Energierecht bezeichnet ein Rechtsgebiet, das unter anderem das Regulierungsrecht, das Energiewirtschaftsrecht sowie das Energieumweltrecht bzw. das Recht der erneuerbaren Energien umfasst. Alle Bereiche des Energierechts unterliegen einem ständigen Wandel, angetrieben durch Entwicklungen im EU-Energierecht, technische Innovationen und nicht zuletzt die mittlerweile alle Bereiche des Energierechts beeinflussende Digitalisierung. Damit besitzt das Energierecht mittlerweile auch vielfache Bezüge zum IT-Recht und zum Datenschutzrecht.

Die BNetzA hat diese Woche (14.09.22) eine online-Veranstaltung zur Sicherheitsplattform Gas abgehalten.

Das Video können Sie hier herunterladen:

Bundesnetzagentur – Infoveranstaltung zur Sicherheitsplattform Gas

Dort stellt die BNetzA im Detail den aktuellen Stand der Sicherheitsplattform Gas dar. Sie äußert sich aber auch erstmals konkret zu möglichen Anordnungen von Gasverbrauchsreduktionen als Bundeslastverteiler – u.a. auch zum möglichen Referenzwert einer solchen Anordnung.

Wir halten Sie an dieser Stelle informiert.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz


Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften beschlossen.

Die geplanten Änderungen zielen darauf ab, die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien kurzfristig zu erhöhen und die Transportkapazitäten im Stromnetz zu steigern, um zur Reduzierung des Gasverbrauches in den Winterzeiträumen der nächsten Jahre beizutragen sowie die LNG-Einspeisung abzusichern. Zudem werden Optionen zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher erweitert.

Das Gros der Regelungen folgt damit unmittelbar aus den Ergebnissen des sog. zweiten Netzstresstests (RGC berichtete).

Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die relevantesten Regelungen für Industrieunternehmen:

Geplante Änderungen des EnSiG:
Die erst vor kurzem eingeführten §§ 27 und 28 EnSiG, die die Beschränkung von Leistungsverweigerungsrechten der Gasversorger gegenüber ihren Kunden und den Ausgleich von daraus folgenden Vermögensnachteilen regeln, entfallen wieder. Zudem wird in einem neuen § 30a EnSiG die Erlaubnis zum nicht genehmigten Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen nach der Betriebssicherheitsverordnung geregelt.

Geplante Änderungen des BImSchG:
In den neuen § 16 Abs. 7 und 8 BImSchG sind Erleichterungen bei Genehmigung bzw. Änderung von Windenergieanlagen sowie nach § 31k BImSchG Abweichungen von Vorgaben zu nächtlichen Geräuschwerten und zur Vermeidung von Schattenwurf bei Windenergieanlagen möglich. Darüber hinaus werden die Übergangsregelungen für die neuen Vorschriften aktualisiert.

Geplante Änderungen des EnWG:
§118 Abs. 46a EnWG regelt neue Festlegungskompetenzen für die Flexibilisierung der Last industrieller Großverbraucher. Dies soll insbesondere die Flexibilisierung der Regelungen zu den individuellen Netzentgelten betreffen, z.B. damit es Industrieunternehmen erleichtert wird, Regelenergie anzubieten.

Nach § 50b EnWG gelten die Vorgaben zur Brennstoffbevorratung der Ersatzreserve ausschließlich während der Vorhaltung in der Netzreserve, nicht während der Teilnahme am Strommarkt.

§ 49b EnWG regelt (wie sich insbesondere beim Stresstest als sinnvoll gezeigt hat) Maßnahmen zur vorübergehenden Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes u.a. durch Einsatz der Reservekraftwerke.

In § 35h EnWG soll eine Entschädigungsregelung bei Genehmigungsversagung einer Gasspeicherstillegung sowie eine Antragspflicht bei Umstellung einer Gasspeicheranlage von L-Gas auf H-Gas geregelt werden.


Geplante Änderungen des EEG:

Neu kommen soll einmalig zum 15. Januar 2023 eine „Krisensonderausschreibung für Solaranlagen“ (Freiflächen) mit einem Volumen von 1500MW. Diese Regelung steht allerdings noch unter Beihilfevorbehalt.

