Schlagwortarchiv für: Gasmangel


Da in Deutschland ein relevanter Teil der Stromerzeugung aus Erdgas erfolgt, stellt sich die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen eigentlich auf dem Gasmangel basierende Mangellage im Strombereich hätte.

Mit dem Ersatzkraftwerke-Bereithaltungsgesetz zielt das BMWK ausdrücklich auf die Reduzierung des Gaseinsatzes zur Stromerzeugung ab (RGC berichtete). Zwar sollen zunehmend Kohlekraftwerke reaktiviert werden. Lücken in der Stromversorgung scheinen jedoch nicht ausgeschlossen, zumal viele Industrieunternehmen aktuell die Substitution von Erdgas durch Strom, bspw. zur Wärmeerzeugung, prüfen.

Uns stellt sich folglich zunehmend die Frage, welche rechtlichen Eckpunkte eigentlich bei einer Strommangellage gelten.

Hierzu ist zunächst einmal der Vergleich zur Situation im Erdgasbereich zu ziehen.

Zunächst dürfte netztechnisch die Regelung von Strom schneller und einfacher möglich sein. Strom ist darüber hinaus nur eingeschränkt speicherbar. Dafür ist die Informationslage im Strombereich, z.B. wegen des Marktstammdatenregisters, deutlich besser.

Die SOS-Verordnung gilt im Strombereich nicht, d.h. es ist auch nicht die Ausrufung von Frühwarn-, Alarm- oder Notfallstufe vorgesehen. Im Strombereich kommt es daher wesentlich auf das deutsche Recht an, das nur punktuell von EU-rechtlichen Vorschriften beeinflusst wird.

So liegt es im Grundsatz in der Hand des Netzbetreibers, Stromerzeuger und -verbraucher zu regeln. Dies findet seine Grundlage vornehmlich im § 13 Abs. 2 EnWG, der die sog. Zwangsmaßnahmen enthält, welche grundsätzlich – wenn sie rechtmäßig erfolgen – ohne Entschädigung erfolgen. Für die Regelung von Erzeugungsanlagen gelten ergänzend die Vorgaben des § 13a EnWG, der neue Redispatch 2.0, der aktuell gerade, nicht ohne die ein oder andere Startschwierigkeit (RGC berichtete), seinen Start in die Praxis vollzieht. Grundsätzlich steht dem Netzbetreiber damit ein umfassendes Handlungsrepertoire zur Verfügung, welches allerdings eher auf kurzfristige Schwankungen, z.B. durch fluktuierend einspeisende Erzeugungsanlagen ausgelegt ist.

Anders als im Gasbereich gilt hier allerdings keine Vorgabe zur Bevorzugung sog. geschützter Kunden, wie bspw. Haushaltskunden oder Krankenhäuser. Teilweise wird diese Vorgabe von den Behörden und Netzbetreibern jedoch in die Regelungen im Strombereich hineingelesen. Letzteres ist im Grunde auch sinnvoll, denn wenn ein Haushaltskunde mit dem ihm als geschütztem Kunden zustehenden Gas eine Heizung betreiben möchte, so bedarf es in den meisten Fällen auch Strom, der für die Anlagensteuerung erforderlich ist. Ansonsten wäre Heizen trotz Gas nicht möglich.

Ebenfalls nicht im Strombereich zu finden ist das im EnSiG für die Gasversorgung geregelte Preisanpassungsrecht des Versorgers. Die Preise – und die Möglichkeit von Preisanpassungen – für Stromlieferungen richten sich folglich nach dem allgemeinen Zivilrecht bzw. den Vereinbarungen im Energieliefervertrag.

Darüber hinaus gibt es aber auch im Strombereich die Möglichkeit zu hoheitlichen Eingriffen. Ähnlich der GasSV wurde auf Basis des EnSiG die EltSV (Verordnung zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung in einer Versorgungskrise – Elektrizitätssicherungsverordnung) geschaffen. Hier kann der sog. Lastverteiler z.B. Reduzierungen anordnen. Es gelten die Entschädigungsregelungen aus dem EnSiG nach § 11 (Enteignung) bzw. § 12 (sonstige Härte).

Ersichtlich ist das zur Verfügung stehende Repertoire im Strombereich daher ein anderes als im Gasbereich. Sollte es zu einer Reduzierung des Stromdargebots kommen und einige Verbraucher verzichten müssen, so ist davon auszugehen, dass grundsätzlich ähnliche Kriterien wie im Gasbereich anzulegen sind. Auch für das Recht auf Strombezug wird es bspw. auf drohende Anlagen- und Umweltschäden sowie Relevanz des Gutes, Lieferketten oder Tierschutz ankommen. Nimmt die Bundesnetzagentur also entsprechende Anordnungen vor, so wird sie diese Aspekte, ebenso wie im Gasbereich zu berücksichtigen haben.

Es stellt sich daher auch bereits jetzt die Frage, da ein Strommangel nicht absolut fernliegend ist, ob eine Datenabfrage – ähnlich der für Gas durchgeführten – auch im Strombereich kurzfristig durchgeführt werden sollte, damit die für eine Entscheidung erforderlichen Informationen vorhanden sind. Nur so dürfte eine geeignete Vorbereitung transparenter und rechtskonformer Reduzierungsentscheidungen möglich sein.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                       Yvonne Hanke


Der BDEW hat heute die Ausrufung der Frühwarnstufe im Hinblick auf eine drohende Energiemangellage gefordert.

In einer Pressemitteilung forderte der BDEW die Bundesregierung am 24.03. 2022 auf, die Notfallstufe im nationalen Notfallplan Gas auszurufen. Die Gründe hierfür schildert er in seiner Pressemitteilung.

Die sog. Notfallstufe ist die erste von drei möglichen Stufen, die der nationale Notfallplan Gas im Hinblick auf eine drohende Energiemangellage vorsieht (RGC berichtete). Alle drei Stufen müssen hoheitlich ausgerufen werden.

Laut Presseberichten hat das BMWi heute Nachmittag schon mitgeteilt, dass es diesen Schritt noch nicht gehen will.


Und was, wenn die Bundesregierung doch die Frühwarnstufe ausruft?

Gaslieferanten und Netzbetreiber müssen zunächst netzbezogene und marktbasierte Maßnahmen ergreifen (z.B. unterbrechbare Verträge nutzen), um einem drohenden Gasmangel entgegenzuwirken bzw. dessen Folgen abzufangen. Auf der Frühwarnstufe und der Alarmstufe genügen diese Maßnahmen noch, um alle Bedarfe zu decken. Erst auf der Notfallstufe wird das dann zu knappe Gut Gas ggf. hoheitlich verteilt (z.B. über Abschaltungen).

Darüber, was energieintensive Unternehmen nun zu veranlassen haben, sprechen wir mit Ihnen in unserem RGC-Fokus: Energieversorgung in der Krise – Kündigungen, Insolvenzen, Gasmangel. Weiter Informationen finden Sie hier.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz