Entscheidungsträger verschiedene Maßnahmenpakete angekündigt, welche die Auswirkungen der zuletzt dramatisch gestiegenen und teilweise stark schwankenden Börsenpreise auf die Strom- und Gasverbraucher begrenzen sollen. Hier berichten wir zunächst über das von Deutschland geplante Maßnahmenpaket.

Koalition beschließt 3. Entlastungspaket

Am Wochenende (03.09.2022) hat der Koalitionsausschuss getagt und ein 65 Mrd.-schweres Entlastungspaket beschlossen, um die „erwarteten hohen Preissteigerungen“ abzufedern. Die angekündigten Maßnahmen sind vielfältig. Für energieintensive Unternehmen dürften insbesondere folgende von Relevanz sein:

  • Strompreisbremse „für den Basisverbrauch“ / Reduzierung des Kostenanstieges bei den Netzentgelten / Abschöpfung von sog. Zufallsgewinnen bei Energieunternehmen / Überarbeitung Strommarktdesign:

    Unter den vorstehenden Stichworten werden verschiedene Maßnahmen diskutiert. Geplant ist eine Strompreisbremse „für den Basisverbrauch“ und eine Reduzierung (des erwarteten Anstiegs) der Netzentgelte. Finanziert werden soll das über eine Abschöpfung von „Zufallsgewinnen“ bei Energieunternehmen. Hintergrund ist insbesondere das an den europäischen Strommärkten geltende Merit-Order-Prinzip. Nach diesem Prinzip bestimmt der zuletzt „eingekaufte“ – und damit der am teuersten produzierte Strom den Preis. Das ist derzeit der aus Erdgas erzeugte Strom. Dies hatte zuletzt zu extremen Preissprüngen am Strommarkt gesorgt.

    Die Koalition strebt nun an, hierüber erzielte „Zufallsgewinne“ bzw. „Übergewinne“ von Energieunternehmen, die günstiger Strom produzieren (also nicht aus Gas, sondern z.B. aus erneuerbaren Energien, Kohle oder Kernkraft), „abzuschöpfen“. Hierfür sollen Höchstwerte für Erlöse aus dem Verkauf von nicht aus Gas produzierten Strommengen am Spotmarkt festgelegt werden. Die Differenz zwischen Großhandelspreis und Erlösobergrenze soll nach den aktuellen Überlegungen über eine „umgekehrte EEG-Umlage“ unter Beteiligung der Netzbetreiber vereinnahmt und an die Endverbraucher verteilt werden. Wenn kurzfristig eine europäische Einigung nicht erzielt werden kann, soll auch eine rein deutsche Umsetzung erwogen werden.

    Aber Achtung:
    Zum einen ist aus Unternehmenssicht noch unklar, wer überhaupt von den geplanten Entlastungen (Strompreisbremse „für Basisbedarf“ und Dämpfung des Anstiegs bei den Netzentgelten) profitieren kann. Angekündigt ist dies neben den Haushaltskunden lediglich für kleine und mittelständische Unternehmen „mit Versorgertarif“.

    Zum anderen müssen sich auch energieintensive Unternehmen, die PV- oder Windenergieanlagen betreiben / planen und den (Überschuss-)Strom verkaufen (wollen), auf (erneute) Änderungen der Rahmenbedingungen einrichten. Denn eine „Erlösobergrenze für Anlagen der Stromerzeugung mit geringer Kostenbasis“ soll nach den aktuellen Plänen auch für Energieerzeuger außerhalb des Strommarktes entwickelt werden.

