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Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschland das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Unternehmen mit Niederlassung in Deutschland, die mindestens 3.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Inland beschäftigen, müssen fortan nicht nur die Einhaltung der Menschenrechte und des Umweltschutzes im eigenen Unternehmen kontrollieren, sondern auch entlang der gesamten Lieferkette.

Die Unternehmen sind durch das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) seit dem 1. Januar 2023 verpflichtet, in ihren Lieferketten die festgelegten Sorgfaltspflichten zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtliche oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen, sie zu minimieren und die Verletzung von Menschenrechten zu beenden.

Dies sind insbesondere der Schutz vor Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Sklaverei, Unterdrückung, Ungleichbehandlung und die Achtung bestimmter Arbeitsschutzpflichten. Darüber hinaus ist der Umweltschutz insoweit umfasst, als er die Lebensgrundlage von Personen sichert sowie hinsichtlich der Einhaltung bestimmter internationaler Übereinkommen namentlich das Übereinkommen von Minamata über Quecksilber, das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe und das Basler Übereinkommen über das Verbot der Ausfuhr gefährlicher Abfälle.

Weitere Umwelt- und Klimathemen sind bislang nicht Gegenstand des LkSG. Allerdings hat die Europäische Kommission schon am 23. Februar 2022 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung vorgelegt (dieser kann hier eingesehen werden). Diese Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) enthält sowohl menschenrechtliche als auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten sowie Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung.

Durch die neuen Vorgaben des LkSG sollen Missstände in verpflichteten Unternehmen selbst ebenso aufgedeckt werden wie entlang der Lieferkette – sowohl bei allen unmittelbaren als auch den mittelbaren Zulieferern des Unternehmens.

Zu den neuen Pflichten gehören insbesondere:

  • Das Aufstellen eines betrieblichen Risikomanagements. Hierzu sollen Maßnahmen geschaffen werden, die es ermöglichen, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken zu erkennen und zu minimieren und entsprechende Verletzungen zu verhindern bzw. zu beenden.
  • Die betriebsinterne Zuständigkeit muss festgelegt werden, dies kann z.B. durch Benennung eines Menschenrechtsbeauftragten erfüllt werden.
  • Es besteht die Pflicht zur Erstellung einer Risikoanalyse, durch welche die Risiken und Verletzungen angemessen zu gewichten und zu priorisieren sind.
  • Die Unternehmensleitung muss eine Grundsatzerklärung an die Beschäftigten und alle Zulieferer abgeben.
  • Zudem müssen Präventions- und Abhilfemaßnahmen bei den unmittelbaren Zulieferern geschaffen werden, sprich Kontrollmechanismen und Abhilfemaßnahmen zur Erkennung, Verhinderung oder Beendigung von Verletzungen. Wenn keine Besserung zu erwarten ist, eine solche nach einer gesetzten Frist nicht eingetreten ist oder eine besonders schwerwiegende Verletzung vorliegt, muss die Geschäftsbeziehung abgebrochen werden.
  • Um Hinweise entgegennehmen zu können, ist die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens notwendig.
  • Schließlich soll ein jährlicher Bericht über alle Maßnahmen an die zuständige Behörde gesendet werden.

Bei Verstößen gegen die Vorschriften droht den Unternehmen ein Verwaltungszwangsverfahren, bei dem Zwangsgelder von bis zu 50.000 € erhoben werden dürfen, umfangreiche Ordnungswidrigkeitentatbestände, in deren Rahmen Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro fallen, können mit bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes geahndet werden können und der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Ab 2024 gilt das Gesetz auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz finden Sie hier.

Autorinnen: Sarah Schönlau
                       Dr. Franziska Lietz

Das Bundesarbeitsministerium überarbeitet die Biostoffverordnung. Der aktuelle Referentenentwurf sieht u.a. die Aufnahme des Begriffes „biologische Gefahrenlage“ und damit verbundene Maßnahmen vor, wodurch der Anwendungsbereich der Biostoffverordnung erweitert würde und für Unternehmen ein großer Mehraufwand im Bereich der Arbeitsschutzmaßnahmen droht.

Die Biostoffverordnung regelt den Schutz von Arbeitnehmern bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Aufgrund der EU-Richtlinie 2000/54/EG muss sie geändert werden, um den Inhalt dieser Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Das Bundesarbeitsministerium nahm die Corona-Pandemie jedoch zum Anlass, noch weitergehende Änderungen vorzunehmen und „Defizite im Rechtssystem“ zu beseitigen. In dem aktuellen Referentenentwurf wurden u. a. der Begriff „biologische Gefahrenlage“ und damit verbundene „besondere Maßnahmen“ aufgenommen.

Ausweitung des Anwendungsbereichs
Nach der Definition des Referentenentwurfs umfassen „biologische Gefahrenlagen“ ein „ein natürlich ablaufendes Infektionsgeschehen in der Bevölkerung im Ausmaß einer Epidemie oder Pandemie, […]“. Danach wäre beispielsweise die jetzige Corona-Pandemie eine solche biologische Gefahrenlage. Sobald eine biologische Gefahrenlage vorliegt, ist in dem Referentenentwurf geplant, dass von den Arbeitgebern sogenannte „besondere Maßnahmen“ zu treffen sind.

Nach der bisherigen Rechtslage ist die Biostoffverordnung grundsätzlich nur bei direktem Umgang mit Biostoffen anzuwenden. Das besondere an den geplanten „besonderen Maßnahmen“ im Falle einer biologischen Gefahrenlage ist, dass danach auch für Tätigkeiten ohne direkten Umgang mit Biostoffen die Biostoffverordnung anzuwenden ist und Maßnahmen durch den Arbeitgeber zu treffen sind.

Mehraufwand für bisher nicht betroffene Branchen und Unternehmen
Durch die geplanten Neuregelungen ist zu erwarten, dass für eine Vielzahl von Branchen und Unternehmen, die bisher nicht in den Anwendungsbereich der Biostoffverordnung fallen und sich mit den Regelungen nicht auskennen, ein erheblicher Mehraufwand anfiele. Durch die Neuregelungen wird festgelegt, welche Vorschriften der Biostoffverordnung Anwendung finden: Im Fall biologischer Gefahrenlagen ist die Gefährdungsbeurteilung immer zu aktualisieren. Dies gilt auch für Arbeitgeber, deren Beschäftigte keine Tätigkeiten nach Biostoffverordnung ausüben. Arbeitgeber müssen außerdem Schutzmaßnahmen festlegen, eine Betriebsanweisung erstellen und die Beschäftigten unterweisen.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsministeriums bietet sich die Biostoffverordnung an, um „Defizite im Rechtssystem“ zu beseitigen, die sich nach Ausbruch der Corona-Pandemie gezeigt haben, da diese auch den Schutz von Beschäftigten vor Infektionen als Ziel hat. Das Ziel des Bundesarbeitsministeriums, Beschäftigte vor Infektionen durch Arbeitsschutzmaßnahmen zu schützen, ist richtig und wichtig. Ob die Ausweitung des Anwendungsbereiches auf alle Arbeitsbereiche zielführend ist, obwohl die Gefährdung dort nicht höher ist als für die Allgemeinbevölkerung, bleibt jedoch zweifelhaft. Mehrere Verbände haben in einer Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf bezweifelt, dass die zusätzlichen Regelungen bei Vorliegen einer biologischen Gefahrenlage tatsächlich einen Mehrwert für den Arbeitsschutz brächten, da zu befürchten sei, dass die Arbeitsschutzregeln durch die Änderungen noch unübersichtlicher werden. Es ist zu erwarten, dass noch Anpassungen an dem Gesetzesentwurf vorgenommen werden. Wir halten Sie über die weiteren Änderungen im Gesetzgebungsverfahren auf dem Laufenden.