Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften beschlossen.
Die geplanten Änderungen zielen darauf ab, die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien kurzfristig zu erhöhen und die Transportkapazitäten im Stromnetz zu steigern, um zur Reduzierung des Gasverbrauches in den Winterzeiträumen der nächsten Jahre beizutragen sowie die LNG-Einspeisung abzusichern. Zudem werden Optionen zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher erweitert.
Das Gros der Regelungen folgt damit unmittelbar aus den Ergebnissen des sog. zweiten Netzstresstests (RGC berichtete).
Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die relevantesten Regelungen für Industrieunternehmen:
Geplante Änderungen des EnSiG:
Die erst vor kurzem eingeführten §§ 27 und 28 EnSiG, die die Beschränkung von Leistungsverweigerungsrechten der Gasversorger gegenüber ihren Kunden und den Ausgleich von daraus folgenden Vermögensnachteilen regeln, entfallen wieder. Zudem wird in einem neuen § 30a EnSiG die Erlaubnis zum nicht genehmigten Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen nach der Betriebssicherheitsverordnung geregelt.
Geplante Änderungen des BImSchG:
In den neuen § 16 Abs. 7 und 8 BImSchG sind Erleichterungen bei Genehmigung bzw. Änderung von Windenergieanlagen sowie nach § 31k BImSchG Abweichungen von Vorgaben zu nächtlichen Geräuschwerten und zur Vermeidung von Schattenwurf bei Windenergieanlagen möglich. Darüber hinaus werden die Übergangsregelungen für die neuen Vorschriften aktualisiert.
Geplante Änderungen des EnWG:
§118 Abs. 46a EnWG regelt neue Festlegungskompetenzen für die Flexibilisierung der Last industrieller Großverbraucher. Dies soll insbesondere die Flexibilisierung der Regelungen zu den individuellen Netzentgelten betreffen, z.B. damit es Industrieunternehmen erleichtert wird, Regelenergie anzubieten.
Nach § 50b EnWG gelten die Vorgaben zur Brennstoffbevorratung der Ersatzreserve ausschließlich während der Vorhaltung in der Netzreserve, nicht während der Teilnahme am Strommarkt.
§ 49b EnWG regelt (wie sich insbesondere beim Stresstest als sinnvoll gezeigt hat) Maßnahmen zur vorübergehenden Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes u.a. durch Einsatz der Reservekraftwerke.
In § 35h EnWG soll eine Entschädigungsregelung bei Genehmigungsversagung einer Gasspeicherstillegung sowie eine Antragspflicht bei Umstellung einer Gasspeicheranlage von L-Gas auf H-Gas geregelt werden.
Geplante Änderungen des EEG:
Neu kommen soll einmalig zum 15. Januar 2023 eine „Krisensonderausschreibung für Solaranlagen“ (Freiflächen) mit einem Volumen von 1500MW. Diese Regelung steht allerdings noch unter Beihilfevorbehalt.
Die bereits für den 1. Januar 2023 beschlossene Abschaffung der 70-Prozent-Regel für PV-Neuanlagen bis 25kW wird vorgezogen. Sie soll zudem auch ab dem 1. Januar 2023 bei PV-Bestandsanlagen bis einschließlich 7 kW installierter Leistung aufgehoben werden.
Mit der Ergänzung von § 100 Abs. 16 EEG wird für die Jahre 2022 und 2023 eine Sonderregelung für die EEG-Förderung von Biogasanlagen geschaffen. Zudem wird eine befristete Flexibilisierung des Güllebonus eingeführt, vgl. § 100 Abs. 17 EEG. Die Regelung steht ebenfalls unter Beihilfevorbehalt.
Geplante Änderungen des KWKG:
Eine Änderung betrifft zudem das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz bzw. die Änderung des entsprechenden Änderungsgesetzes diesen Sommers. Hier werden Erleichterungen bei der unterjährigen Inbetriebnahme von innovativen KWK-Projekten rückwirkend zum 1. Dezember 2021 und nicht wie geplant zum 1. Januar 2023 geregelt.
Geplante Änderungen des NABEG und des Bundesbedarfsplangesetzes:
Die geplanten Regelungen enthalten zusätzliche Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus sowie zur Erhöhung der Transportkapazitäten des bestehenden Stromnetzes im Sinne der sich aus dem Stresstest ergebenden Potentiale zur Höherauslastung.
Geplante Änderungen des LNG-Beschleunigungsgesetzes:
Das noch junge LNG-Beschleunigungsgesetz erhält Verfahrenserleichterungen zur Absicherung einer möglichst großen LNG-Einspeisung an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin.
In der Formulierungshilfe sind im Übrigen weder Regelungen im Hinblick auf die geplante Atomkraft-Reserve noch Anpassungen der Gasumlage, die sich in den letzten Wochen starker Kritik ausgesetzt sah, enthalten, obwohl deren Umsetzung auch über das EnSiG erfolgen soll.
Weitere Information finden Sie in der Pressemitteilung des BMWK.
Autorinnen: Yvonne Hanke
Dr. Franziska Lietz