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Die Bundesnetzagentur (BNetzA) beschreibt in einem am 20. Juni 2022 veröffentlichten Papier marktliche Instrumente, mit deren Hilfe insb. der industrielle Gasverbrauch reduziert werden soll und gibt dabei erstmals Näheres zum „Gasauktions-Modell“ bekannt.

Zunächst benennt und beschreibt die BNetzA in dem Papier das Instrument der Regelenergie:

Ist das Verhältnis zwischen abgenommenen und eingespeisten Gasmengen im Netz nicht ausgeglichen, setzt der Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe (THE) Regelenergie ein, um auch während einer Gasmangellage Einspeisung und Verbrauch zum Ausgleich zu bringen.

Neben den existierenden Regelenergieprodukten, die insbesondere die kurz- oder langfristige Ausschreibung von Erdgasmengen an der Börse oder auf der Plattform von THE zum Inhalt haben (sog. Short Term Balancing Services oder Long Term Options), soll nun ein zusätzliches Regelenergieprodukt – das sog. Gasauktions-Modell – eingeführt werden.

Das Gasauktions-Modell (RGC berichtete hier) verfolgt das Ziel, industriellen Gasverbrauchern durch besonders flexible Produktparameter die Möglichkeit zu geben, ihre Verbräuche zu reduzieren und die so eingesparten Verbräuche über die Lieferanten zur Stabilisierung der Netze zu verwenden. Großverbraucher können hierbei ihre Bereitschaft anbieten, den Gasverbrauch zu selbst bestimmten Zeitpunkten zu reduzieren.

Notwendige Voraussetzung: U.a. über das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz, das am 24.06.2022 in die erste Lesung im Bundestag gestartet ist und bereits Mitte Juli in Kraft treten soll, sollen bereits abgeschlossene Gasverträge flexibilisiert werden (RGC berichtete hier). Mit dem Auktionsmodell soll dann ein Anreiz gesetzt werden, bereits kontrahierte Gasmengen wieder freizugeben.

Die Angebote der Reduzierungsbereitschaft sollen durch den Bilanzkreisverantwortlichen (Industriekunde oder Lieferant) über die Regelenergie-Plattform der THE eingestellt werden, sodass diese im Falle eines Engpasses abgerufen werden können.

Die BNetzA hat THE aufgefordert, das „Gasauktions-Modell“ kurzfristig – möglichst noch im Sommer 2022 – einzuführen. Die Kosten dieses Modells sollen in Form einer Umlage von den Bilanzkreisverantwortlichen getragen und so Bestandteil des Gaspreises werden.

Abzuwarten bleibt, welche weiteren Rahmenbedingungen gelten und ob der Anreiz hoch genug ist. Wir halten Sie hierzu selbstverständlich an dieser Stelle unterrichtet und unterstützen Sie bei Fragen rund um die Abgabe von Geboten.

Ein weiterer wichtiger Hinweis lässt sich dem Schreiben entnehmen: Die Börse EEX will nach aktuellem Stand auch bei Eintritt einer Gasmangellage den Betrieb des Spothandels fortführen, sodass eine marktbasierte Organisation bestehender Lieferverpflichtungen weiterhin möglich bleibt.

Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie hier informieren. Darüber hinaus sollten Sie sich dringend die Zeit nehmen und an unserem 17. Kanzleiforum „Gas in der Krise“ am 8./9. September 2022 in Hannover teilnehmen. Dort bereiten wir Sie und Ihr Unternehmen für den Ernstfall einer Gasmangellage vor und geben Ihnen weitere strategische Praxistipps.

Autorinnen: Yvonne Hanke
                       Dr. Franziska Lietz
                       Sandra Horn

BMU legt Referentenentwurf vor

Die Bundesregierung hatte in ihrem Klimapaket aus September bereits angekündigt, schnell in die Gesetzgebung einsteigen zu wollen (RGC berichtete). Nun hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit den Referentenentwurf für ein Klimaschutzgesetz (KSG) vorgelegt.

Wir werten den Entwurf gerade aus und werden Sie an dieser Stelle unterrichtet halten. Bereits jetzt ist aber erkennbar, dass nicht jeder im Klimapaket beschlossene Punkt eine Umsetzung im Referentenentwurf gefunden hat.

Bundesregierung hinkt beim Ausbau der Windenergie ihren eigenen Zielen hinterher, übertrifft aber die Zielstellungen im Bereich Photovoltaik

Die Bundesregierung erklärt auf die Kleine Anfrage (BT-Drs. 19/8457) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Ihrer Antwort (BT-Drs. 19/8881):

2018 habe der Zubau mit einem Plus von 2,5 GW unterhalb des durch das EEG vorgegebenen Ausbaupfads für Windenergie von 2,8 GW gelegen. Für Solarstrom sei das Ziel mit 2,9 GW Zubau gegenüber den angestrebten 2,5 GW hingegen übertroffen worden.

Die Lücke bei der Windenergie soll bis 2030 über die Sonderausschreibungen für Windenergieanlagen an Land geschlossen werden.

Der Beschluss der Europäischen Kommission zum EEG 2012 ist für nichtig erklärt worden.

Der EuGH erklärte am 28. März 2019 den Beschluss der Europäischen Kommission zum EEG 2012 für nichtig (Az.: C-405/16). Das EEG 2012 stelle keine Beihilfe dar. Insbesondere habe die Europäische Kommission – was aber erforderlich gewesen wäre – nicht darlegen können, dass bei der EEG-Umlage „staatliche Mittel“ zum Einsatz kämen. Damit fehle eine Voraussetzung für die Einstufung als Beihilfe im europarechtlichen Sinne.

Zum Hintergrund:

Die Europäische Kommission hatte die mit dem EEG 2012 gewährten Privilegierungen (u.a. Entlastung von der EEG-Umlage für stromkostenintensive Unternehmen) mit Beschluss vom 25. November 2014 als Beihilfen im europarechtlichen Sinne eingestuft, diese aber im Wesentlichen für genehmigungsfähig erklärt (Beschluss (EU) 2015/1585 über die Beihilferegelung SA.33995 (2013/C) (ex 2013/NN). Viele Unternehmen, die nach dem EEG 2012 von der Besonderen Ausgleichsregelung profitiert hatten, waren gleichwohl zu nicht unerheblichen Nachzahlungen der EEG-Umlage verpflichtet worden (RGC berichtete u.a. hier und hier). Die hiergegen gerichtete Klage wies das Gericht der Europäischen Union in 1. Instanz ab (Urteil vom 10. Mai 2016, Deutschland/Kommission, Az. T‑47/15, EU:T:2016:281). Die Revision der Bundesrepublik Deutschland hatte nun Erfolg. Wir werten das Urteil derzeit noch aus und halten Sie an dieser Stelle informiert.