Das Urteil zum Klimaschutzgesetz zeigt Wirkung in der Politik
Während Sturm „Eugen“ mit Windgeschwindigkeiten von 80 km/h aufwärts über Deutschland hinweg gefegt ist, wurde auch die deutsche Klimapolitik in den letzten Tagen gewaltig aufgewirbelt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz hat für eine Fülle von Forderungen und Ideen für Nachbesserungen in der Klimapolitik gesorgt. Noch in dieser Legislaturperiode könnte dieser „frische Wind“ für erhöhte Klimaziele, den Ausbau der erneuerbaren Energien und Nachschärfungen beim Emissionshandel sorgen.
Zum ersten Mal hat in der letzten Woche ein hochrangiges Gericht mit der Generationengerechtigkeit argumentiert und entschieden, dass mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz die Freiheitsrechte der jüngeren Generation verletzt werden. Man dürfe die Verantwortung nicht auf künftige Generationen abwälzen, so die Karlsruher Richter. Über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz haben wir bereits hier berichtet.
Nun werden aus allen Richtungen Vorschläge für eine Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes und darüber hinaus gemacht:
Aus Sicht der SPD müsse das neue Klimaschutzgesetz noch vor dem Sommer durch den Bundestag gebracht werden. Svenja Schulze (SPD) möchte bereits bis Ende dieser Woche einen Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz vorlegen. Das derzeitige Emissionsreduktionsziel von 55 Prozent für 2030 soll auf 62 bis 68 Prozent erhöht werden. Darüber hinaus müsse man beim Ausbau der erneuerbaren Energien nachjustieren und einen klaren Fahrplan in die Klimaneutralität vorgeben.
Auch die Grünen drängen auf ehrgeizige und konkrete Maßnahmen, ebenfalls noch vor der Bundestagswahl im Herbst. In einem Brief an die Bundesregierung forderten sie, dass noch in dieser Legislaturperiode konkrete Schritte für einen ambitionierten Klimaschutz eingeleitet werden. Die Maßnahmen müssten zudem über eine reine Reform des Klimaschutzgesetzes hinausgehen. Konkret fordern die Grünen:
- Die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent im Jahr 2023 (derzeit sind es noch 25 Euro). Die Einnahmen könnten für eine Pro-Kopf-Rückerstattung, eine Senkung der EEG-Umlage sowie für zielgerichtete Transformationszuschüsse für Menschen mit niedrigen Einkommen verwendet werden.
- Die Anhebung des Treibhausgas-Reduktionsziels 2030 auf 70 Prozent.
- Die Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien durch höhere Ausschreibungsmengen für Solar und Wind
- sowie den Abbau von klimaschädlichen Subventionen.
Die CDU hat als Reaktion auf das Klimaschutzgesetz-Urteil am Montag ein Positionspapier zur Klimaneutralität beschlossen. Noch in dieser Legislaturperiode solle das Klimaschutzgesetz weiterentwickelt werden. Das nationale Klimaziel für 2030 solle von 55 Prozent auf mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 angehoben werden. Darüber hinaus solle die Klimaneutralität „deutlich vor {der} Mitte des Jahrhunderts“ erreicht werden. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wolle man zudem durch gesetzlich verankerte Zwischenziele für die Jahre 2035 und 2040 nachkommen.
Auf der Maßnahmenseite schlägt die CDU eine Verschärfung des Anstiegspfades des CO2-Preises im Brennstoffemissionshandel vor. Zudem müsse man früher als bisher vorgesehen zu einer Preisbildung am Markt übergehen. Nach der bisherigen Regelung werden die Emissionszertifikate bis 2025 zu gesetzlich geregelten Festpreisen verkauft. Ab 2026 sollen die Emissionszertifikate versteigert werden. Im Jahr 2026 muss sich der Preis allerdings noch in einem Korridor zwischen dem Mindestpreis von 55 Euro und dem auf 65 Euro festgelegten Höchstpreis bewegen.
Mit „hoher Priorität“ solle zudem der Ausbau der erneuerbaren Energie vorangebracht werden. Unter anderem sollen Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen mit höheren Ausschreibungsmengen gefördert werden.
Und selbst die CSU hat Vorschläge gemacht. Das Ziel der Klimaneutralität solle in Bayern auf 2040 vorgezogen werden und das Emissionsreduktions-Ziel für 2030 müsse laut Markus Söder auf 65 Prozent erhöht werden. Zudem müsse man mithilfe finanzieller Anreize schneller aus der Kohlekraft aussteigen, die Ladesäuleninfrastruktur ausbauen, für schnellere Verfahren beim Streckenausbau der Bahn sorgen, den Ausbau von Photovoltaikanlagen voranbringen sowie mehr mit Ziegeln und Holz, statt mit Beton bauen.
Plötzlich soll nun also alles ganz schnell gehen. Die Parteien überbieten sich mit Forderungen und der Klimaschutz rückt noch weiter ins Zentrum des Wahlkampfes für die Bundestagswahl im September.
Marco Buschmann, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundesfraktion ist wenig optimistisch und befürchtet, dass es vor der Bundestagswahl keine Einigung bezüglich der Umsetzung des Klimaschutzgesetz-Urteils geben wird. Er geht davon aus, dass jeder Vorschlag „in den Mühlen des Wahlkampfes“ zerrieben werde.
Sollte sich im Falle einer Zerreibung der vorgeschlagenen Klimaziele allerdings ein Verantwortlicher finden, braucht sich dieser wohl keine großen Chancen mehr auf die Wählerstimmen auszumalen.
Ohne Zweifel ist, dass der erneute politische Wettbewerb um ambitioniertere Klimaziele Auswirkungen auf die Industrie haben wird. Insbesondere die mögliche Erhöhung der Preise für Emissionszertifikate könnte Unternehmen zu einem schnelleren Umstieg auf eine emissionsarme Produktion zwingen.
Wie Sie wissen, haben wir es uns zur besonderen Aufgabe gemacht, unsere Mandanten auf dem (alternativlosen) Weg in eine CO2-neutrale Zukunft bestmöglich zu unterstützen. Mit diesem Ziel wollen wir kurzfristig das Praxis- und Informationsform „RGC Zukunft: CO2-neutrale Versorgungs- und Produktionskonzepte“ ins Leben rufen. Was sich dahinter verbirgt, werden wir bald berichten. Sie können schon gespannt sein!