  • Entlastungen beim CO2-Preis: Die für den 1. Januar 2023 anstehende Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne im Brennstoffemissionshandel soll um ein Jahr auf den 1. Januar 2024 verschoben werden. Entsprechend sollen sich die bisher vorgesehenen Folgeschritte 2024 und 2025 um ein Jahr verschieben.
  • Wärmemarkt: Mit Hilfe einer Expertenkommission sollen preisdämpfende Modelle (EU / Deutschland) untersucht werden. 
  • Unternehmenshilfen: Die bereits bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen sollen bis zum 31.Dezember 2022 verlängert werden. Das entspricht der momentanen Laufzeit des beihilferechtlichen Rahmens der Europäischen Kommission (kurz: TCF). Dazu gehört insbesondere das Energiekostendämpfungsprogramm zur Entlastung von besonders energie- und handelsintensiven Unternehmen, kurz EKDP (RGC berichtete hier und hier). Darüber hinaus soll das Programm für weitere Unternehmen, die nicht auf der KUEBLL-Liste stehen, mithilfe erweiterter Kriterien, die die Belastung durch hohe Energiepreise zur Grundlage haben, geöffnet werden. Sobald diese feststehen, lohnt es sich also nochmals zu prüfen, ob man den nicht rückzahlbaren Zuschuss in Anspruch nehmen kann. Hierbei unterstützen wir Sie. Sprechen Sie uns gern an.

    Auch eine Ausweitung des KfW-Programms soll geprüft werden, mit dem Ziel zukunftsfähige Unternehmen zu stabilisieren, die aufgrund von Gasmangellage bzw. nicht tragfähiger Energiepreise sonst temporär ihre Produktion einstellen müssen.

    Darüber hinaus soll ein (noch nicht näher konkretisiertes) Programm für energieintensive Unternehmen, welche die Steigerung ihrer Energiekosten nicht weitergeben können, neu aufgelegt werden.

    Zudem soll der Förderrahmen für Unternehmen bei Investitionen in Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen erweitert werden (ebenfalls noch nicht näher konkretisiert).

  • Spitzenausgleich energieintensive Unternehmen: Um die energieintensiven Unternehmen angesichts der hohen Preise zu unterstützen, wird der sogenannte Spitzenausgleich bei den Strom- und Energiesteuern um ein weiteres Jahr verlängert. Auch hier hält das Gegenleistungsprinzip Einzug: Unternehmen, die von diesem Spitzenausgleich profitieren, sollen Maßnahmen ergreifen, um den Verbrauch der Energie zu reduzieren.
  • (Dauerhafte) Abschaffung EEG-Umlage: Die bereits seit dem 1. Juli 2022 nicht mehr zu zahlende EEG-Umlage (RGC berichtete) soll ab 1. Januar 2023 dauerhaft abgeschafft werden.
  • Zudem sind Erleichterungen bei der Insolvenzantragspflicht geplant.
  • Zur Finanzierung der Mehrausgaben soll die globale Mindeststeuer vorzeitig eingeführt werden. Wie hoch diese ist und wer sie zahlen muss, erklärt das BMF hier.

Die (offiziellen) Ergebnisse des Stresstests für den Strommarkt, anhand derer die deutsche Regierung entscheiden will, ob bzw. inwieweit ein Weiterbetrieb der drei noch laufenden Atomkraftwerke angestrebt wird, liegen laut Auskunft des BMWK demgegenüber noch nicht vor.

Was für Ihr Unternehmen jetzt zu tun ist, diskutieren wir mit Ihnen am kommenden Freitag während unseres Kanzleiforums (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier). Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie selbstverständlich auch hier informiert.

Autorin: Yvonne Hanke

Am Wochenende wird bekannt, dass zunächst kein Gas über Nord Stream 1 nach Deutschland fließen wird.

Nach der neuerlichen, ursprünglich nur für 3 Tage anberaumten Wartung der Gas-Pipeline Nord Stream 1 hat Russland am Samstag (03.09.2022) angekündigt, den Gashahn zunächst nicht wieder aufzudrehen. Inwieweit die Mengen durch andere Fernleitungen ausgeglichen werden, bleibt offen.

Die BNetzA hob in ihrer letzten Szenarienberechnung hervor, dass nach ihrer Einschätzung – auch wenn diese 20 % kontinuierlich fließen – weitere Einsparungen in Höhe von mindestens 20 % (Haushalte und Industrie) deutschland- und europaweit erforderlich wären, um (teilweise) über diesen (!) Winter 22/23 zu kommen. Diese 20 % fehlen nun erstmal.