Die bereits für den 1. Januar 2023 beschlossene Abschaffung der 70-Prozent-Regel für PV-Neuanlagen bis 25kW wird vorgezogen. Sie soll zudem auch ab dem 1. Januar 2023 bei PV-Bestandsanlagen bis einschließlich 7 kW installierter Leistung aufgehoben werden.

Mit der Ergänzung von § 100 Abs. 16 EEG wird für die Jahre 2022 und 2023 eine Sonderregelung für die EEG-Förderung von Biogasanlagen geschaffen. Zudem wird eine befristete Flexibilisierung des Güllebonus eingeführt, vgl. § 100 Abs. 17 EEG. Die Regelung steht ebenfalls unter Beihilfevorbehalt.

Geplante Änderungen des KWKG:
Eine Änderung betrifft zudem das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz bzw. die Änderung des entsprechenden Änderungsgesetzes diesen Sommers. Hier werden Erleichterungen bei der unterjährigen Inbetriebnahme von innovativen KWK-Projekten rückwirkend zum 1. Dezember 2021 und nicht wie geplant zum 1. Januar 2023 geregelt.

Geplante Änderungen des NABEG und des Bundesbedarfsplangesetzes:
Die geplanten Regelungen enthalten zusätzliche Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus sowie zur Erhöhung der Transportkapazitäten des bestehenden Stromnetzes im Sinne der sich aus dem Stresstest ergebenden Potentiale zur Höherauslastung.

Geplante Änderungen des LNG-Beschleunigungsgesetzes:
Das noch junge LNG-Beschleunigungsgesetz erhält Verfahrenserleichterungen zur Absicherung einer möglichst großen LNG-Einspeisung an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin.

In der Formulierungshilfe sind im Übrigen weder Regelungen im Hinblick auf die geplante Atomkraft-Reserve noch Anpassungen der Gasumlage, die sich in den letzten Wochen starker Kritik ausgesetzt sah, enthalten, obwohl deren Umsetzung auch über das EnSiG erfolgen soll.

Weitere Information finden Sie in der Pressemitteilung des BMWK.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz

Am letzten Freitag hat unser 17. RGC-Kanzleiforum endlich wieder in Präsenz stattgefunden. Nach den vergangenen Jahren, die vor allem von virtuellen Meetings geprägt waren, hat es uns riesig gefreut, dass wir unsere rund 200 Teilnehmer endlich wieder bei uns in Hannover begrüßen durften. Hochkarätige Vorträge, der persönliche Kontakt, reger Austausch und Ihr tolles Feedback haben gezeigt: Das RGC-Kanzleiforum bleibt (die schönste) Pflichtveranstaltung für die energieintensive Industrie.

Das 17. RGC-Kanzleiforum wurde am Donnerstagabend in gewohnt entspannter Atmosphäre mit dem traditionellen Come-Together im Acht & Siebzig bei leckerem Essen, einem guten Glas Wein, dem ein oder anderen Pils und musikalischer Begleitung von Robin Gierschik, einem aufstrebenden Singer und Songwriter, sowie dem bekannten DJ Michael Gürth eröffnet.

Der Kongress am Freitag unter dem Titel „Gas in der Krise“ begann nach kurzer Begrüßung durch das Moderatoren-Team und die Namensgeber der Kanzlei.

Mit dem ersten Fachvortrag wurde das Kanzleiforum von Lars Bobzien vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung eröffnet. Im Vortrag wurden die Chancen, aber auch die Grenzen der politischen und regulatorischen Maßnahmen in Bezug auf die Energiepreise, die Verteilung von Energie im Ernstfall sowie die geplanten Entlastungen aufgezeigt. Wir danken Herrn Bobzien für diesen gelungenen Auftakt und seine Bereitschaft, sich den durchaus auch kritischen Stimmen aus der Industrie zu stellen!

Im nachfolgenden Vortrag gaben Nadja Kampf und Jürgen Nordlohne von der Pöppelmann GmbH & Co. KG Kunststoff-Werkzeugbau sowie unsere RGC-Kollegin Aletta Gerst im Teamplay Praxistipps zur Elektrifizierung mit erneuerbaren Energien. Ausgangspunkt des Vortrages waren die konkreten Wind- und PV-Projekte, die Pöppelmann mit energierechtlicher Unterstützung von RGC an seinem Standort umsetzt. Derzeit befasst sich nahezu jedes Unternehmen mit ähnlichen Vorhaben – so traf auch dieser Vortrag den Puls der Zeit.

