RGCfragtnach: Sebastian Gallehr zur Frage: Was müssen Unternehmen in der Corona-Krise beim CO2-Handel/ETS beachten?
In diesem #RGCfragtnach spricht Frau Dr. Franziska Lietz mit Herrn Sebastian Gallehr. Die Gallehr Sustainable Risk Management GmbH berät Industrie und Gewerbe mit hohem Energiebedarf unter anderem zu allen Fragen rund um das EU-Treibhausgas-Emissionshandelssystem (EU-ETS) und der diesbezüglichen Kostenoptimierung. Weitere Beratungsschwerpunkte liegen bei der Einführung und dem Betrieb von Energie- und Umweltmanagementsystemen und der Optimierung der Energievollkosten in Zeiten der Energiewende inklusive des Fördermittelmanagements.
Sehr geehrter Herr Gallehr, Sie beraten Unternehmen bereits seit 2004, also seit über 15 Jahren zum europäischen Emissionshandel. Welche Herausforderungen stellen sich für die ETS-pflichtigen Unternehmen aktuell mit der Corona-Krise?
Viele zur Teilnahme am EU-ETS verpflichtete Unternehmen befinden sich während der Corona-Krise in einer besonderen Situation. Diese Unternehmen stellen häufig systemrelevante Grundstoffe her oder müssen, um Langzeitschäden zu vermeiden, die Produktion auch in Notsituationen aufrechterhalten. Deswegen agieren sie bereits jetzt mit reduziertem Personal. Viele administrative Tätigkeiten werden aktuell zwar aus dem Homeoffice ausgeführt, aber die Möglichkeiten zum verteilten Arbeiten sind häufig noch nicht hinreichend belastbar ausgebaut.
Allerdings laufen auch im Emissionshandelsrecht diverse Pflichten, wie z.B. die Frist zur Abgabe der Emissionsberichte zum 31.03.2020 und die Frist zur Rückgabe der Emissionsrechte für das Jahr 2019 bis zum 30.04.2020. Der VPS-Versand der Emissionsberichte setzt die Verfügbarkeit von spezieller IT-Infrastruktur am Ort des Arbeitens voraus. Für die Rückgabe der Emissionsrechte ist das abgestimmte Tätigwerden von mindestens zwei Bevollmächtigten mit registrierten Mobiltelefonen für das SMS-TAN Verfahren notwendig.
Welche Konsequenzen können Unternehmen denn grundsätzlich drohen, wenn sie diese wichtigen Pflichten verletzen?
Wenn Unternehmen ihre verifizierten Emissionsberichte nicht bis zum 31.03.2020 elektronisch signiert über die virtuelle Poststelle (VPS) der DEHSt eingereicht haben, droht eine – häufig zu Ungunsten der Anlagenbetreiber eher konservative – Schätzung der Emissionen.
Bei nicht rechtzeitiger Rückgabe der Emissionsrechte für die CO2-Emissionen des Jahres 2019 über das Registerkonto bis zum 30.04.2020 kann es zu einer Strafzahlung von mindestens EUR 100,– je Tonne CO2 kommen, vgl. § 30 Abs. 1 TEHG.
Gibt es schon Informationen, wie von Seiten der DEHSt mit derartigen Fristversäumnissen umgegangen wird?
Die DEHSt hat erst kürzlich, am 20.03., auf ihrer Webseite eine Stellungnahme veröffentlicht, wie sie bei Corona-bedingten Fristversäumnissen vorgehen will:
“Uns erreichen derzeit vermehrt Anfragen, welche Folgen es hat, wenn aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus (Sars-CoV-2) und der zu dessen Eindämmung ergriffenen Maßnahmen Fristen nicht eingehalten werden können. Sollten Fristen in Folge der derzeitigen außergewöhnlichen Situation im Einzelfall nachweislich nicht eingehalten werden, werden wir dieses im weiteren Vollzug des Europäischen Emissionshandels oder der Strompreiskompensation berücksichtigen. Insbesondere betrifft dies im Einzelfall die Festsetzung einer Zahlungspflicht wegen einer Abgabepflichtverletzung oder die Verhängung von Bußgeldern wegen Ordnungswidrigkeiten, wenn die Pflichten nachweislich u.a. wegen der Erkrankung oder des Ausfalls von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgrund der Sars-CoV-2-Pandemie nicht rechtzeitig erfüllt wurden. Wir informieren Sie weiter, sobald die EU oder die Europäische Kommission Entscheidungen treffen.”
Was raten Sie betroffenen Unternehmen? Welche Unterstützung bieten Sie an?
Da die Formulierung „wegen der Erkrankung oder des Ausfalls von Mitarbeiterinnen“ keinen Freibrief für die Nichteinhaltung der Fristen erkennen lässt, raten wir jedem Unternehmen, möglichst alles zu tun, um die aktuellen Berichts- und Abgabepflichten vollständig und fristgerecht zu erfüllen.
Wir unterstützen Unternehmen in der gewohnten Qualität, z.B. mit VPS-Backup zum fristwahrenden Versand des Emissionsberichts an die DEHSt und bei der Rückgabe der notwendigen Emissionsrechte aus dem Registerkonto als Bevollmächtigte. Wir unterstützen gerne auch von direktem Telefonsupport mit erfahrenen Experten bis zur kontinuierlichen Betreuung in allen Fragen und Tätigkeiten zum Europäischen Emissionshandel.