Das BMWK meldet derweil, dass bereits große Erfolge zur Unabhängigkeit von russischem Gas und zur Sicherstellung der Gasversorgung Deutschlands erreicht seien (z.B. in Sachen Gas-Speicherstände, LNG-Beschaffung und Flüssiggasterminals, u.a.; zum Überblick). Auch die BNetzA hält die Versorgungslage derzeit noch für stabil. Sie schließt eine kurzfristige Verschlechterung jedoch nicht aus und warnt vor weiter steigenden Energiepreisen.

Was Sie nun erwarten müssen und wie Sie Ihr Unternehmen hierauf bestmöglich vorbereiten, diskutieren wir mit Ihnen am kommenden Freitag während unseres Kanzleiforums (live, zur Agenda und Anmeldung gelangen Sie hier). Über die weiteren Entwicklungen halten wir Sie selbstverständlich auch hier informiert.

Autorin: Yvonne Hanke

Ab heute, dem 1. September 2022, sind für einen Zeitraum von zunächst sechs Monaten bis zum 28. Februar 2023 die neuen Vorgaben der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (kurz EnSikuMaV) zu beachten.

Die Verordnung beinhaltet verschiedene Maßnahmen zur Energieeinsparung für öffentliche und nichtöffentliche Gebäude, die kurzfristig wirken sollen (RGC berichtete).

Private Unternehmen müssen insbesondere folgende Vorgaben kennen:

  • Pflicht zum Geschlossenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen im Einzelhandel (§ 10 EnSikuMaV): Für den Einzelhandel gilt, dass bei beheizten Geschäftsräumen Ladentüren und Eingangssysteme, bei deren Öffnung ein Heizwärmeverlust entstehen kann, das dauerhafte Offenhalten untersagt ist. Eine entsprechende Ausnahme besteht immer dann, wenn das Offenhalten für die Funktion des Ein- oder Ausgangs und als Fluchtweg erforderlich ist. 
  • Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanlagen (§ 11 EnSikuMaV): Die Verordnung enthält zudem eine Betriebsuntersagung von beleuchteten oder lichtemittierenden Werbeanlagen von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages. Ist die Werbeanlage allerdings zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder Abwehr anderer Gefahren notwendig und kann kurzfristig nicht durch andere Maßnahmen ersetzt werden, kann hiervon abgewichen werden.
  • Absenkung von Mindestwerten der Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten (§ 12 EnSikuMaV): Für private Arbeitgeber beinhaltet die Verordnung zunächst keine Verpflichtung zur flächendeckenden Temperaturabsenkung. Vielmehr kann der Arbeitgeber sich freiwillig dazu entscheiden, die in § 6 Absatz 1 Satz 1 EnSikuMaV festgelegten Höchstwerte für die Lufttemperatur von öffentlichen Gebäuden umzusetzen. In diesem Zusammenhang ist aktuell allerdings noch ungeklärt, ob die Verpflichtungen aus dem Arbeitsschutzrecht vorgehen.
  • Weitere Verpflichtungen gelten für Wohngebäude (falls vorhanden): U.a. werden Verpflichtungen in Mietverträgen, die Mindesttemperaturen vorsehen, ausgesetzt (§ 3 EnSikuMaV). Hinzukommen verschiedene Informationspflichten (§ 9 EnSikuMaV).

Verstoßen Unternehmen gegen die Vorschriften der Verordnung können nach dem Energiesicherheitsgesetz Bußgelder von bis zu 100.000 Euro drohen. Zudem kann die Behörde Anordnungen treffen.

Die zusammen mit der EnSikuMaV beschlossene EnSimiMaV enthält mittelfristig wirksame Maßnahmen und soll erst zum 1. Oktober 2022 in Kraft treten. Da diese insgesamt zwei Jahre wirksam sein soll, bedarf sie allerdings noch der Zustimmung des Bundesrates (BR-Drs. 407/22).

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Jana Lotz