Es folgte die Vorstellung des Fuel Switches von Erdgas auf LPG durch Holger Schmidt von der John Deere GmbH & Co. KG. Holger Schmidt zeigte in seinem Beitrag eindrucksvoll, wie sich die John Deere auf die Gas(-preis)krise eingestellt und nach sorgfältiger Prüfung der alternativ zu Erdgas in Betracht kommenden Optionen für LPG entschieden hat. Das treffende Fazit: Es braucht Resilienz und Flexibilität, um Herr der Lage zu bleiben. Flankiert wurde auch dieser Praxisvortrag durch energierechtlichen Input der RGC-Kolleginnen Dr. Franziska Lietz und Annika Rott, die geplante Neuregelungen aus dem Immissionsschutzrecht aufgezeigt sowie einen Überblick über Fuel-Switch-Optionen aus energierechtlicher Sicht gegeben haben.

Anschließend befassten sich Eva Schreiner, Leiterin des Hauptstadtbüros des Bundesverbandes der Energieabnehmer (VEA) und Herr Prof. Dr.- Ing. Richard Hanke-Rauschenbach von der Leibniz Universität Hannover mit der Dekarbonisierung von industrieller Prozesswärme. Eva Schreiner stellte in diesem Zusammenhang die VEA-Initiative vor und verwies auf die politischen und rechtlichen Herausforderungen bei der Umsetzung, während Herr Prof. Richard Hanke-Rauschenbach das Publikum technisch hervorragend und anschaulich abholte.

Im abschließenden Block 3 der Veranstaltung lieferte das RGC-Team unter der Führung von Yvonne Hanke in Teamarbeit mit Pia Weber und Sandra Horn Antworten auf die Frage, wie man den derzeitigen Energiepreisen die Stirn bietet. Was dringend bei Preisanpassungsbegehren zu beachten ist, warum die neuen Gasumlagen nur unter Vorbehalt gezahlt werden sollten und welche Entlastungsoptionen für die energieintensive Industrie bestehen, waren die Kernpunkte, die jetzt jedes Unternehmen auf dem Schirm haben muss.

Ein wichtiges Highlight folgte zum Abschluss: Der Handlungsleitfaden für den Ernstfall im bewährten Teamplay von Industrievertretern und RGC. Herr Carsten Herber von der K+S AG zeigte eindrucksvoll auf, welche Gefahren und Risiken ein Gasmangel für Unternehmen und deren Mitarbeiter bergen kann und wie wichtig es ist, eine Strategie für den Ernstfall aufzusetzen. Yvonne Hanke gab den Teilnehmern eine Checkliste an die Hand, damit Gefahrenabwehr, Betriebssicherung am Standort, Absicherung der Lieferketten und Rechtsschutzmöglichkeiten im Ernstfall vorbereitet sind.

Unser 17. RGC-Kanzleiforum endete mit einem Schlusswort unserer Moderatoren. Unser Fazit: Das RGC-Kanzleiforum bleibt als eines der größten Branchentreffen die für uns schönste Pflichtveranstaltung der energieintensiven Industrie. Und manche Termine funktionieren zwar auch virtuell, machen persönlich aber einfach viel mehr Spaß!

Zum Abschluss: Ein herzliches Dankeschön an die ausgezeichneten Referenten und das bemerkenswerte Feedback der Teilnehmenden!

Ihr RGC-Team

Der für viele Unternehmen wirtschaftlich sehr bedeutende Spitzenausgleich nach § 10 StromStG und § 55 EnergieStG ist nach EU-Beihilferecht nur bis zum 31.12.2022 genehmigt. Mit dem sog. 3. Entlastungspaket hatte die Bundesregierung bereits angekündigt, diese Möglichkeit der Steuerentlastung für das produzierende Gewerbe um ein Jahr bis zum 31.12.2023 zu verlängern.

Mit dem sog. Spitzenausgleichsverlängerungsgesetz – SpAVerlG wird dieses Vorhaben nun offensichtlich umgesetzt, wie der uns vorliegende Referentenentwurf des BMF vom 05.09.2022 zeigt. Der Gesetzgeber beschränkt sich im Referentenentwurf auf die Klarstellung, dass auch für das Antragsjahr 2023 der Nachweis zu erbringen ist, dass das antragstellende Unternehmen in 2023 ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 betrieben hat oder über eine EMAS-Registrierung verfügte. Demgegenüber soll es für das Kalenderjahr 2023 aber nicht mehr darauf ankommen, ob die mit der deutschen Wirtschaft vereinbarten nationalen Zielwerte für eine Reduzierung der Energieintensität erreicht werden.

Bisher fehlt es an der Formulierung eines erwartbaren EU-beihilferechtlichen Wirksamkeitsvorbehalts; der Entwurf beschränkt sich vielmehr auf die Feststellung der „Beachtung der Vorgaben des Unionsrechts“. Der weitere Gang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten – RGC wird darüber informieren.

Autor: Jens Nünemann

Die Trading Hub Europe GmbH (THE) hat in einer Pressemitteilung nähere Informationen zum Gas-Auktionsmodell sowie eine Produktbeschreibung und Präqualifikationsregeln veröffentlicht.

Das neue Regelenergieprodukt trägt den Namen „Load Reduction“ (LRD) und zielt auf die Aktivierung von Abschaltpotenzialen von Industrieverbrauchern ab.

Industrielle Verbraucher können ihre Abschaltpotenziale über den Bilanzkreisverantwortlichen bei freier Wahl des Preismodells (Preis in Euro je MWh oder in Euro je abgerufenem Gastag) für jeweils maximal sieben dem betrachteten Gastag nachfolgende Gastag zur Verfügung stellen. Bei entsprechendem Regelenergiebedarf erfolgt dann ein Abruf dieser Potenziale durch die THE zum Ausgleich fehlender Gasmengen im Marktgebiet.

Die Angebotsabgabe soll ab Mitte September 2022 starten, ein Abruf kann ab dem 1. Oktober 2022 erfolgen.

Die Pressemitteilung sowie die Produktbeschreibung und weitere Unterlagen finden Sie hier.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz
                       Sandra Horn


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat vorgestern Klage gegen die Bundesregierung und ihr Klimaschutz-Sofortprogramm vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben.

Am Montag, 5. September, hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH), vertreten durch Rechtsanwalt Remo Klinger, der bereits für eine Reihe von Klimaklagen im Auftrag der DUH verantwortlich zeichnet, Klage gegen das Klimaschutz-Sofortprogramm des Bundes erhoben.

Das Klimaschutz-Sofortprogramm, das Bundes-Verkehrsminister Wissing am 13. Juli 2022 vorgestellt hatte, verstoße gegen das Klimaschutzgesetz des Bundes: Nach dem Programm sollen in den Jahren zwischen 2022 und 2030 nicht wie geplant 271 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, sondern, wie die Bundesregierung selbst einräumte, lediglich 13 Millionen Tonnen.

Konkret fordert die DUH, dass ein neues und optimiertes Sofortprogramm erlassen werden müsse, welches nicht nur Versäumnisse des Vorjahres ausgleiche, sondern zukünftig erforderliche Reduzierungen konkret vorsehe. Diese könnten – so schlägt die DUH vor – bspw. ein Tempolimit von 100 km/h auf der Autobahn, 80 km/h außerorts und 30 km/h innerorts sein, die Einsparung klimaschädlicher Subventionen wie bspw. der Dienstwagenpauschale, eine von der Fahrleistung unabhängige Pkw-Maut oder eine CO2-basierte Neuzulassungssteuer beim Autokauf sei.

Fraglich ist nun insbesondere, ob das OVG die Klage aufgrund einer Klagebefugnis der DUH als zulässig erachtet und sich sodann inhaltlich mit den Angriffspunkten auseinandersetzen wird.

Autorin: Dr. Franziska Lietz

Nach dem Energiesicherungsgesetz und der Gassicherungsverordnung ist die BNetzA verpflichtet, den „lebenswichtigen Bedarf“ an Gas sicherzustellen. In einem Informationsschreiben erläutert die BNetzA, dass sowohl bei „geschützten“ als auch bei „nicht geschützten Kunden“ ein solch lebenswichtiger Bedarf bestehen kann. Was genau zu den lebenswichtigen Bedarfen gehöre, werde derzeit noch ermittelt.

