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Nach dem Gebäudeenergiegesetz kommt der nächste Rückschlag für die Bundesregierung. Das Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes hat es nicht mehr vor der Sommerpause durch den Bundestag geschafft.

Vergangenen Freitag (7.7.) wurde das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) als letzter Tagesordnungspunkt in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beraten. Doch zur Schlussabstimmung kam es am Nachmittag nicht mehr. Nachdem die AfD-Fraktion die Beschlussfähigkeit des Bundestages vor der Schlussabstimmung rügte, wurde der sog. „Hammelsprung“ durchgeführt. Mit dem Ergebnis, dass zu wenig Abgeordnete anwesend waren. Der Bundestag war nicht beschlussfähig, die Sitzung wurde sofort aufgehoben.

Wir fassen dennoch die wichtigsten Änderungen für Sie zusammen, die mit der aktuellen Beschlussempfehlung gefordert werden:

Energieeffizienzziele

  • Geblieben sind die verbindlichen Energieeffizienzziele für den End- und Primärenergieverbrauch bis 2030. Endenergie ist dabei derjenige Teil der eingesetzten Primärenergie, der den Verbrauchern nach Abzug von Energiewandlungs- und Übertragungsverlusten zur Verfügung steht (Umgebungswärme oder -kälte sowie Solarthermie gehören nicht dazu). Primärenergie ist die Energie, die mit allen ursprünglich vorkommenden Energieformen oder -quellen zur Verfügung steht.
  • Bei „außergewöhnlichen und unerwarteten konjunkturellen Entwicklungen oder Bevölkerungsentwicklungen“ kann die Bundesregierung die genannten Ziele jedoch anpassen.
  • Die vorherige Entwurfsfassung enthielt zudem Energieeffizienzziele für den End- und Primärenergieverbrauch nach 2030 bis 2040 und 2045, die „angestrebt“ werden sollten. Für den Endenergieverbrauch wurde das Zwischenziel bis 2040 gestrichen, für den Primärenergieverbrauch gibt es nach 2030 gar keine Energieeffizienzziele mehr. Die Reduktion der Energieeffizienzziele soll dabei der „Flexibilisierung“ des Zielpfades bis 2045 dienen.
  • Die Länder müssen nicht mehr 5 TWh, sondern nur noch 3 TWh einsparen.

Pflichten für Unternehmen

  • Der Schwellenwert für die Pflicht zur Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems soll herabgesetzt werden. Die Pflicht soll bei einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei Kalenderjahre von mehr als 7,5 GWh (vorher 15 GWh) gelten.
  • Im Rahmen der Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung von Umsetzungsplänen für Endenergieeinsparmaßnahmen (Pflichten ab 2,5 GWh) muss die Vollständigkeit und Richtigkeit der aufgrund ihrer Unwirtschaftlichkeit nicht erfassten Endenergieeinsparmaßnahmen nicht mehr bestätigt werden (durch einen Zertifizierer, Umweltgutachter oder Energieauditor).
  • Bei dem Thema Abwärme (Pflichten ab 2,5 GWh) war in der vorherigen Entwurfsfassung vorgesehen, dass Abwärme nur wiederverwendet werden muss, wenn dies dem Unternehmen möglich und zumutbar ist. Möglichkeit und Zumutbarkeit sollen nun bei allen Variationen beachtet werden müssen, also auch bei der Abwärmevermeidung und – reduzierung. Im Rahmen der Zumutbarkeit sind explizit technische, wirtschaftliche und betriebliche Belange zu berücksichtigen.

