Vertragsregelung für CO2-Kosten beim Erdgas- und Wärmeinkauf ab 1. Januar 2021
Für die deutsche Industrie wird der Erdgaseinkauf ab dem 1. Januar 2021 deutlich teurer. Der Grund hierfür findet sich im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), dass sich zwar in erster Linie an den Inverkehrbringer von fossilen Brennstoffen und damit an den Erdgaslieferanten richtet und diesen zum Erwerb und zur Abgabe vom Emissionszertifikaten für entnommene Erdgasmengen verpflichtet. Der Lieferant wird aber in aller Regel seine Mehrkosten an den Kunden weitergeben wollen. Im Fall der Grundversorgung in Niederdruck wird dies aufgrund einer Regelung in der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) unkompliziert möglich sein. Anders sieht dies aber bei bestehenden (und neu abzuschließenden) Erdgaslieferungsverträgen außerhalb der Grundversorgung aus. Für diese gibt es keine verordnungsrechtliche Regelung zur Kostenweitergabe, sondern es bedarf einer vertraglichen Klausel zur Kostenweitergabe.
In aller Regel werden in bestehenden Erdgaslieferungsverträgen nicht bereits Vereinbarungen enthalten sein, die die Weitergabe der CO2-Kosten ausreichend regeln. Zwar enthalten Energielieferverträge üblicherweise sog. Steuer- und Abgabenklauseln, mittels derer auf zukünftige Senkungen oder Erhöhungen von Steuern, Umlagen oder Abgaben reagiert werden soll. Ob die CO2-Kosten über diese Klausel an den Kunden weitergegeben werden dürfen, kann aber zumindest in Zweifel gezogen werden und wird daher in letzter Konsequenz gerichtlich zu klären sein. Es ist daher zu erwarten, dass die Erdgaslieferanten an ihre Kunden mit dem Ansinnen einer Vertragsanpassung oder eines Nachtrages zum bestehenden Lieferungsvertrag herantreten werden. Hiermit minimiert der Lieferant in erster Linie sein eigenes Risiko, dass eine gerichtliche Überprüfung ergeben könnte, dass die Weitergabe der CO2-Kosten durch die bestehenden Steuern- und Abgabeklauseln oder ähnliche Vertragsklauseln nicht abgedeckt ist.
Aber auch kundenseitig sprechen gute und wichtige Gründe dafür, eine separate Klausel zur Weitergabe der CO2-Kosten in die Erdgaslieferungsverträge aufzunehmen. Einige hiervon möchten wir nachfolgend exemplarisch ansprechen:
- Erdgas, das in Anlagen eingesetzt wird, die unter das EU-ETS fallen, soll zur Vermeidung einer Doppelbelastung aus nationalem und europäischem Emissionshandel nicht nach nationalem ETS gemäß BEHG bepreist werden. Gemäß § 7 Abs. 5 BEHG soll diese Doppelbelastung „möglichst vorab“ vermieden werden. Eine Verpflichtung zur Vermeidung im Vorfeld besteht laut der noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Verordnung über die Emissionsberichterstattung nach dem BEHG für die Jahren 2021 und 2022 (BeV 2022) nicht. Um kosten- und aufwandsminimierend vorzugehen, sollte der Lieferant hierzu unbedingt vertraglich verpflichtet werden. In diesem Zusammenhang sollte außerdem auch geregelt werden, welche mess- und eichrechtlichen Anforderungen an die Erfassung der in Zusammenhang mit einer etwaigen Doppelbelastung stehenden Erdgasmengen zu stellen sind.
- Noch ist nicht geklärt, ob die Weitergabe von CO2-Kosten überhaupt rechtmäßig erfolgen kann. Denn gegen das BEHG werden u.a. verfassungsrechtliche Bedenken geäußert (RGC berichtete). Wer hierzu mehr erfahren möchte, sollte sich das Fachvideo von Dr. Harmut Kahl von der Stiftung Umweltenergierecht aus unserem VEA/RGC Online-Kongress für Energie und Klima ansehen. Kunden sollten daher sicherstellen, dass ihre Verträge es ihnen ermöglichen, ggf. zu Unrecht gezahlte Beträge von dem Lieferanten zurückfordern zu können.
- Außerdem sollten (ggf.) bestehende Rückforderungsansprüche durch eine vertragliche Regelung derart abgesichert werden, dass die Tragung des Insolvenzrisikos des Lieferanten ausgeschlossen werden kann.
- Soweit ein Kunde von einem Erdgaslieferanten geliefertes Erdgas an einen Dritten weiterleitet, gilt grundsätzlich er selbst als Inverkehrbringer von fossilen Brennstoffen. Um zu vermeiden, für diese Mengen selbst Verpflichteter nach dem BEHG zu werden, empfiehlt sich die Aufnahme einer Regelung, nach welcher der Lieferanten die Pflichten des Kunden im Hinblick auf weitergeleitete Erdgasmengen mit erbringt.
Nach unserer Einschätzung sollten Unternehmen, denen der Erdgaslieferant einen Änderungsnachtrag oder einen neuen Vertrag vorlegt, diesen im Hinblick auf die Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen im Zusammenhang mit der Weitergabe von CO2-Kosten überprüfen lassen. Sollte der Erdgaslieferant nicht eine Änderung oder Neufassung beabsichtigen, ist in Erwägung zu ziehen, selbst an den Erdgaslieferant heranzutreten und eine Anpassung zu fordern. Wir unterstützen Sie hierbei gerne.