Die Bundesnetzagentur hat gestern (05.09.2022) ein Schreiben veröffentlicht, indem sie auf den lebenswichtigen Bedarf bei geschützten und nicht geschützten Kunden in einer nationalen Gasmangellage eingeht. Der Begriff des „lebenswichtigen Bedarfs“ spielt im Falle der Ausrufung der Notfallstufe des Notfallplans Gas eine entscheidende Rolle. Denn mit Ausrufung der Notfallstufe kann die BNetzA Entscheidungen über hoheitliche Maßnahmen treffen, welche insbesondere die Deckung dieses Bedarfs sicherstellen sollen.

Eine der möglichen Maßnahmen ist die Anweisung zur Reduzierung des Gasverbrauchs bei bestimmten Letztverbrauchern. Eine solche Anweisung könne grundsätzlich sowohl gegenüber nicht geschützten, als auch gegenüber geschützten Kunden ergehen. Auch der „European Gas Demand Reduction Plan“ sehe den Gasbezug bei geschützten Kunden als teilweise nicht lebenswichtig an. Nicht geschützte Kunden werden allerdings regelmäßig in größerem Umfang von einer Reduktionsanordnung betroffen sein, da bei ihnen der Anteil am „lebenswichtigen Bedarf an Gas“ geringer ausfällt, als bei den geschützten Kunden.

Nach den Ausführungen der BNetzA gelten entsprechend der Regelung im EnWG (§ 53a) nur folgende Gaskunden als „geschützt“:

  1. Haushaltskunden;
  2. Kunden mit einer Ausspeiseleistung von max. 500 kWh pro Stunde und einer jährlichen Gasentnahme von maximal 1.500 MWh, also insbesondere kleine und mittlere Unternehmen;
  3. Letztverbraucher, die Haushaltskunden zum Zwecke der Wärmeversorgung beliefern;
  4. Fernwärmeanlagen, die keinen Brennstoffwechsel vornehmen können, soweit sie Haushaltskunden, Kunden nach Nr. 2 (s.o.) und Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen, beliefern;
  5. Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen, insb. Dienste in den Bereichen der Gesundheitsversorgung, essenziellen sozialen Versorgung, Notfallversorgung, Sicherheit, Bildung oder öffentlichen Verwaltung.

Beispielhaft nennt die BNetzA unter anderem Krankenhäuser, Strom- und Wasserversorger, Abwasserbeseitiger und Abfallentsorger.

Alle Kunden, die nicht zu den oben aufgezählten gehören, gelten dementsprechend als „nicht geschützt“. Bei diesen Kunden sei regelmäßig eine umfangreichere Reduktionsanweisung möglich, als bei geschützten Kunden.

Auch bei nicht geschützten Kunden wird allerdings der „lebenswichtige Bedarf“ berücksichtigt. Hierzu gehöre beispielsweise die Herstellung lebenserhaltender Medikamente, die nicht importiert werden können. Eine weitergehende Erläuterung des lebenswichtigen Bedarfes enthält das Schreiben der BNetzA nicht. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass derzeit ermittelt werde, welche weiteren schutzwürdigen Bedarfe es gebe.

Kriterien für die Priorisierung im Rahmen der Gaseinsparung bei nicht geschützten Kunden sieht unter anderem der “European Gas Demand Reduction Plan“ vor. Danach sind in abgestufter Reihenfolge soziale Kriterien (insb. Gesundheit, Sicherheit, Umwelt, Lebensmittel etc.), grenzübergreifende Lieferketten, Substitutions- und Reduktionsmöglichkeiten, Schäden und zuletzt wirtschaftliche Erwägungen heranzuziehen.

Die Bedeutung der Wertschöpfungsketten will die BNetzA insbesondere auf der Grundlage der in Auftrag gegebenen Vulnerabilitätsstudie vergleichbar machen (RGC berichtete). Das finale Ergebnis der Vulnerabilitätsstudie mit einem Bericht und Datensätzen zu den Wertschöpfungsketten soll bis zum 28. Oktober vorliegen. Zwei weitere Zwischenberichte sind für den 30. September und den 14. Oktober vorgesehen.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz
                       Annika Rott

Holger Schmidt von der John Deere GmbH & Co. stellt in seinem Vortrag aus Unternehmenssicht dar, warum und wie ein Fuel Switch von Erdgas auf LPG (Flüssiggas) erfolgen konnte und welche Herausforderungen, aber auch Vorteile, sich ergeben.

