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Das World Resources Institute (WRI) überarbeitet gerade das GHG-Protokoll, seinen Leitfaden zur Bilanzierung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen. Aus dem gegenwärtigen Entwurf ergeben sich jedoch Probleme im Hinblick auf die Anrechnung von Biogas-Zertifikaten.

Das GHG-Protokoll ist eine private Standardreihe zur Bilanzierung von Treibhausgasemissionen. Es soll Regelungslücken der internationalen Klimapolitik schließen. In den letzten Jahren hat sich das GHG-Protokoll als verbreitetster Standard zur Bilanzierung von Treibhausgasemissionen durchgesetzt. In einigen Ländern, wie z.B. Frankreich, gibt es sogar Berichtspflichten für größere Unternehmen nach dem GHG-Protokoll. Zahlreiche weitere Standards, wie die ISO 14064 und viele staatliche Unternehmensstandards bauen auf dem GHG-Protokoll auf.

Der Leitfaden zu diesem Protokoll wird seit dem Jahr 2020 überarbeitet. Zwischen September 2022 und Februar 2023 wurde die Anwendung eines Entwurfs getestet. Nun wird das diesbezügliche Feedback ausgewertet und letzte Änderungsvorschläge sollen berücksichtigt werden, damit der neue Leitfaden zum GHG-Protokoll möglichst im 3. Quartal 2023 veröffentlicht werden kann.

Der Entwurf des neuen Leitfadens, konkret des Teils zur Berechnung von Emissionen, wirft nun aber Fragen auf, die für Unternehmen zu erheblichen Problemen in der Berichterstattung und Bilanzierung von Treibhausgasemissionen führen können. Den Entwurf des Leitfadens finden Sie hier.

Im Kern geht es um Anhang (Annex) B des Entwurfs. Dieser sieht vor, dass die zu bilanzierenden Scope 1 Emissionen, also solche Emissionen aus Quellen, die direkt vom Unternehmen verantwortet und kontrolliert werden, nur noch ortsfest erfasst werden sollen. Ein marktbasierter oder bilanzieller Ansatz bezüglich der Scope 1 Emissionen soll aufgegeben werden, da dieser nicht der Definition von Scope 1 Emissionen entspräche. Indirekte Emissionen, außerhalb der Sphäre der Unternehmen, könnten – nach der Definition – nur bei den Scope 2 Emissionen berücksichtigt werden.

Konkret bedeutet das: 

  1. Leitungsgebundenes Gas, dessen Zusammensetzung nicht sicher feststeht, wird vollständig als fossiles Erdgas behandelt und mit entsprechenden Emissions-Faktoren bilanziert. Wer Biogas oder Biomethan vollständig und trennscharf bilanzieren wollte, müsste sich dieses über separate Leitungen oder Trucks liefern lassen. 
  2. Es wäre künftig nicht mehr möglich, eingekaufte Biogas-Zertifikate bei den Scope 1 Emissionen zu berücksichtigen und diese so zu reduzieren. Nur noch tatsächlich am Standort verbrauchtes Biogas/Biomethan würde in die Scope 1 Emissionen einfließen.

Hiervon betroffen wären alle Unternehmen, die ihre Treibhausgasemissionen nach dem GHG-Protokoll bilanzieren. Eine direkte Auswirkung auf die Emissionsbilanz ergäbe sich bezüglich aller Unternehmen, die Zertifikate für Biogas oder Biomethan einkaufen und diese auf ihre Scope 1 Emissionen anrechnen. Aber auch Unternehmen, die Biogas oder Biomethan nicht trennscharf beziehen, wären von den Änderungen betroffen, da der gesamte Mix nunmehr als Erdgas gelten würde, wenn konkrete Daten zur Zusammensetzung des Mixes fehlen.

Gegen diese Änderung der Leitlinien zum GHG-Protokoll regt sich erheblicher Widerstand. So gibt es bereits mehrere offene Briefe, die eine vollständige Streichung oder wenigstens eine Abänderung des Anhangs fordern (Stellungnahme der WorldBiogasAssociation und von Eurogas). Kernargument ist, dass erst der Handel mit Emissionszertifikaten dringend benötigte Investitionen in die Produktion und Infrastruktur der Biogas-Industrie ermöglicht hat. Die direkte Belieferung von Unternehmen sei oftmals unwirtschaftlich und nicht realisierbar. Für Europas Ziel der Treibhausgasneutralität sei es deshalb essenziell, dass der Handel mit Emissionszertifikaten weiterhin nicht nur möglich, sondern auch vorteilhaft bleibt, indem die Anrechnung auf Scope 1 Emissionen ermöglicht wird.

Da der Evaluierungsprozess noch läuft, besteht die Chance, dass der entsprechende Anhang noch abgeändert wird. Das WRI prüft gegenwärtig, ob die marktbasierte Bilanzierung auch bzgl. Scope 1 Emissionen angemessen wäre und ob die Instrumente zur Bilanzierung von Scope 2 Emissionen (z.B. doppelte Materialität/Wesentlichkeit) auch auf Scope 1 Emissionen anzuwenden sind. Basierend auf dem Ergebnis dieser Evaluierung und in Abstimmung mit dem Advisory Committee (AC) und der Technical Working Group (TWG) soll der finale Leitfaden dann Ende 2023 erscheinen.

Autoren: Jan Schlüpmann
                 Dr. Franziska Lietz

BMU legt Referentenentwurf vor

Die Bundesregierung hatte in ihrem Klimapaket aus September bereits angekündigt, schnell in die Gesetzgebung einsteigen zu wollen (RGC berichtete). Nun hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit den Referentenentwurf für ein Klimaschutzgesetz (KSG) vorgelegt.

Wir werten den Entwurf gerade aus und werden Sie an dieser Stelle unterrichtet halten. Bereits jetzt ist aber erkennbar, dass nicht jeder im Klimapaket beschlossene Punkt eine Umsetzung im Referentenentwurf gefunden hat.