Pflichten für Betreiber von Rechenzentren/ Informationstechnik

  • Rechenzentren sollen erst ab einer Nennanschlussleistung von 300 kW erfasst werden (vorher 200 kW). Es wurde klargestellt, dass Rechenzentren, die dem Anschluss oder der Verbindung von anderen Rechenzentren dienen und überwiegend keine Datenverarbeitung vornehmen (sog. Netzknoten), nicht erfasst sind.
  • Der PUE-Wert für Rechenzentren mit Inbetriebnahme ab dem 1.7.2026 wurde auf 1,2 angepasst und die Einschränkungen der Eintrittstemperatur bei der Luftkühlung komplett gestrichen. 
  • Der Entwurf der Beschlussempfehlung enthält in der Gesetzesbegründung eine neue Bestimmung für Rechenzentren, die als Netzknotenpunkte fungieren bzw. Teil eines „Internet-Backbones“ sind und Datenverkehr vermitteln und steuern. Die Regelung wurde allerdings nicht im Gesetzestext kenntlich gemacht (wir gehen von einem Redaktionsversehen mit Korrektur über die Sommerpause aus), sodass wir die Regelung aktuell nicht auswerten können.
  • Die Pflicht zur Einrichtung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems gilt auch für Rechenzentren. Eine Ausnahme gibt es für Rechenzentren, deren wiederverwendete Energie zur Nutzung über ein Wärmenetz zu mindestens 50 % aufgenommen wird und deren jährlicher durchschnittlicher Gesamtendenergieverbrauch innerhalb der letzten drei Kalenderjahre nicht über 7,5 GWh liegt.
  • Die Informationen zur Energieeffizienz sind zwar weiterhin bis zum 31.03. jährlich zu veröffentlichen, jedoch ohne öffentlichen Zugang zum Energieeffizienzregister.
  • Die Informationspflicht im Kundenverhältnis wurde deutlich gekürzt.

Die Schlussabstimmung muss nun nachgeholt werden. Nach der Sommerpause geht es im Bundestag ab dem 5.9.2023 weiter. Anschließend muss das Gesetz noch den Bundesrat passieren.

Die zu erwartenden Änderungen zum Energieeffizienzgesetz betrachten und erläutern wir mit Ihnen gern gemeinsam in unserer Online-Veranstaltung „Energieeffizienz in der Industrie – Aktuelles und Änderungen“ am 25.08.2023.  Zur Anmeldung geht es hier.


In Folge 14 unseres RGC Klimarecht Podcast spricht Dr. Franziska Lietz mit Dr. Julia Wiemer von der Kanzlei Kapellmann über das Thema Bürgerenergie, wie Erneuerbare-Energien-Projekte aus einer Bierlaune heraus entstehen können und welche rechtlichen und tatsächlichen Herausforderungen sich stellen.

Die Vision von der lokalen Energiewende – manchmal beginnt diese tatsächlich bei einem Bier auf dem Dorffest und entwickelt sich dann zu einer Bürgerenergiegesellschaft.

Damit eine Bürgerenergiegesellschaft erfolgreich wird, braucht es engagierte Teilnehmer, Tatendrang, aber auch Konsensfähigkeit und juristisches Know-How.

Damit kennt sich Dr. Julia Wiemer von der Kanzlei Kapellmann bestens aus: Sie berät Bürgerenergiegesellschaften quasi vom ersten Bier an bis zum fertigen Wind- oder Solarpark. Wie sie uns im Podcast erklärt, geht dies sogar bis hin zum Thema Sektorkopplung, also Power-to-Heat oder Erzeugung von Wasserstoff.

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Nachdem sich die Ampel-Koalition zu einer Einigung beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) durchgerungen hat, sollen die nächsten Schritte für den Klimaschutz folgen. Das weitere Klimapaket ging bereits letzte Woche in die Ressortabstimmung.

Die Diskussion um eine Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) drehte sich um den geplanten Ausgleich der Co²-Reduktionen zwischen den einzelnen Wirtschaftssektoren. Auf diese wurde sich nun in Form einer „sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung“ geeinigt.

Zum Hintergrund:

Die Novelle des KSG ist Teil des Klimapaketes. Um das Ziel zu erreichen, die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 % zu senken, könne die derzeitig bestehende Lücke um bis zu 80 % durch die Maßnahmen des Klimaschutzprogrammes geschlossen werden, heißt es in dem Überblickspapier des BMWK zur zweiten Novelle des KSG.

Kernpunkt des bisherigen KSG ist die Festlegung einer zulässigen Höchstmenge von Treibhausgasemissionen für die jeweiligen Sektoren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft). Bei Überschreitung der festgelegten Höchstmenge hat dies ein verpflichtendes Sofortprogramm für den entsprechenden Sektor zur Folge, das im Eintrittsfall vom zuständigen Bundesministerium festgelegt wird. Nach bisheriger Rechtslage würde ein solche Sofortprogramm den Verkehrssektor unter Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) treffen.

Das könnte sich unter dem Motto „Ausblick statt Rückblick“ nun ändern. Geplant ist eine mehrjährige Prognose als neues Instrument. Anstatt rückblickend nachzusteuern, sollen die erlaubten Emissionsmengen anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden. Entscheidend soll zuallererst die sektorübergreifende Summe der Gesamtemissionen in den Jahren 2021 bis 2030 sein. Eine Nachsteuerung soll stattfinden, wenn die Vorausschau anzeigt, dass eine Überschreitung stattfinden wird und der Expertenrat für Klimafragen diese Prognose feststellt. Die Pflicht zur Nachsteuerung kann aber pausiert werden, wenn die Bundesregierungen Maßnahmen beschließt, die nach der Prognose ausreichen, um die Gesamtmengen in den Jahren 2021 bis 2030 in Summe einzuhalten.

Doch wer soll im Rahmen der Nachsteuerung nun genau tätig werden? Für eine „volle Transparenz“ sollen alle Sektoren ihren Beitrag leisten müssen. Zur Vorbereitung des Maßnahmenbeschlusses der Bundesregierung haben alle zuständigen Bundesministerien, insbesondere diejenigen, deren Sektoren zur Zielverfehlung beigetragen haben, Maßnahmen vorzuschlagen. Damit wird sich von der ursprünglichen Regelung – dem eigenen Sofortprogramm für das entsprechende Ministerium – klar distanziert. Die Vorschläge, die auch sektorübergreifende Maßnahmen enthalten können, sind sodann innerhalb von drei Monaten nach Bewertung durch den Expertenrat für Klimafragen vorzulegen und spätestens innerhalb desselben Jahres durch die Bundesregierung zu beschließen.

Der Gesamterfolg des Klimapakets wird sich wohl erst durch das Zusammenspiel des neuen KSG, des GEG und des Klimaschutzprogramms beurteilen lassen. Alle Maßnahmen des Klimapakets befinden sich noch im Entwurfsstadium, dürften aber demnächst final beschlossen werden.

Der vom BMWK vorgelegte Entwurf einer Formulierungshilfe mit einer Anpassung der Härtefallbestimmungen zur Besonderen Ausgleichsregelung für stromkostenintensive Unternehmen wurde von der Bundesregierung beschlossen.

Bisher war vorgesehen, dass Härtefallunternehmen für die Besondere Ausgleichsregelung unter anderem die individuelle Stromkostenintensität nachweisen müssen. Mit einer Änderung der Anpassungsnovelle für die Energiepreisbremsen und weiterer Gesetze könnte diese Voraussetzung noch für das Antragsjahr 2023 entfallen.

Konkret geht es um die Änderung des § 67 Abs. 2 Energiefinanzierungsgesetz: Unternehmen, die in den Jahren 2022 oder 2023 eine Umlagebegrenzung (z.B. Offshore- oder KWKG-Umlage) erhalten, sollen ihre individuelle Stromkostenintensität nicht mehr nachweisen müssen.
Mit dem Entfall des Nachweises sollen die Regelungen zugunsten der Unternehmen unter Ausnutzung der beihilferechtlichen Möglichkeiten vereinfacht werden. Diese Maßnahme sei besonders eilbedürftig, da die Regelung bereits für das Antragsverfahren in diesem Jahr Anwendung finden soll. Die bisherige Frist zum 30. Juni 2023 soll auf den 30. September 2023 verlängert werden.

Die von der Bundesregierung beschlossenen Änderungen gehen nun in die laufenden parlamentarischen Beratungen der Anpassungsnovelle für die Energiepreisbremsen ein, die der Bundesrat voraussichtlich am 7. Juli 2023 abschließend behandeln wird. Die Regelung kann damit im Juli 2023 in Kraft treten. Wir werden Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden halten.

Wir freuen uns auf Sie am 14. und 15. September 2023 in Hannover!

Es ist soweit: Das Programm und die Agenda für unser 18. RGC-Kanzleiforum sind fertig, womit wir Sie nun mit großer Vorfreude zu unserem jährlichen Event-Highlight einladen können.

Diesmal steht bei unserem Forum die „Gestaltung moderner Versorgungskonzepte: Grünstrom, Portfoliomanagement und Privilegien“ im inhaltlichen Mittelpunkt. Ein Thema, mit dem sich jedes Unternehmen aus unserer Mandantschaft gerade beschäftigt bzw. beschäftigen muss!

Folgende Beiträge stehen bei uns auf der Agenda:

  • Arten und Eignung von Grünstrom (HKNs)
  • PPAs Schritt für Schritt am Praxisfall
  • Wieviel und welches PPA passt zu mir?
  • EE-Eigenerzeugung: Eine zukunftstaugliche Option?
  • Die neue Beschaffungswelt mit PPAs und EE-Eigenerzeugung (Portfoliomanagement)
  • Das Klimaprojekt von Richard Neumayer (Praxisbeispiel)
  • Aktuelles zu Privilegien aus Gesetzgebung und RGC-Beratungspraxis (Ökologische Gegenleistungen, Industriestrompreis, Klimaschutzverträge, Strom- und Energiesteuernovelle)

Und am Vorabend findet natürlich unser traditionell vergnügtes Come-Together statt. Wir freuen uns auf Sie mit Häppchen, Musik und Getränken in der Burg Königsworth, einer coolen Eventlocation, die vom Veranstaltungshotel mit Öffis prima in 12 Minuten zu erreichen ist.

Weitere Infos und die Anmeldung finden Sie hier. Denken Sie bitte daran, dass unsere Kanzleiforen immer ziemlich schnell ausgebucht sind.

Bis bald in Hannover

Ihr RGC-Team


In Folge 13 unseres RGC Klimarecht Podcast spricht Dr. Franziska Lietz mit Julian Senders über die Historie des Dieselskandals, seine zivil-, straf- und öffentlich-rechtlichen Seiten und was wir nach der Thermofenster-Rechtsprechung jetzt noch zu erwarten haben.

Thermofenster, Legal Tech und E189 – viele ganz unterschiedliche Stichworte führen zum Thema Dieselskandal. In Folge 13 des RGC Klimarecht Podcast tauchen wir in die Historie dieses (mehr umwelt- als klimarechtlichen) Dramas in vielen Akten ein – von seinen Anfängen im Jahr 2015 bis zu den aktuellen Entwicklungen um die sog. Thermofenster-Rechtsprechung des EuGH.

Mit Julian Senders, der zum Thema aus öffentlich-rechtlicher Perspektive eine Doktorarbeit verfasst hat, erkunden wir, wie sich der Dieselskandal durch verschiedene Rechtsgebiete und verschiedene Kontinente schlängelt und überall seine Spuren hinterlässt. Zuletzt stellen wir Überlegungen an, wie der BGH das Thema weiterführen könnte und ob sich jetzt ein Ende oder eine weitere Runde im Dieselkarussell abzeichnet.

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Oder hören und sehen auf Youtube:

Die Änderungen der Preisbremsengesetze (StromPBG / EWPBG) sind am 27. April 2023 in Kraft getreten.

Die Ende März im Bundestag beschlossenen Änderungen der Preisbremsengesetze betreffend die Übertragung der Aufgaben der Prüfbehörden und die Anpassung etwaiger Fristen (RGC berichtete) sind am 27. April 2023 in Kraft getreten. Im Wesentlichen:

  • Aufgaben der Prüfbehörde können ab sofort im Wege der sog. Beleihung auf eine oder mehrere juristische Personen des Privatrechts übertragen werden.
  • Die Frist zur Übermittlung der Unterlagen betreffend die Arbeitsplatzerhaltungspflicht wird vom 15. Juli 2023 auf den 31. Juli 2023 verlängert (betrifft Unternehmen, die aus den Preisbremen eine Entlastung von mehr als 2 Mio. € erhalten).

    Die Frist zur Übermittlung der Erklärung, dass keine Förderung über 25 Mio. € in Anspruch genommen wird, wird vom 31. März 2023 auf den 31. Juli 2023 verlängert – diese Frist für ein gesetzliches Opt-Out ist relevant für Unternehmen, die eine Entlastungssumme von mehr als 25 Mio. € erwarten, aber nicht von den Einschränkungen betreffend Boni und Dividenden getroffen werden möchten.

Autorinnen: Sandra Horn
                       Yvonne Hanke
                       Jacqueline Rothkopf

Die Diskussion in der Ampelkoalition um das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) zeigt sich lebhaft. Nachdem Ende März im Koalitionsausschluss die Novellierung des KSG beschlossen wurde, wollen die Grünen diese unter Umständen im Bundestag blockieren.

Mit dem KSG wurden ambitionierte Klimaschutzziele gesetzlich festgeschrieben und klare Einsparziele für die kommenden Jahre für die einzelnen Sektoren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft, Verkehr, Abfallwirtschaft) vereinbart. Gerade die Emissionsbudgets der einzelnen Wirtschaftssektoren sollten für eine genaue Zuordnung der Verantwortlichkeiten zur Treibhausgasminderung in Deutschland sorgen.

Das Umweltbundesamt veröffentlich dafür jedes Jahr die Entwicklung der Treibhausgasemissionen für die jeweiligen Sektoren. Für 2022 zeigt sich: während die Industrie die im Klimaschutzgesetz festgelegte Höchstmenge unterschritten hat, lagen insbesondere zwei Sektoren deutlich über der Höchstmenge der Jahresemissionen. Der Sektor Gebäude verursachte 14 Mio. Tonnen Co²-Äquivalente mehr, als für die Jahresemissionsmenge 2022 nach dem KSG zulässig ist. Bei dem Sektor Verkehr waren es rund 9 Mio. Tonnen Co²-Äquivalente.

Das aktuelle KSG sieht eindeutige Konsequenzen für eine solche Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge vor. Das jeweils für den Sektor zuständige Bundesministerium muss ein Klimaschutz-Sofortprogramm vorlegen, um die Einhaltung der Werte für die Folgejahre sicherzustellen.

Dieser Mechanismus könnte mit der Novellierung des KSG nun abgeschwächt bis ausgehebelt werden. Der Beschluss des Koalitionsausschlusses tendiert dazu, die bisherige Einzelbetrachtung der Sektoren zu einer Gesamtbilanzierung zu ändern. Damit könnten die Zielverfehlungen in einzelnen Sektoren durch die Übererfüllung in anderen Sektoren ausgeglichen werden. Die Konsequenz des Sofortprogramms für einzelne Sektoren entfällt damit. Stattdessen ist von einer aggregierten Betrachtung aller Sektoren in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Rede, mit der eine Gesamtverantwortung aller Sektoren entstehen würde.

Diese Änderung dürfte im Interesse gerade der Sektoren liegen, denen mit Überschreitung der zulässigen Höchstmenge der Jahresemissionen ein Sofortprogramm droht. Insbesondere die Grünen werfen Kritik an diesen geplanten Änderungen auf. Neben der Frage, wie klimaschutzfördernd die Änderung am „Druckmittel“ Sofortprogramm ist, stellt sich die Frage, wie das Bundesverfassungsgericht eine solche Änderung bewerten würde, hat es doch mit seinem Klimaschutzbeschluss 2021 deutlich gemacht, dass unzureichende Vorgaben der Co² Reduktion verfassungswidrig sein können.

Wie die Änderungen im KSG genau aussehen werden, steht allerdings noch nicht fest. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen gern hier auf dem Laufenden.

Autorin: Jacqueline Rothkopf

Die deutsche Umwelthilfe (DHU) hat vor dem Landgericht Düsseldorf mit einer Klimaklage Erfolg: TotalEnergies habe Verbraucher mit irreführenden Werbeversprechen getäuscht.

Die DHU hatte eine Klimaklage gegen die TotalEnergies Wärme & Kraftstoff Deutschland GmbH erhoben. Inhaltlich richtete sich die Klage gegen irreführende Werbeversprechen auf Grundlage von Klimaschutzprojekten, bei denen die DUH die Glaubwürdigkeit unter mehreren Gesichtspunkten in Zweifel zog.

Konkret hatte die TotalEnergies angebotenes Heizöl als „klimaneutral“ bezeichnet. Hierzu wurde eine CO2-Kompensation auf Basis eines Waldschutzprojektes im Amazonasgebiet zugrunde gelegt. Belastbare Kausalitätszusammenhänge zwischen Waldschutzprojekten und konkreten Einsparungen von Treibhausgasen sind ohnehin oft nur schwer herzustellen. In diesem Fall kritisierte die DUH diverse Punkte, weshalb die Kompensation unglaubwürdig und damit die Werbung hiermit irreführend sei. So seien u.A. Falschangaben im Zusammenhang mit dem Projekt aufgedeckt worden. TotalEnergies gab beispielsweise an, dass 400 einheimischen Familien Landrechte durch das Projekt erteilt wurden, diese hatten die Familien jedoch schon vor Projektbeginn. Zudem sei zweifelhaft, ob überhaupt alle Treibhausgasemissionen bei der Kompensation berücksichtigt wurden, solche bei der Erdölgewinnung seien bspw. aus der Gesamtrechnung ausgeklammert worden.

Möglich sei die irreführende Werbung außerdem nur – so die DHU –, weil Landes- und Bundesregierung im Bereich keinen ausreichenden Verbraucherschutz betrieben.

Dies war erst das erste Verfahren zu Verbrauchertäuschungen durch Klimaneutralitätsversprechen. Es sind noch 15 weitere von der DUH eröffnete Rechtsverfahren wegen falscher Kompensationsversprechen und Verbrauchertäuschungen gegen verschiedene Unternehmen, u.A. aus den Branchen Flugreisen, Kraftstoffe, Lebensmittel und Kosmetika, offen.

Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung der DHU.

Zum Thema Greenwashing bieten wir Ihnen übrigens auch ein aktuelles Online-Seminar an: Greenwashing für die Industrie, ja – aber richtig! am 24.5.23 von 10:00 -13:00 Uhr an. Weitere Informationen und Anmeldung finden Sie hier.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                       Sarah Schönlau
                       Lena Ziska

Mit der Klage der NGO ClientEarth gegen Shell kommt eine neue Form der Klimaklage zum Einsatz: Erstmals hat ein Aktionär eines Unternehmens eine sog. derivative Haftungsklage eingereicht.

ClientEarth ¬– eine gemeinnützige Umweltorganisation – verklagt den Vorstand von Shell vor dem High Court von England und Wales. Der Klimaplan des Unternehmens sei unzureichend, weil dieser den Risiken des Klimawandels nicht gerecht werde und so den langfristigen Wertgehalt des Unternehmens gefährde.

Es ist das erste Mal, dass gegen einen Vorstand eine derivative Haftungsklage eingereicht wurde. Der Unternehmensvorstand soll durch die Klage persönlich haftbar gemacht werden.

Dem Shell-Vorstand wird vorgeworfen, die Abkehr von fossilen Brennstoffen und den Übergang zur Klimaneutralität nicht in dem Maße zu verfolgen, wie es notwendig wäre, um das Unternehmen vor den Risiken des Klimawandels zu schützen.

Shell will die Produktion fossiler Brennstoffe noch jahrzehntelang fortsetzen, Hierdurch werde – so ClientEarth – das Unternehmen an Investitionen gebunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirtschaftlich werden. Dies gefährde die langfristige wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, könne Arbeitsplätze kosten und zu einem Wertverfall führen, durch den Aktionäre und Investoren erhebliche Geldbeträge verlieren. Auch Rentenfonds seien hiervon betroffen. Die Bemühungen um den Schutz des Planeten seien unweigerlich mit dem Ausmaß des wirtschaftlichen Risikos, das das Unternehmen eingeht, verbunden.

ClientEarth ist Anteilseigner des Unternehmens und kann daher im Wege der Aktionärsklage gegen die Verwaltungsratsmitglieder von Shell vorgehen. Diese Klage kann ein Aktionär quasi im Namen des Unternehmens erheben, um den Vorstand für ein vermeintlich gegen das Unternehmen begangenes Unrecht verantwortlich zu machen.

Ziel ist es, den Vorstand zu verpflichten, die Klimapläne zu verschärfen. Die Klage wird auf einen Verstoß des Vorstands gegen seine gesetzlichen Pflichten nach dem englischen Unternehmensgesetz gestützt, wonach dem Klimarisiko des Unternehmens angemessen zu begegnen ist.

Die Klage hat bereits von vielen anderen Investoren Unterstützung erhalten. Der High Court von England und Wales muss nun zunächst über die Zulassung der Klage entscheiden.

Ein Erfolg dieser Klage hätte weitreichende Folgen und würde ein erhebliches Druckmittel auf Vorstände vor allem britischer Unternehmen darstellen.

Autorinnen: Dr. Franziska Lietz
                       Sarah Schönlau
                       Lena Ziska