Am 8. und 9. September findet unser 17. RGC-Kanzleiforum statt – erstmals wieder live in Hannover. In unseren News möchten wir Ihnen schon einmal unsere Referenten vorstellen.

Holger Schmidt ist Facility Engineering Small AG & Turf Europe bei der John Deere GmbH & Co. KG, einem internationalen Hersteller von Landmaschinen.

In seinem Vortrag stellt er den Umgang des Unternehmens John Deere mit der Gas(-preis-)krise in der Praxis dar. Er erläutert zunächst, welche Optionen zum Fuel Switch das Unternehmen John Deere geprüft hat und wie die Entscheidung letztlich auf den Brennstoff LPG gefallen ist. Sodann erläutert er, welche technischen Implikationen sowie rechtliche Herausforderungen sich im Rahmen des Fuel Switch gezeigt haben.

Wir freuen uns sehr auf diesen und viele weitere spannende Vorträge auf unserem Kanzleiforum am 9.9.2022!

Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter diesem Link.

Ihr RGC-Team

Die Bundesregierung hat letzte Woche (31.08.2022) Änderungen im Immissionsschutzrecht beschlossen. Umfasst sind Ausnahmen von Ableitbedingungen für Abgase sowie für Anlagen zur Abfallaufbereitung. Für die Lagerung entzündlicher Gase soll das vereinfachte Genehmigungsverfahren angewandt werden können.

Mit den geplanten Änderungen sollen Sonderregelungen zur Bewältigung der Gasmangellage geschaffen werden. Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), die in einem spezifischen Zusammenhang mit der Gasmangellage durchzuführen sind, sollen erleichtert und beschleunigt werden.

So soll unter bestimmten Voraussetzungen bereits vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und vor Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung mit der Errichtung sowie dem Betrieb von Anlagen begonnen werden können (§ 31e BImSchG-E). Wenn dies zur Beschleunigung des Verfahrens beiträgt, sollen die Verfahrenserleichterungen auch für bereits begonnene Verfahren gelten (§ 31k BImSchG-E). Voraussetzungen sind insbesondere eine „ernste oder erhebliche Gasmangellage“ sowie die Beantragung der Genehmigung im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel, einem Fehlen von Betriebsmitteln für Abgaseinrichtungen oder einer anderen „durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit“.

Eine ernste bzw. erhebliche Gasmangellage liegt nach der überarbeiteten Gesetzesbegründung nunmehr explizit mit Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas vor, sodass sie vom Anlagenbetreiber nicht erneut nachgewiesen werden muss.

Die Schwelle bis zu der Anlagen zur Lagerung entzündbarer Gase (insb. Erdgas, Flüssiggas und LNG) im vereinfachten Verfahren genehmigt werden, soll durch die Änderung der 4. BImSchV von 30 Tonnen auf 50 Tonnen angehoben werden. Sie entspricht damit i.d.R. der Schwelle, ab der das Störfallrecht auf die jeweiligen Anlagen anwendbar ist.

Weitere Erleichterungen sieht § 31f BImSchG-E im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Danach können die grundsätzlich erforderlichen Auslegungs- und Einwendungsfristen verkürzt werden. Auf die Durchführung eines Erörterungstermines soll grundsätzlich verzichtet werden.

Für bestimmte Anlagen, die in der Gasmangellage für max. zwei Jahre benötigt werden und ein Fassungsvermögen von nicht mehr als 200 Tonnen haben, soll eine befristete Genehmigung im vereinfachten Verfahren erteilt werden können (§ 31h BImSchG-E).

Die zuständigen Behörden sollen Ausnahmen von Emissionsgrenzwerten (TA Luft) und Immissionsrichtwerten (TA Lärm) erteilen können, ohne dass eine Änderungsanzeige oder Änderungsgenehmigung notwendig ist (§§ 31g, 31i, 31j BImSchG-E). Voraussetzung ist insbesondere, dass die Überschreitung der Werte im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel steht oder notwendige Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen wegen der Gasmangellage nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder eine andere durch die Gasmangellage ausgelöste Notwendigkeit besteht. In jedem Fall ist eine ernste und erhebliche Gasmangellage erforderlich. Laut Gesetzesbegründung soll die Gewährung von Ausnahmen weit angewandt werden.

Bei Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Abluftreinigung wegen fehlendem Gas nur noch eingeschränkt funktionsfähig ist. Um Stilllegungen zu vermeiden, sieht der Entwurf zur Änderung der 30. BImSchV-E daher vor, dass auch bei diesen Anlagen Abweichungen von genehmigten Emissionswerten zugelassen werden können.

Mit der Änderung der 44. BImSchV-E soll eine weitere Möglichkeit für befristete Ausnahmen von Ableitbedingungen für Abgase eingeräumt werden. Dies betrifft insbesondere die erforderliche Höhe von Schornsteinen. Als möglicher Anwendungsbereich wird der kurzfristige Einsatz mobiler Wärmeerzeuger genannt, welche typischerweise nicht die nach der Verordnung erforderliche Schornsteinhöhe aufweisen.

Mit der Änderung des BImSchG will sich der Bundestag noch im September befassen. Den Verordnungen muss der Bundesrat noch zustimmen. Mit einem Inkrafttreten der Vorschriften ist daher voraussichtlich im Oktober zu rechnen.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                       Annika Rott
                       Yvonne Hanke

Robert Habeck hat gestern (Montag) die Ergebnisse des Stresstests für das Stromnetz vorgestellt. Unter anderem sollen die beiden AKWs Isar 2 und Neckarwestheim noch für einige Monate als Reserve am Netz bleiben.

Nachdem bereits ein erster Stresstest für das Stromnetz von März bis Mai mit positivem Ergebnis durchgeführt worden war, wurde nunmehr ein zweiter Stresstest unter verschärften Bedingungen mit Blick auf den kommenden Winter abgeschlossen. Den Stresstest haben die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW im Auftrag des BMWK durchgeführt.

Die Verschärfung gegenüber dem ersten Stresstest bestand insbesondere darin, dass eine extremere Strompreisentwicklung, ein Ausfall von Gaslieferungen in höherem Umfang, Dürre, Niedrigwasser in den Flüssen, ein größerer Ausfall der Atomstromerzeugung in Frankreich sowie geringe Windkraftausbeute in Bayern angenommen wurden. Der zweite Stresstest nimmt zudem in besonderem Maße das Zusammenspiel mit den elf europäischen Nachbarländern Deutschlands in den Blick.

Gestern Abend stellte Robert Habeck die Ergebnisse in einer Pressekonferenz vor. Ergebnis des zweiten Stresstests sei es, dass stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem im Winter 22/23 zwar sehr unwahrscheinlich seien, aber nicht vollständig ausgeschlossen werden könnten. Robert Habeck betonte, dass eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren bestünden, die sich mit der Trockenheit dieses Sommers noch einmal deutlich verschärft hätten. Unter bestimmten Umständen und in ganz bestimmten Situationen könnten sich diese Risiken bündeln.

Gegen eine nicht gänzlich auszuschließende kurzzeitige Lastunterdeckung oder Stromausfälle seien daher zusätzliche Maßnahmen zu empfehlen, von denen einige neu und einige bereits umgesetzt oder geplant sind. Dies betrifft bspw. die Bildung von Reserven und die Reaktivierung stillgelegter Kohlekraftwerke. Weitere Maßnahmen – wie der Ausbau der Stromproduktion in Biogasanlagen sowie eine höhere Auslastung der Stromnetze sowie Verbesserung der Transportkapazitäten – sind in der unmittelbaren Vorbereitung und mit einer dritten Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG 3.0) geplant.

Darüber hinaus kündigte Robert Habeck auch eine neue, zeitlich sowie inhaltlich begrenzte AKW-Einsatzreserve an: Die beiden Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim sollen danach noch bis Mitte April 2023 als Reserve für den Süden der Bundesrepublik zur Verfügung stehen. Allerdings werde am Atomausstieg wie geplant festgehalten: Grundsätzlich sollen die drei derzeit noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke planmäßig Ende 2022 regulär vom Netz gehen.

Weitere Details zu den im Stresstest geprüften Szenarien und der geplanten Kraftwerksreserve finden Sie in der Pressemitteilung des BMWK.

Aktuelle rechtliche Entwicklungen zur Gasmangellage werden Gegenstand unseres 17. Kanzleiforums sein, zu Informationen und Anmeldung gelangen Sie hier.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz